Der Kollaborationszirkus der Verfolgten

Kuba verlassen

Wer Kuba verlassen will, nimmt heute eher ein Flugzeug. Foto: US Coast Guard



Nachdem der Tourismus und ein großer Teil der Exporte aufgrund der Pandemie eingestellt wurden, haben die 200 zusätzlichen Erstickungsmaßnahmen, die von Donald Trump gegen Kuba verhängt und die von der Regierung von Joe Biden angewandt wurden, mehr als zwei Jahre lang die einzigen Atemwege für die Wirtschaft der Insel geschlossen. Eine absolute Finanzblockade, die Vernichtung der Einnahmen des Landes (aus medizinischen Leistungen, Überweisungen aus dem Ausland, Kreuzfahrten ...), die Verfolgung von Öltankern, die Lähmung von Investitionen durch die vollständige Anwendung des Helms-Burton-Gesetzes usw. usf.



Die daraus resultierende Krise des Mangels führte logischerweise zu einem erheblichen Anstieg der Auswanderungszahlen. Jedoch ist es der US-Regierung gelungen, in der westlichen Presse ein Narrativ durchzusetzen, das die beiden Phänomene voneinander trennt und in dem die Verschärfung der Blockade auf der Insel neben vielen anderen ein weiterer Grund für die Zunahme der kubanischen Emigration ist.

In einem Bericht von BBC Mundo wurden die "Vier Gründe für den historischen Exodus von der Insel in die USA" angeführt. Der erste sei der "Mangel und die fehlenden Möglichkeiten". Das ist richtig. Aber wer wurde dazu bemüht, die Ursachen zu erklären? Etwa die konterrevolutionäre Soziologin Elaine Acosta von der Florida International University, welche die Schuld der US-Blockade und den 200 jüngsten Sanktionen gab? Nein. Herangezogen wird die "Erschöpfung eines politischen und sozioökonomischen Modells, das keine praktikablen Alternativen bietet, um das Leben auf der Insel aufrecht zu erhalten". Die Serie von Missständen – "lange Schlangen, um irgendein Produkt zu kaufen", die Zunahme von "Armut und Ungleichheit" – hat demnach nichts damit zu tun, dass Einkommen, Kredite und Investitionen durch den repressiven Apparat des US-Finanzministeriums vernichtet wurden. Schuld daran soll vielmehr die von Havanna durchgeführte "gescheiterte Währungs- und Lohnreform" tragen. Am Ende der Analyse der einzigen befragten "Expertin" führt die BBC jedoch "neben anderen Faktoren" wenigstens auch "die Verschärfung des US-Embargos" an.

Daneben wiederholte die BBC diese und viele weitere Gemeinplätze des Pro-Yankee-Narrativs. Zum Beispiel, dass die Entscheidung der nicaraguanischen Regierung, der kubanischen Bevölkerung die visafreie Einreise zu gestatten, in Wirklichkeit "ein absichtliches Manöver der kubanischen Regierung" im Bündnis mit der nicaraguanischen Regierung sei, "um ein Ventil zu schaffen (...) und den internen Druck zu lindern". Aber war die Tatsache, dass die US-Regierung vier Jahre lang keine Visa für Kuba ausgestellt hat, etwa kein "absichtliches Manöver", damit dieser "interne Druck", der aus der vorherigen Anwendung der Sanktionen resultiert, zu einer sozialen Explosion oder einer Krise der Bootsflüchtlinge in Kuba führt?

Die BBC erwähnte auch den "Mangel an Freiheit" als Schlüsselfaktor für die Auswanderung, und das alles nach Angaben von wem? Von Cubalex, einer von der US-Regierung finanzierten Nichtregierungsorganisation, die mit der extremen Rechten in Miami verbunden ist.

Sie behauptete auch, dass "die große Mehrheit der Kubaner, die in die USA auswandern, (...) dies illegal tun". Lassen Sie uns das klarstellen. Im Gegensatz zu dem, was in dem Bericht behauptet wird, tut dies die überwiegende Mehrheit nicht illegal und auf einem Floß, sondern in einem Flugzeug, das nach Nicaragua fliegt. Erst später, wenn sie Honduras, Guatemala und Mexiko durchqueren, wird ihr Migrationszustand "irregulär".

Die BBC behauptete weiter, dass "der kubanische Pass einer der am stärksten eingeschränkten der Welt ist und nur zu einer kleinen Anzahl von Ländern freien Zugang gewährt". Ein weiterer Trugschluss der Medien. Nicht der kubanische Pass ist "restriktiv", es ist nicht die kubanische Regierung, die "Zugang" zu Ländern gewährt. Es sind die Aufnahmeländer, die durch ihre Einwanderungsgesetze und ihre Visapolitik die Einreise erlauben oder beschränken.

Ganz am Ende des Berichts räumte die BBC ein, dass es in den USA in der Tat einige Einwanderungsprivilegien für die kubanische Bevölkerung gibt. Vorausgesetzt, dass sie sich deren politischem Zirkus unterwerfen, um es deutlich zu sagen. Ein Beispiel dafür konnten wir Ende Dezember in anderen Medien lesen. Aufgrund eines bürokratischen Fehlers veröffentlichte die US-amerikanische Einwanderungs- und Zollbehörde im Internet die Namen einer Gruppe inhaftierter Einwanderer, die von sich behaupteten, "Opfer von Folter und Verfolgung in ihren Herkunftsländern" zu sein, darunter 46 Kubaner und Kubanerinnen, die "nicht hatten nachweisen können, (…) dass sie politisch Verfolgte waren". Die ultrarechte republikanische Kongressabgeordnete María Elvira Salazar, forderte das Weiße Haus auf, ihre Abschiebungen auf die Insel zu stoppen, da die USA "ein Leuchtturm der Freiheit" seien und "diejenigen, die vor der Verfolgung und Gewalt" des kubanischen "Regimes" fliehen, nicht gefährden dürften. Gesagt, getan: Sie wurden freigelassen, und mit dem Cuban Adjustment Act in der Hand werden sie bald politisches Asyl erhalten. All dies nur, weil sie – wie wir lesen – "um ihr Leben fürchteten, falls sie auf die Insel zurückgeschickt würden", mit der "Möglichkeit, im Gefängnis zu landen und ohne das Recht auf ein Gerichtsverfahren".

Kurz gesagt: Wenn Kubas Wirtschaftsmigranten Verfolgung und Folter erfinden, die sie nie erlitten haben, wird die Regierung, die die Wirtschaftsblockade über ihr Land verhängt und sie durch Entbehrung und Mangel zur Auswanderung zwingt, sie vielleicht als das akzeptieren, was sie nicht sind (Politisch Verfolgte). Durch eine zufällige, undichte Stelle konnten die Lügen aufgedeckt werden, die von den USA benutzt werden, um immer mehr Sanktionen gegen das kubanische Volk zu rechtfertigen. Die Möglichkeit, dass sie im Falle ihrer Abschiebung wegen ihrer unanständigen Kollaboration strafrechtlich verfolgt werden, wird dann zum Beweis für die "glaubwürdige Furcht" vor "Repressalien" aus dem Grund, "Schutz beantragt" zu haben.

So funktioniert also dieser Zirkus, der in einem Großteil der internationalen Medien auf kostenlose Werbung zählen kann.

CUBA LIBRE Übersetzung: Klaus Lehmann/Tobias Kriele
José Manzaneda, Koordinator von Cubainformación

CUBA LIBRE 2-2023