Zum hundertsten Geburtstag von Haydée Santamaría
Haydée Santamaría (rechts) mit ihren Genossen in der Sierra Maestra. |
Unter den zahlreichen weiblichen Protagonisten der Kubanischen Revolution steht der Name Haydée Santamaría neben wenigen anderen ganz weit vorne. Auch wenn ihr Bild nicht auf T-Shirts oder auf Schlafzimmerpostern erstrahlt, ihre revolutionären Erkenntnisse nicht in feministischen Magazinen oder revolutionären Traktaten zitiert werden, wie Betsy Maclean 2003 schrieb: "Stattdessen findest du sie im Verborgenen: In den lebendigen Erinnerungen von Frauen, die mit ihr im städtischen Untergrund kämpften, in dem warmen Lächeln von Schriftstellern, Tänzern, Malern und Musikern, die sich an ihre unerschütterliche Unterstützung und explosiven Sinn für Humor erinnern; in den Namen junger Mädchen in ganz Amerika, deren Mütter, so bewegt durch ihr Beispiel, ihre eigenen Haydées nach ihr benannten." Tatsächlich wurden so viele bewegende Dinge über diese außergewöhnliche Frau gesagt und geschrieben, dass es schwerfällt, die richtigen Worte für eine Würdigung zu finden.
Geboren wurde sie Ende 1922 auf einer Zuckerplantage in der Provinz Las Villas. Ihr genaues Geburtsdatum ist umstritten, wahrscheinlich war es der 30. Dezember. Sie selbst legte es auf den 31. des Monats, das erschien ihr der geeignetere Tag zum Feiern. Sie wuchs wohlbehütet mit vier Geschwistern auf, war neugierig und aufgeweckt und erfreute ihre Umgebung durch Scherze und Rollenspiele. Von Kindheit an liebten die Familie und Freunde ihre Schalkhaftigkeit. Wie ihre Biografin Margaret Randall weiter schreibt, wurde dies ihr später sehr nützlich: In den Anforderungen des Kampfes im Untergrund half ihr ihre Fähigkeit, ihr Äußeres zu verändern, ihr Alter, ihren sozialen Status und ihre Kultur zu verschleiern, um gefährliche Aufträge auszuführen und dann unterzutauchen - oft im Blickfeld derjenigen, die Jagd auf sie machten. Ihre Schulbildung ging nur bis zur 6. Klasse, doch das war unter den damaligen Verhältnissen für ein Mädchen im ländlichen Kuba schon viel.
Anfang der 50er Jahre ging sie, um der Enge auf dem Lande zu entfliehen, mit ihrem Bruder Abel nach Havanna. Dort trafen sie auf den jungen Anwalt Fidel Castro, der den Aufstand gegen die bluttriefende Batista-Diktatur vorbereitete, und schlossen sich ihm an. Der Sturm auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953 in Santiago de Cuba wurde zu einem zentralen Wendepunkt in ihrem Leben. Die Aktion wurde ein Miúerfolg, einige der Revolutionäre fielen, die meisten gerieten in Gefangenschaft. Viele von ihnen wurden gefoltert, verstümmelt und ermordet, darunter Abel und Haydées Verlobter Boris Luis. Ihre Tochter Celia Hart schrieb später: "Sie brach nicht zusammen, selbst als ihr Abels Auge, in einem Waschbecken liegend, gezeigt wurde. Abel war der erste Mensch, den sie aus ihrem ganzen Wesen geliebt hatte, doch es war eher Stärke als Schwäche, die sie aus seinem Tod gewann. Ihr war bewusst, dass sie sich, gemeinsam mit all den anderen Klarsichtigen, im Auge des Sturms befand." Haydée selbst beschrieb es so: "Der Tod mähte die Jungen nieder, die wir so sehr liebten, der Tod befleckte die Wände und das Gras mit Blut. Der alles dominierende Tod, alles erobernd. Der Tod, der sich aufzwingt wie eine Notwendigkeit. Und die Furcht zu leben nach so vielen Toden und die Furcht zu sterben bevor die, die sterben mussten, gestorben waren und die Furcht zu sterben, wenn das Leben noch die finale Schlacht über den Tod gewinnen konnte."
Haydée Santamaría und Gabriel García Márquez |
Gelegentlich sprach sie später über ihre nachfolgende Zeit im Gefängnis. So über eine alte Mitgefangene, die 30 Jahre einsass, weil sie einen Mann getötet hatte, der ihre Tochter verführt hatte: "Sie war eine gute Person und sympathisierte mit uns. In jenem Gefängnis konnten die Frauen ihre Kinder bei sich behalten. Und in dieser schmutzigen, oft gewaltsamen Atmosphäre waren diese Kinder, die von der Geburt ins Erwachsenenalter übergingen, allen Arten von Obszönitäten und unmoralischen Übergriffen ausgesetzt. Dies bestärkte meine Überzeugung, dass wir eine Revolution brauchten, um all das zu beenden."
Zusammen mit ihrer Mitkämpferin und engen Freundin Melba Hernández nach sieben Monaten Gefängnishaft entlassen, widmeten sich die Frauen dem Kampf für die Freilassung Fidel Castros und der übrigen überlebenden männlichen moncadistas, die lange Haftstrafen erhalten hatten. Fidel schrieb Aufrufe und rekonstruierte im Gefängnis seine Verteidigungsrede vor Gericht: "Die Geschichte wird mich freisprechen". Oft mit Zitronensaft zwischen die Zeilen anderer Texte geschrieben, mussten die Fragmente von Besuchern aus dem Gefängnis geschmuggelt und zusammengesetzt werden. Randall schreibt, dass dieser Text "mehr war als nur eine machtvolle Verteidigungsrede, er war ein ausgewachsenes politisches Programm - und ein sehr detailliertes. Zum ersten Mal erfuhren die Menschen Kubas und der Welt, dass die Rebellen, die zur Moncada gegangen waren, nicht einfach gegen eine Diktatur aufbegehrten; sie verfügten über eine ernsthafte Plattform, welche fast alle Bereiche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels ins Auge fasste. Für Haydée wurden der Druck und die Verbreitung des wichtigen Dokumentes zur Rechtfertigung ihrer Existenz, bis die Männer – Fidel und sein Bruder Raúl Castro, Ramiro Valdés, Jesús Montané, und andere - in der Generalamnestie von 1955 entlassen wurden."
Die folgenden Jahren bis zum Sieg der Revolution übernahm sie schwierigste Missionen im Widerstand. Sie warb Mitstreiter für den Kampf, koordinierte den städtischen Untergrund und organisierte sichere Aufenthaltsorte für Genossen, die in Gefahr waren. Sie sammelte Spenden und schmuggelte Waffen zu den Kämpfern in den Bergen der Sierra Maestra. Sie kämpfte dort und brachte Besucher durch die Frontlinien zur Guerilla. Unzählige Anekdoten ranken sich darum, wie sie furchtlos haarsträubende Situationen meisterte. Immer wieder halfen ihr ihre Intuition, ihre Umsicht und die Fähigkeit, auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Sie sagte dazu: "Ich behielt einen kühlen Kopf, weil es unbedingt erforderlich war. Moncada war geschehen und ich war besorgt darüber, dass ich als eine bekannte Person nicht vollständig teilhaben konnte. Und das war für mich fundamental. Es war wichtiger als mein Leben. Ich musste Dinge tun, in Bewegung bleiben, arbeiten, denn hätte ich es nicht getan, hätte das Leben keine Bedeutung gehabt. Es gab mir eine enorme innere Ruhe, in der Lage zu sein, allem die Stirn zu bieten." Trotz ihrer Furcht, Kuba zu verlassen, akzeptierte sie Fidels Vorschlag, mit falschen Papieren nach Miami zu reisen, um Waffen und Ausrüstung mit Spendengeldern zu kaufen. In einem Interview sagte sie: "Ich glaube, es waren sieben Monate, die ich außerhalb von Kuba verbrachte und ich habe niemals vorher darüber gesprochen, denn es war ein so schmerzvoller Teil meines Lebens. (...) Ich war nie dort gewesen und es war furchtbar, dieses Land kennenzulernen." Sie verhandelte mit untereinander verfeindeten Exilanten und mit Gangstern. Sie wurde von der Polizei verhaftet, verhört und überwacht, doch ihre wahre Identität blieb unentdeckt. Die Bewegung investierte hunderttausende von Pesos, doch sehr wenig kam letztlich in der Sierra an.
Mit dem Sieg der Revolution kehrte sie zurück: "Ich war glücklich, ich war traurig. Glücklich darüber, frei zu sein, durch die Straßen meines Landes zu gehen, ohne dass sie mir folgten. (...) Glücklich über den Triumpf und über alles, was wir umzusetzen hofften, aber voller Schmerz über die Abwesenheit geliebter Gesichter. Das gab uns ein schreckliches Gefühl in jener Zeit: Gesichter, die wir kannten, waren nicht mehr da; wir erwarteten, sie zu sehen und vermissten sie." Dann die Begegnungen mit Genossen aus der Sierra Maestra, die, wie Camilo Cienfuegos, völlig erschöpft waren. (...) Ich fand ihn ausgebrannt, völlig ausgebrannt vor, auf einem Bett liegend, und ich setzte mich neben ihn und ergriff seine Hand: 'Camilo.' 'Und wer bist du?' 'Aber Camilo, erkennst du mich wirklich nicht?' Er hatte zwei Wochen nicht geschlafen." Sie rief einen Arzt, doch Camilo weigerte sich, ein Schlafmittel zu nehmen. Ihren Kosenamen aussprechend, sagte er nur: "Da ist noch so viel, was getan werden muss, Yeyé, so viel." Mit der einsetzenden Konsolidierung der Revolution gründete sie mit ihrem Mitstreiter, dem Anwalt Armando Hart, den sie während der Jahre im Untergrund kennengelernt hatte, eine Familie. Sie zogen zwei eigene Kinder auf, darüber hinaus nahmen sie Kinder vom Lande bei sich auf, die in Havanna studieren wollten oder Kinder aus anderen lateinamerikanischen Ländern, deren Eltern im Untergrund kämpften, im Gefängnis saßen oder gefallen waren. Ihre Zahl variierte von Jahr zu Jahr, doch oft saßen bei Mahlzeiten mehr als ein Dutzend an ihrem Esstisch. Celia Hart: "Ich erinnere mich, dass Celia Sánchez mir eine wunderbare Schachtel voller Puppen an einem meiner Geburtstage gab - ich muss damals sieben gewesen sein. Nachdem ich mich eine Weile an dieser Überraschung erfreut hatte, sagte Mama: ,Nun such dir eine aus und gib die anderen an deine Freundinnen weiter, die keine Celia haben, die ihnen Geschenke macht.' (...) Ich träume jetzt noch von diesen Puppen, aber ich verstand, dass es ein gutes Gefühl ist, mit Liebe zu geben. Das war es, was sie uns lehrte."
Im April 1959 akzeptierte sie die Herausforderung, eine Einrichtung zu gründen, die in der Lage war, die einsetzende kulturelle Blockade durch die USA, die einher ging mit wirtschaftlichen, diplomatischen und militärischen Angriffen, zu durchbrechen. Die "Casa de las Américas" wurde zu einer der führenden Kultureinrichtung weit über die Grenzen Kubas hinaus, von kontinentalem Rang und sogar weltweitem Einfluss. Sie ist Haydées Werk und ihre Hinterlassenschaft.
Kuba verfügte über eine viel größere Zahl berühmter Künstler, als von einer so kleinen Nation zu erwarten war. Und die meisten von ihnen - Größen wie Alejo Carpentier, Fernándo Ortíz, Alicia Alonso, Nicolás Guillén, Mirta Aguire oder Wilfredo Lam – unterstützten die Revolution und blieben, doch niemand von ihnen wurde wegen der Gründung gefragt. Randall: "Fidel glaubte, dass Haydée, eine Frau, die auf einer Zuckerplantage in Zentralkuba geboren und aufgewachsen und deren formale Bildung nicht über das 6. Schuljahr hinaus gegangen war, deren Lebenserfahrung sie jedoch mit grenzenloser Wißbegierigkeit und einer speziellen Sensibilität ausgestattet hatte, die ideale Person für diese Aufgabe war. Es war ein Geniestreich. (…) Haydée war keine Künstlerin oder Kritikerin. Aber sie liebte die Kunst. Sie verstand Menschen aller Kulturen (...) Sie liebte die Menschen, besonders solche, deren Visionen und Talente sie zu etwas Bedeutendem befähigten. Als verarmt und verbraucht sah sie den sozialistischen Realismus an, der in der Sowjetunion gefördert wurde. Sie verstand, dass Künste notwendig sind für sozialen Wandel und dass die Kultur die höchste Form der Politik ist."
Als in den frühen 60er Jahren die Liedermacher der Nueva Trova um Musiker wie Silvio Rodríguez, Pablo Milanés und Noel Nicola in Erscheinung traten, um wenige Jahre später zu den bedeutendsten Repräsentanten der kubanischen Kultur zu gehören, wurden ihre unkonventionellen Texte von bornierten Kulturbürokraten abgelehnt und sie selbst als conflictivos, als "Unruhestifter" gebrandmarkt. Santamaría verteidigte sie und verschaffte ihnen Auftrittsmöglichkeiten. Silvio Rodriguez beschreibt das so: "Wir verbanden den Alltag mit Transzendentalem und vermieden es nicht, auch über Rückschläge einer Gesellschaft in Revolution zu sprechen. Wir sangen so, weil unser Leben so war, und das reale Leben legt die besten Worte in ein Lied. Das war kein Problem für Haydée, die uns immer mit Respekt zuhörte (...) Sie besaß enormes Verständnis und Einfühlsamkeit. Sie wußte, wo etwas entstanden war, wie es zu lesen war und warum jeder so ist, wie er ist. Der Schmerz in ihrer Seele, die tragischen Aspekte ihres Lebens, verfeinerten ihre Zärtlichkeit bis auf die höchste Ebene."
Die Casa de las Américas entfaltete eine Flut kultureller Aktivitäten: Einen jährlichen Literaturwettbewerb, die Herausgabe anspruchsvoller Zeitschriften, die Vergangenes der Vergessenheit entrissen und Neues analysierten, ein Verlagsprogramm mit hunderten von Titeln, einen einladenden kleinen Buchladen, Vortragsräume und Bühnen, Abteilungen für Literaturkritik, das Studium über Frauenliteratur und indigene Kulturen, Galerien mit Gemälden, Postern, Skulpturen und Fotografie, richtungsweisende Ausstellungen und Festivals und fast tägliche Veranstaltungen, alle kostenlos und offen für alle Interessierten. Gefeierte Künstler aller Stilrichtungen und aus vielen Ländern gaben sich die Türklinken in die Hand. Der uruguayische Schriftsteller und Poet Mario Benedetti, der als Exilant jahrelang mit Santamaría zusammenarbeitete, stellte Haydées Bedeutung für die Künstler – nicht nur in Kuba - heraus: "Für Maler, Musiker, Schriftsteller, Autoren, Theatermacher aus Argentinien oder Venezuela, aus Uruguay oder Nicaragua, aus Jamaika oder El Salvador und natürlich ihrem Kuba bedeutete die bloße Erwähnung von Haydée Santamaría eine Welt, eine Haltung, eine Sensibilität, wie auch eine Revolution, die sie nicht begrenzt sah auf das Land José Martís, sondern übergreifend auf die Zukunft aller unserer Völker."
Die in den USA geborene Schriftstellerin, Fotografin, Aktivistin und Wissenschaftlerin Margaret Randall, die ein Jahrzehnt auf Kuba lebte und Haydée nahestand, berichtet, wie diese sie nicht lange nach ihrer Ankunft bat, an dem jährlichen Wettbewerb zur Wahl der Karnevalsprinzessin als Jurorin teilzunehmen: "Ich war entsetzt; ich haßte solche Wettbewerbe und konnte mir nicht vorstellen, sie durch meine Anwesenheit aufzuwerten. Doch eine Bitte konnte ich Haydée nicht abschlagen. Aufgewühlt darüber schrieb ich einen kurzen Text, warum Schönheitswettbewerbe keinen Platz in einer Revolution haben. Nach der Veranstaltung drückte ich ihn einem Reporter der Granma, der offiziellen Zeitung der kommunistischen Partei, in die Hand. Am nächsten Tag stand er auf der Titelseite." Als sie Tage später Gelegenheit fand, mit Haydée darüber zu sprechen, sagte diese: "Ich wußte, du würdest das verabscheuen und einen Weg suchen, solche Dinge zu beenden. Wie du es ja mit deinem exzellenten Artikel gemacht hast!" Santamaría selbst war stets bereit, innerhalb ihrer eigenen Revolution kontrovers Stellung zu beziehen. Doch sagte sie nie ein schlechtes Wort über Abwesende und duldete auch nicht, dass andere dies taten. Für die Menschen um sie herum wie Bühnenarbeiter oder die Frauen, welche die Flure putzten, hatte sie jederzeit freundliche Worte und Anteilnahme am Leben von deren Angehörigen und Kindern."
Haydée Santamaría in der Sierra Maestra. |
Doch es gab auch eine andere Seite ihres Lebens. Benedetti empfand sie so: "Obwohl Haydée großen Sinn für Humor hatte und oft in schallendes Gelächter ausbrach, bin ich nicht davon überzeugt, dass sie ein wirklich glückliches Wesen war. Ich glaube eher, dass sie ein tiefsitzendes Bedürfnis nach Glück empfand, und nur die unablässige Suche nach diesem Glück konnte sie vor dem Abgrund ihrer Traurigkeit bewahren. Und überhaupt, was war ihre tausendfach bewiesene revolutionäre Militanz anderes als eine direkte und gefährliche Form, Glück zu erlangen, durch das Erreichen von Gerechtigkeit und Würde für die Menschen?" Manchmal hinderten sie depressive Phasen tagelang daran, aus dem Bett aufzustehen. Die Verluste weiterer, ihr nahestehender Menschen trafen sie hart. Als Ernesto Guevara, mit dem sie eine enge Freundschaft und Geistesverwandtschaft verband, 1967 in Bolivien ermordet wurde, verarbeitete sie ihre Gefühle in Form eines Briefes an ihn. Sie schrieb: "Vor 14 Jahren sah ich diejenigen sterben, die ich am meisten auf der Welt geliebt habe – vielleicht habe ich schon zu lange gelebt. Die Sonne scheint nicht mehr so schön, der Anblick der Palmen erfreut mich nicht mehr. Manchmal, so wie jetzt, obwohl ich das Leben so sehr liebe, wissend, dass es wert ist, die Augen nur für diese Dinge jeden Morgen zu öffnen, würde ich sie lieber für immer schließen, so wie du."
Im Januar 1980 starb Celia Sánchez, eine enge Freundin, Kampfgefährtin und ebenfalls herausragende Revolutionärin. Haydée erlitt einen Verkehrsunfall, von dessen Folgen sie sich nur langsam erholte. Darüber hinaus zerbrach ihre Ehe. Am 28. Juli des Jahres erschoss sie sich mit einem Revolver. Sie war bis zu ihrem Tod Mitglied des Zentralkommitees der Kommunistischen Partei Kubas und nicht alle in Kuba brachten Verständnis auf. Ihre Tochter Celia rückte die Dinge so zurecht: "Wir haben keine andere Wahl als diejenigen zu respektieren, die entscheiden, dass es besser sei zu sterben, als weiterzuleben. Die alte Idee, dass Revolutionäre sich nicht selbst das Leben nehmen, ist kindisch. (...) Alles, was uns bleibt ist, den Kopf zu senken und Tränen des Mitleids - für uns selbst, nicht für sie, die lebendiger sind als tot. Die, welche die Grenze zwischen den beiden Daseinsformen überschreiten, frei und ohne Schmerz. (...) Wir sind unausweichlich dazu bestimmt, zu sterben, sie nicht."
Haydée Santamaría wird übereinstimmend als ein Mensch beschrieben, der von einem tiefen Bestreben nach Gerechtigkeit für alle getragen wurde. Sie hat die Revolution entscheidend mit beeinflusst und deren weitere Entwicklung vorbereitet. Das weltweit bahnbrechende neue Familiengesetz Kubas, welches jede Form von Diskriminierung im persönlichen Umfeld und im Zusammenleben der Menschen radikal zurückweist, wurde gerade von der Bevölkerung des Landes in einem Referendum bestätigt. Auch das ist ihr Vermächtnis. Haydée lebt.
Ausgewertete Literatur (in englischer Sprache):
Margaret Randall: "Haydée Santamaría, Cuban revolutionary: she led by transgression" Duke University Press, Durham and London, 2015
Betsy MacLean (Hrsg.): "Haydée Santamaría" aus der Reihe rebel lives Ocean Press, Melbourne/New York, 2003
Celia Hart: "Yeyé's Victory" In: Walter Lippmann (Hrsg.): Celia Hart - It‘s never too late to love or rebel, Socialist Resistance, London, 2006
Wolfgang Mix
CUBA LIBRE 1-2023