Gegen Einmischung – für Solidarität!

Kuba über die Aufgaben der UNO in Krisenzeiten.

Seit der Gründung der UNO im Jahre 1945 und der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 1948 als gemeinsamer Standard für alle Völker, versuchen heute mittlerweile 193 Nationen, über Zusammenarbeit den Weltfrieden zu sichern. Dennoch braucht es wohl noch längere Zeit, bis sich ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten für die Wahrung von Menschenrechten entwickelt.

Zu Beginn der UNO gab es noch Kolonien. Die Versuche sogenannter Entwicklungsländer, Hungersnöte zu bekämpfen und die Kluft zwischen reichen und armen Ländern zu verringern, machte die UNO zum wichtigsten Akteur internationaler Entwicklungspolitik. In allen Konflikten – die erste Friedensmission galt dem Waffenstillstand zwischen den Palästinensern und Israel – zeigt sich die unterschiedliche Sichtweise des Verständnisses der Einhaltung von Menschenrechten. Ob Koreakrieg, Vietnamkrieg, Apartheid-Politik, Ost-West-Konflikt, atomare Bewaffnung, Golfkriege, Völkermord in Ruanda, Jugoslawienkrieg, Afghanistan, Syrien – dabei ging es oft auch immer um Versuche, den Kapitalismus zu überwinden und eine sozialistische Gesellschaft ohne Bevormundung der westlichen reichen Länder aufzubauen. In der Menschenrechtskommission der UNO spiegelte sich das als Kritik, Empörung und Blockade wider. 2006 wurde sie durch den Menschenrechtsrat abgelöst, mit 170 Stimmen, vier Gegenstimmen und drei Enthaltungen.

Dagegen stimmten die Vereinigten Staaten von Amerika. Seit 2006 können in geheimer Abstimmung gewählte Mitglieder des Menschenrechtsrats auch ausgeschlossen werden, wenn sie eklatant gegen Menschenrechte verstoßen. 2022 suspendierten 93 UN-Mitgliedsstaaten Russland wegen vorgeblicher Menschenrechtsverletzungen im Ukrainekrieg, 24 Staaten stimmten dagegen, 58 enthielten sich.

Angesichts dieser Entwicklung, der wachsenden Kluft zwischen den wirtschaftlich entwickelten Ländern und den Entwicklungsländern, der Globalisierung mit zwar neuen Chancen für die Entwicklung, aber auch mehr Ungleichheit, weit verbreiteter Armut, Arbeitslosigkeit, sozialer Desintegration und Umweltrisiken sowie den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie hat Kuba als Mitglied des Menschenrechtsrats im Juli 2022 eine "Resolution zu Menschenrechten und internationaler Solidarität" vorgelegt. Sie wurde von Namibia, Paraguay und Venezuela unterstützt sowie von den zurzeit nicht im Menschenrechtsrat vertretenen Staaten Algerien, Belarus, der Demokratischen Volksrepublik Korea, Ägypten, Nicaragua und Palästina. Die Resolution wurde mehrheitlich mit 31 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen.

In der "Granma" (Zentralorgan der PCC) vom 8. Juli 2022 hieß es zu der Resolution Kubas: "Wir erkennen keinem Land das Recht zu, sich zum Polizisten oder Garanten der Religionsfreiheit in der Welt zu erklären, oder Zertifizierungen oder einseitige Listen zu erstellen, deren einziges Ergebnis darin besteht, der internationalen Zusammenarbeit Schaden zuzufügen und Desinformation zu fördern."

Schon bei der Gründung der UNO setzte sich der Präsident der USA, Franklin D. Roosevelt, für eine Hegemonie der Großmächte ein, sie sollten eine Rolle als Weltpolizisten spielen. Bei der Einrichtung des Menschenrechtsrates 2006 fragte der kubanische Botschafter daher zu Recht vor der Abstimmung, ob die USA auch für Menschenrechtsverletzung in Guantanamo, für den Folterskandal in Abu Ghuraib und für die geheimen CIA-Gefangenenlagern in Europa zur Rechenschaft gezogen würden. Die USA ließen sich erstmals unter Barack Obama in den Menschenrechtsrat wählen. 2018 erklärte US-Außenminister Mike Pompeo, die schlimmsten Menschenrechtsverletzter der Welt säßen als Mitgliedstaaten im Rat und man träte aus. Die USA kehrte erst 2021 nach der Wahl von Joe Biden in den Menschenrechtsrat zurück.

Im Januar 2021 setzte Donald Trump kurz vor Beendigung seines Amtes Kuba noch auf die Terror-Liste, was erhebliche Sanktionen für das Land weltweit bedeutet. Im Juni 2022 sorgte das Weiße Haus dafür, dass Kuba, Venezuela und Nicaragua vom in Los Angeles veranstalteten Gipfel der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ausgeschlossen wurden. Auf der in Mexiko stattgefundenen Gegenveranstaltung kritisierte der politische Gefangene der USA Mumia Abu-Jamal, dass in den Armenvierteln der USA Hunger, Armut und Obdachlosigkeit zum Alltag gehören und die USA das Land mit der weltweit größten Anzahl von Gefangenen sei.

Gegen alle diese Verletzungen von Menschenrechten wendet sich die Resolution auf der 50. Sitzung des Menschenrechtsrats. In ihr wird darauf aufmerksam gemacht, dass es um die Beseitigung von Entwicklungshindernissen geht und dass ein Fortschritt bei Menschenrechten nur durch internationale Zusammenarbeit, Einigkeit, Solidarität und gemeinsames Handeln möglich ist.

Gefordert wird:

- Das System der Vereinten Nationen solle eine grundlegende Rolle bei der Koordinierung der weltweiten Maßnahmen zur Kontrolle und Eindämmung der Ausbreitung von Covid-19 spielen. Es solle bewährte Praktiken und Erfahrungen auf allen Ebenen der Bekämpfung des Virus und den Wiederaufbaumaßnahmen nach der Pandemie sammeln und verbreiten. Dabei solle die zentrale Rolle des Staates und internationale Solidaritätsaktionen gewürdigt werden.

- Maßnahmen zur Eindämmung und Überwindung der Pandemie und ihrer Folgen sollten menschenzentriert, geschlechtsspezifisch, unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechte, multidimensional, koordiniert, integrativ, innovativ, schnell und entschlossen erfolgen.

- Die internationale Solidarität solle sich nicht auf internationale Unterstützung und Zusammenarbeit, Hilfe, Wohltätigkeit oder humanitäre Hilfe beschränken – sie sei ein umfassenderes Konzept der gleichberechtigten Partnerschaften und nachhaltiger Entwicklung und müsse die strukturellen Ursachen von Armut, Ungleichheit und anderen globalen Herausforderungen angehen.

- Die globalen Herausforderungen müssten mit Solidarität und im Einklang mit den Prinzipien der Gleichheit und der sozialen Gerechtigkeit angegangen werden. Diejenigen, die am wenigsten profitierten, verdienten die Hilfe derjenigen, die am meisten profitierten.

- Die Vereinten Nationen sollten sich dafür einsetzen, dass die heutigen Generationen sich ihrer Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen bewusst seien. Eine bessere Welt sei möglich – künftige Generationen sollten eine für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen geeignete Umwelt genießen können.

- Die für die öffentliche Entwicklungshilfe bereit gestellten Mittel müssten über die zugesagten 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts der Industrieländer hinaus erhöht werden. Neue und zusätzliche Mittel der Finanzierung von Entwicklungsprogrammen seien notwendig.

Fazit: Die von den Staaten in der Agenda 2030 eingegangenen Verpflichtungen sollen auf der Grundlage eines Geistes der globalen Solidarität, insbesondere mit den Ärmsten und Schwächsten, neu belebt werden.

CUBA LIBRE Brigitte Schiffler

CUBA LIBRE 4-2022