Knappe 20.000 Tonnen Weizen will Russland an Kuba spenden, wie der Deutschlandfunk berichtet. Eigentlich sollte das Getreide schon früher eintreffen, aber die Sanktionen der NATO- bzw. EU-Staaten haben die Lieferung der Hilfsgüter stark verzögert. "Dies zeige, dass die einseitigen Zwangsmaßnahmen die einfachen Menschen treffe", so der Sender am 21. April und beruft sich dabei auf den russischen Botschafter in Havanna, Andrej Guskow.
Russland und die Ukraine sind wichtige Produzenten von Getreide für den globalen Süden. Der leidet derzeit unter dem Krieg in Osteuropa mit. Kuba ist da keine Ausnahme. Hier kommt einiges zusammen: Zwei Jahre Coronapandemie haben ihre Spuren hinterlassen, der Tourismus ist zum Erliegen gekommen. Jetzt soll er wieder anlaufen, allerdings fehlen die sonst zahlreichen Touristinnen und Touristen aus Russland, die aufgrund von Überflugverboten durch den Westen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen ausreisen können.
Das schönste Taxi nützt nichts, wenn es gerade kein Benzin gibt. |
Als wir im März in Havanna ankommen, ist von ausländischen Touristinnen und Touristen noch wenig zu sehen. Selbst in der Altstadt machen die Bars früh dicht, weil es kaum Kundschaft gibt. Trotzdem hält die kubanische Regierung am Planziel von 2,5 Millionen ausländischen Besucherinnen und Besuchern fest, wie die Granma am 31. März schreibt.
Zur Pandemie kommt die globale Wirtschaftskrise, die durch die Folgen der Blockade des US-Imperialismus auf Kuba hart eingeschlagen ist. Ein Euro entspricht aktuell (24.4.) 26 kubanischen Peso. Selbst wenn also Touristinnen und Touristen ins Land reisen, werden sie dem Staat beim Geldtausch weniger Devisen einbringen als sonst, da sich die Preise für einen Restaurantbesuch am Wechselkurs auf dem Schwarzmarkt orientieren. Alle zwei Meter bekommt man als Ausländerin bzw. Ausländer in Habana Vieja ein Angebot, das meist den offiziellen Kurs um das dreifache übersteigt und man für einen Euro unter der Hand hundert CUP bekommen kann.
Die wenigen unter den Kubanerinnen und Kubanern, die eine Kreditkarte haben, stehen wie wir aktuell vor den Regalen der Devisenläden und halten sich die Augen zu, wenn sie dann doch zum Olivenöl greifen. Zehn Dollar kostet der Liter aktuell. Pflanzenöl zum Braten ist zwar weiterhin Teil der Libretta, aber der Staat kann nur gegen weitgehend symbolische Beträge verteilen, was auch da ist. Und so werden wir bei unserem Aufenthalt auf der Isla de la Juventud von Bekannten gefragt, ob wir ihnen etwas vom Olivenöl abgeben können. Außerhalb der Hauptstadt, in der sich die Autoschlangen an den Tankstellen bilden, wird die schwierige Versorgungslage noch offensichtlicher: Drei Kilometer vor La Demajagua, der drittgrößten Stadt der Insel, bleibt der Bus stehen. Der Sprit ist alle. Auch dieser oder jener Termin im 20 Kilometer entfernten Nueva Gerona fällt aus, weil für den Transport das Benzin fehlt.
Als wenn das nicht alles schon genug wäre, zeigt auch der Klimawandel seine negativen Auswirkungen. Die Beete der Finca einer Genossenschaft, die wir in La Fe besuchen, werden künstlich bewässert. Früher war das nicht nötig, sagt uns einer der Bauern, aber die fortwährende Trockenheit macht es unumgänglich. Davon, dass wir uns in der Regenzeit befinden, bekommt man wenig mit, stattdessen kommt es immer wieder zu Flächenbränden.
Das mag in Summe nach einer wenig aussichtsreichen Lage klingen, in der sich Kuba befindet. Trotzdem und genau deswegen hält man hier am Sozialismus fest. Niemand muss hungern. Damit sich die Lage aber entspannen kann, ist vor allem ein Ende der menschenverachtenden Blockade und die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Wirtschaftspartner Kubas wie etwa Russland bitter nötig.
Ken Merten
CUBA LIBRE 3-2022