Wer Kuba erlebt hat, kommt anders zurück

Grußwort von Andrea Hornung, Vorsitzende der SDAJ, an den Circolo Granma Celle Ligure zum 60. Jahrestag des Bestehens der Freundschaftsgesellschaft Italia-Cuba, gehalten auf der Festveranstaltung am 20. Oktober 2021:

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

ich möchte euch herzliche Glückwünsche der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) zu eurem 60. Geburtstag überbringen.

Denn auch für uns hat die Solidarität mit Kuba besondere Bedeutung, denn von Kuba, aus dem Kontakt von uns deutschen Jugendlichen zu Kubanerinnen und Kubanern, zu kubanischen Jugendlichen können wir viel lernen.

Ich selbst hatte die Möglichkeit, an einer Brigade der SDAJ nach Kuba teilzunehmen. Mit insgesamt 60 Jugendlichen waren wir drei Wochen auf Kuba, haben an der Technischen Universität Havanna, der CUJAE, gelebt, hatten die Möglichkeit, uns mit der Geschichte Kubas und der kubanischen Revolution auseinanderzusetzen, haben uns mit verschiedenen Massenorganisationen getroffen, in einem CDR gefeiert, haben Wandgemälde für die Fünf als Zeichen unserer Solidarität gemalt und vieles mehr. Wichtiger Bestandteil der Brigade war der Austausch mit Studierenden der CUJAE, die uns die ganze Brigade über begleitet haben. In Vorträgen und in Diskussionen bei einem oder mehreren Cuba Libre konnten wir unsere Fragen zu Kuba loswerden und haben auch von der politischen Situation in Deutschland berichtet. Besonders beeindruckt hat mich, dass die kubanischen Studierenden sich gar nicht vorstellen konnten, dass es in Deutschland Jugendliche gibt, die keinen Ausbildungsplatz finden, dass es Jugendliche gibt, die keinen Job finden, die arbeitslos sind. Das war für die Kubaner völlig unvorstellbar, weil sie damit groß geworden sind, es für sie eine Selbstverständlichkeit ist, dass jeder Jugendlicher eine ordentliche Ausbildung bekommt, dass jeder Mensch einen Job und damit auch einen festen Platz in der Gesellschaft findet, dass man keine ständige Angst um Lücken im Lebenslauf und um die eigene Zukunft haben muss. Doch für deutsche Jugendliche ist das, wie auch für italienische Jugendliche, traurige Realität: Jährlich fehlen mehr als 300.000 Ausbildungsplätze, in der Krise haben vor allem Jugendliche ihre Jobs verloren, mittlerweile ist selbst laut bürgerlichen Wissenschaftlern mindestens jeder achte Jugendliche arbeitslos. Uns wird die Zukunft genommen.

Obwohl wir nur für drei Wochen auf Kuba waren, kamen wir doch alle verändert zurück. Kuba hat uns alle tief beeindruckt, obwohl die Zimmer, in denen wir lebten, klein und einfach waren. Doch wie freundlich wir aufgenommen wurden, wie ehrlich uns am Zeitungsstand nach Bezahlen mit CUC alles in Pesos Nationales ausgezahlt wurde, wie unvorstellbar es für uns von der Wohnungsnot geplagten Jugendlichen ist, dass den Studenten in Kuba ein Bett in einem zwar kleinen und einfachen Zimmer, aber eben doch eine Unterkunft zur Verfügung gestellt und somit das Studium ermöglicht wird, wie solidarisch der Umgang untereinander war und wie jeder Mensch, den wir trafen, durch und durch politisch war und Freude an der Diskussion hatte, hat etwas mit uns gemacht.

Das zeigt: Aus den Begegnungen mit kubanischen Jugendlichen, mit Kuba können wir etwas lernen, was wir auch durch 1000 Bücher nicht lernen können. Wir können lernen, dass eine andere, menschlicher Gesellschaft möglich ist und dass in Zeiten, in denen auch in Deutschland darüber diskutiert wird, welchen Menschen man zuerst das Beatmungsgerät wegnimmt. Wir können lernen, wie wichtig Solidarität, die offene und ehrliche Diskussion und der gemeinsame Kampf sind, was die Liebe zur Menschheit,die Solidarität mit Menschen macht. Und wir sehen, warum es sich lohnt, für unsere Ideale, für den Sozialismus zu kämpfen, auch wenn die Situation in Deutschland oft schwer und aussichtslos scheint. Damit ist Kuba auch für unseren Kampf in Deutschland von großer Bedeutung.

Das ist der Grund, warum wir als SDAJ regelmäßig Brigaden nach Kuba durchführen. Das ist auch der Grund, warum wir seit einigen Jahren ein Projekt mit der Technischen Universität Havannas haben, in dem vor allem Jugendliche die Möglichkeit haben, für mindestens sieben Monate in Kuba zu leben und zu studieren. Damit können sie Kuba ohne die antikommunistischen Vorurteile erleben, und so, wie es wirklich ist. Das Projekt ist benannt nach der deutschen Revolutionärin Tamara Bunke, die mit Che Guevara in Bolivien gekämpft und auch auf Kuba gelebt hat. Wir organisieren es gemeinsam mit der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba und haben damit mittlerweile fast 100 Menschen für mehr als ein halbes Jahr nach Kuba gebracht. Und auch hier sehen wir: Wer Kuba einmal so erlebt hat, der kommt anders zurück, den beeinflusst die Erfahrung für das weitere Leben, den lässt Kuba nicht mehr los und der konnte selbst erleben, was Sozialismus konkret heißt und was er, trotz aller Schwierigkeiten und einer menschenverachtenden Blockade, mit den Menschen macht.

Ich möchte euch dazu gratulieren, dass ihr seit 60 Jahren einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, Begegnungen mit Kuba, mit Kubanerinnen und Kubanern zu ermöglichen und Solidarität zeigt. Denn dass wir daraus viel lernen können und das ein wichtiger Beitrag im Kampf für eine Welt ohne Kapitalismus ist, davon bin ich überzeugt.

In diesem Sinne:
Herzliche Glückwünsche an die Freundschaftsgesellschaft Italia-Cuba und Circolo Granma Celle Ligure!

Hoch die internationale Solidarität!
Und: ¡Viva Cuba socialista!

CUBA LIBRE

CUBA LIBRE 1-2022