Gesicht zeigen gegen Kontras

für die sozialistische Republik
Foto: Gabriele Senft

Die junge Frau klettert entschlossen über das Hamburger Gitter, das die Kontras eigentlich zurückhalten soll – mit einem Habitus, der mich an Nazi-Demos denken lässt. Sie breitet die kubanische Flagge auf der Straße vor dem Gitter aus und kniet sich darauf. Eine Polizistin, in sommerlicher Kampfuniform, nähert sich ihr. Reckt den Daumen hoch, "Thumbs up!". Doch leider, leider muss sie die junge Kämpferin wieder hinter die Absperrung verbannen.

Es ist schwül und heiß am 14. Juli 2021 in der Stavanger Straße in Pankow. Kuba-Fahnen auf beiden Seiten der Barrikade. Den Fahnenzeigern auf der Seite der Konterrevolution möchte man lieber nicht abends oder nachts an einsamer Stelle begegnen. Als die Contra-Hipster mit der Beschallung mit Gangster-Rap ("Patria y Vida") pausieren und dann die kubanische Nationalhymne aus deren Lautsprechern schallt, verstummen die "Cuba! Cuba! Cuba socialista!"-Sprechchöre. Welch ausgeklügelter Schachzug der rechten Spin-Doktoren. Die Nationalhymne ist ja "unsere". Nun eignen sich die Reaktionäre die Bayamesa an. Wie soll man vor Ort darauf reagieren? Wir bleiben würdig und sprachlos.

Überhaupt wird das Auftreten der Rechten gut choreografiert. Gangster-Rap und Tanz. Die Polizei ist netterweise behilflich, die Absperrgitter für die Kontras immer weiter Richtung kubanischer Botschaft zu verschieben. "Daumen hoch?" Einige haben sich als "Damen in Weiß" verkleidet. Warten auf ihren Auftritt und stolzieren feixend an uns, in diesem Moment die Verteidiger der Revolution, vorbei.

Für die Soligruppen kam dieser Termin überraschend. Erst am Abend vorher kam bei mir eine Rundmail an. Trotzdem brauchen sich die progressiven Kräfte an dem Tag nicht zu verstecken. Es ist kein kleines Häuflein, was auf unserer Seite der Barrikade steht. Doch wirkt es manchmal hilflos, trotz spontaner Kampfbereitschaft fehlt es an Spontaneität. Einzelne Ideen zu Aktionen werden nicht goutiert: "Wir sind die Guten und machen sowas nicht". Statt dessen, gut versteckt hinter einem Baum, Rednerinnen und Redner, die Korrektes vom Blatt ablesen. Preaching to the Converted. Lichtblick des Tages: Ellen Brombacher von der Kommunistischen Plattform der Partei "DIE LINKE" mit einem soliden kämpferischen Beitrag, der wenigstens Mut macht gegen Menschen jenseits des anderen Hamburger Gitters. Denn die wirken doch arg wie gut situierte Faschos.

Bevor wir dann gehen, ermahnen wir uns gegenseitig, den Ort möglichst nicht alleine zu verlassen, sondern in kleinen Gruppen.

War unser Einsatz ein Erfolg? Ja, das würde ich so einschätzen. Kurzfristig, mitten während der Arbeitszeit, mitten im heißen Sommer mehr als nur ein paar Menschen zusammenzutrommeln, die sich auf der Seite Kubas ans Polizeigitter stellen, ist ein Erfolg. Und es war ein gutes Gefühl unter Gleichgesinnten Gesicht zu zeigen gegen den Versuch der nächsten "Farbenrevolution". Es war lehrreich, die Methoden der Rechten zu erleben.

Ist für zukünftige Maßnahmen noch Luft nach oben? "Eher ja."

CUBA LIBRE

Wiljo Heinen

CUBA LIBRE 4-2021