"WENN DIE LINKE FEHLT
Gesellschaft des Spektakels, Krise, Krieg" so betitelte der 2018 verstorbene italienische Publizist und Philosophieprofessor Domenico Losurdo eines seiner letzten Werke. Er entlarvt darin auf eindrückliche Weise das "Zweiparteiensystem oder genauer das Einparteiensystem mit Wettbewerbscharakter" in den USA "als vom Grosskapital ausgeübte Diktatur auf multimedialer und politischer Ebene." (
) Und so folgt ein Präsident auf den anderen: Die Ungleichheit, die im Innern der USA zunimmt, müht der jeweilige Präsident sich, auch auf internationaler Ebene zur Geltung zu bringen, indem er sich als oberster Interpret von Gottes "auserwählter Nation" aufspielt und sich das Recht zuschreibt, mit seinem gigantischen Militärapparat in jedem Winkel der Welt zu intervenieren, auch ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats. Zu den echten Kriegen kommen die als "Farbenrevolutionen" verkleideten Staatsstreiche.
Und diese USA sind also der "Leuchtturm der Demokratie" (O-Ton im Radio/Fernsehen SRF, der kleinen hörigen Schweizer Schwester der deutschen ARD), an dem sich die "westliche Wertegemeinschaft" orientiert und offensichtlich bis weit hinein in die Linke in Europa.
Bekanntlich hatte sich nach dem Zusammenbruch des Ostblocks auch die Parteienlandschaft im Westen massiv verändert. Gab es vorher in fast allen westeuropäischen Ländern starke linke Parteien, so wurden diese mitsamt ihren sozialen Ansprüchen durch den Sieg der transatlantischen Kräfte in die Defensive und in die opportunistische Mitte getrieben und vielerorts gar aufgerieben (siehe Frankreich, Italien).
Mit dem Jugoslawien-Krieg und der mit Uranmunition realisierten "humanitären Intervention" verloren die vermeintlich fortschrittlichen deutschen Grünen ihre Unschuld. Und auch die SPD mittlerweile zur traurigen Lachnummer verkommen begrub dort den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit. Und mit diesen beiden Parteien zusammen, die mit links nicht mehr viel zu tun haben, wollen also dieselben Kräfte innerhalb von Die Linke Regierungsmitverantwortung übernehmen, die sich für einen Dialog mit den ferngesteuerten Pseudo-Künstlern der sogenannten "San Isidro-Bewegung" in Kuba aussprechen?
Es ist nicht an mir, die deutsche Politik zu kritisieren. Gleichwohl erlaube ich mir, einige Eindrücke aus der Ferne kundzutun. Dabei muss ich betonen, dass die Sicht von der "Wohlstandsinsel Schweiz" aus eine ganz besondere ist. Zwei Fakten gilt es immer wieder in Erinnerung zu rufen: 1. Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU was nicht heisst, dass diese nicht täglich Thema wäre im inländischen Politdisput. 2. Die Konkordanz als Regierungsform prägt die politische Diskussion auf ihre Art. Es gibt keine richtige Opposition, und sie führt oft zu den berühmten "freundeidgenössischen Kompromisslösungen", die echt fortschrittliche Entwicklungen immerzu verunmöglichen, aber umgekehrt die Berücksichtigung der Interessen der Oberschicht und des Finanzkapitals sicher garantieren. Im Klartext: Die kriegsverschonte Schweiz ist ob Krieg oder Frieden ein sicherer Hort für in- und ausländische Wirtschaftskriegsgewinnler. Und die willfährigen Banken haben keinerlei Kontrolle durch die Politik zu befürchten siehe ihre Beteiligung an der völkerrechtswidrigen, mörderischen Blockade gegen Kuba. Die bürgerliche Politik nennt das dann "Erfolgsmodell Schweiz", weil es der Bevölkerung vergleichsweise weniger schlecht geht und die Armut versteckter daherkommt als anderswo. Da sind kritische Stimmen von links leicht abzuwürgen. So wirken denn die Auseinandersetzungen in der Politik unseres grossen Nachbarn Deutschland im Vergleich viel konfrontativer, direkter, härter, schlagfertiger, rhetorisch gewandter. Allerdings ist dabei schwer erkennbar, was sich hinter einem Etikett wie Die Linke verbirgt; denn auch die hiesigen Medien transatlantisch eingebunden berichten kaum über Querelen, bei denen nicht die gewohnten Feindbilder bemüht werden können.
Aufklärung in der Schweiz |
Die Nachricht von der Dialogbereitschaft gewisser Exponenten von Die Linke mit der US-gesteuerten, als Künstler verkleidete Subversion in Kuba wäre ohne die beharrliche Aufklärungsarbeit von junge Welt und der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba in der Schweiz gar nicht erst wahrgenommen worden.
Umso wichtiger für die Solidarität mit Kuba insgesamt, dass sich diese weniger an vorlauten Parteien als an vertrauenswürdigen Persönlichkeiten orientiert, die sich hier wie dort für die gerechte Sache zu exponieren wagen. Sie finden sich sowohl im Schweizer Parlament (da sitzt sogar ein Kommunist!) wie auch in Die Linke, Cuba Si sei Dank. In diesem Sinne ist die Solidaritätsbewegung in der Schweiz schicksalshaft mit derjenigen in Deutschland verbunden die Kampagne UNBLOCK-CUBA stellt es positiv unter Beweis.
Aber eines ist allgemeingültig: Wer sich die Begriffe Demokratie und Menschenrechte von den USA definieren lässt, kann definitiv nicht links sein.
Samuel Wanitsch ist Mitglied der Nationalen Koordination Vereinigung Schweiz-Cuba
(www.cuba-si.ch)
Samuel Wanitsch
CUBA LIBRE 2-2021