Viele, die von unserem Projekt gehört haben oder über unseren Blog darauf gestoßen sind, können sich den Aufenthalt auf Kuba und was darüber hinaus das Proyecto ist, nicht konkret vorstellen. Um es vorwegzunehmen: Für eine Teilnahme am Proyecto Tamara Bunke musst du weder Student noch Mitglied in einer der das Projekt tragenden Organisationen sein. Eine Teilnahme ist auch nicht an ein bestimmtes Alter geknüpft, wobei der Großteil der Teilnehmer:innen zwischen 18 und 28 Jahren ist. Auch weltanschaulich ist das Proyecto offen für alle, die unser Motto "Eine bessere Welt ist möglich!" teilen und aus solidarischer Motivation sich ein eigenes Bild von Kuba machen wollen.
Grundvoraussetzung ist neben einem gesellschaftspolitischen Interesse an Kuba, sich mindestens sieben Monate Zeit nehmen zu können und den Aufenthalt mitsamt der Flüge selbst finanzieren zu können. Um überhaupt tief in die kubanische Gesellschaft eintauchen und den Kursen folgen zu können ist es unabdingbar, Spanisch zumindest halbwegs zu beherrschen. Wir legen großen Wert darauf, dass Teilnehmer:innen die Bereitschaft zur solidarischen Zusammenarbeit in der Gruppe mitbringen und durch das regelmäßige Schreiben von Artikeln eine Kontinuität auf unserem Blog sicherstellen.
Internationale Küchengespräche |
Das Proyecto entstand aus dem Wunsch von Teilnehmer:innen zweier Solidaritätsbrigaden der SDAJ, ihre Erfahrungen nach dem Motto "Auf Kuba von Kuba lernen" auch anderen zu ermöglichen und dies über einen längeren Zeitraum, damit man den kubanischen Alltag richtig erleben kann. Bis heute ist es Ziel des Proyecto Tamara Bunke, insbesondere jungen Menschen das Kennenlernen Kubas gesellschaftlicher Alternative zum Kapitalismus zu ermöglichen.
Das Proyecto wird in Deutschland verantwortet von der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. und der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ). Getragen wird es ganz wesentlich von den ehemaligen Teilnehmer:innen des Proyecto. Sie sind Ansprechpartner für Interessierte und bereiten die neuen Gruppen auf ihren Aufenthalt vor.
Ein Kuba-Aufenthalt mit dem Proyecto Tamara Bunke beginnt im Februar oder September und führt zunächst für ein paar Tage an die Technische Universität Havannas, die CUJAE. Danach geht es für die Gruppe für einen Monat auf die Isla de la Juventud. Dort besuchen alle, die nicht bereits ein hohes Spanischniveau haben, einen Sprachkurs. Untergebracht ist die Gruppe in einem Wohnheim in einem kleinen Ort namens La Demajagua. Weil der Ort so klein ist und Ausländer eine absolute Seltenheit sind, lassen sich hier besonders leicht Kontakte knüpfen und man bekommt für einen Monat einen Einblick in das kubanische Landleben. Anschließend geht es wieder zurück nach Havanna auf den großen, grünen Campus der CUJAE, wo die Gruppe wieder in einem Wohnheim untergebracht wird. Hier kann man günstig bei sehr einfachem Standard wohnen und hat viel Raum zum Einrichten. Eine Küche, einen Waschraum und einen Gemeinschaftsraum mit Bibliothek gibt es bereits, aber es ließe sich noch einiges verbessern und komfortabler gestalten… Auf dem Campus leben noch weitere gut 2.500 Studierende, mit denen man sich connecten kann, manchmal ist auch das Schwimmbecken geöffnet. Es gibt zahlreiche Sportplätze und in Cafeterien bekommt man den ein oder anderen Snack. Direkt neben dem Campus, auf der von uns liebevoll genannten "Fressmeile", bekommt man in Imbissbuden aber auch eine Auswahl verschiedener Speisen. Außerdem befinden sich in unmittelbarer Nähe verschiedene Einkaufsmöglichkeiten, ein kleines Fitnessstudio, eine Apotheke und ein Zeitungskiosk. Mit den regelmäßig, aber nicht nach festem Plan abfahrenden Bussen kann man für umgerechnet sechs Cent in einer guten halben Stunde im Zentrum von Havanna sein.
Aber wie sieht die Tagesstruktur während der Zeit an der CUJAE aus?
Solidaritätsbekundung des Proyectos vor dem Forschungsinstitut Che Guevara in Havanna. |
Gewöhnlich finden die Kurse zur Geschichte Kubas, Philosophie des Marxismus, Politische Ökonomie des Kapitalismus und des Sozialismus sowie soziale Probleme der Technik vormittags an den Werktagen im Gruppenverband statt. Innerhalb der Kursthemen orientieren sich die Professor*innen sehr an dem Wissensstand der Gruppe und ihren Wünschen und man besucht bereits einige Museen Havannas und andere Institutionen. Nachmittags und manchmal auch an Wochenenden besucht man als Gruppe die ein oder andere Veranstaltung, trifft Persönlichkeiten der kubanischen Gesellschaft und vieles mehr. Außerdem hält die Gruppe einmal in der Woche ein Plenum ab, in der ihr Sachen besprecht, die euch als Gruppe betreffen und insbesondere auch Artikel-Entwürfe für den Blog diskutiert. In einem weiteren Plenum besprecht ihr einmal die Woche mit Julián, dem Proyecto-Koordinator auf kubanischer Seite, eure Fragen zu Kuba und anstehende Termine. Darüber hinaus plant Julián für jede Gruppe ein bis zwei größere Exkursionen über mehrere Tage, die bisherige Gruppen eigentlich immer nach Santa Clara und häufig auch nach Cabaíguan führte. Auf diesen Exkursionen werden Museen und Institutionen besucht, aber auch verschiedene Austauschrunden mit Kubaner:innen organisiert und man bekommt sehr viel Input. Wer vor hat, länger als sieben Monate mit dem Proyecto Tamara Bunke auf Kuba zu sein, den erwartet eine besondere Aufgabe: Statt weiterhin Kurse zu besuchen (was trotzdem auf Wunsch möglich ist), hilft man im Centro de Estudios Che Guevara kubanischen Historiker:innen bei der Arbeit mit den historischen Original-Dokumenten aus dem Leben von Tamara Bunke und leistet so einen Beitrag zur Erforschung des Lebens der Namensgeberin unseres Projektes.
Die Teilnahme am Proyecto Tamara Bunke ist also nicht bloß ein Auslandssemester, sondern das Projekt hat einen politischen Charakter. Der Besuch der Kurse ist nicht nur die Voraussetzung für das akademische Visum, sondern die Kurse sollen die Möglichkeit geben, theoretische Grundlagen und Hintergründe des kubanischen Gesellschaftsmodells zu erlernen. Die zahlreichen Visiten, Veranstaltungen, Austauschtreffen und Exkursionen sowie sämtliche Alltagserfahrungen während der sieben Monate, sollen ein umfangreiches Erleben und Nachvollziehen der kubanischen Realität ermöglichen. Über den Blog und unsere Social-Media-Kanäle sollen interessierte Menschen in Deutschland an euren authentischen Kuba-Erfahrungen teilhaben können und bestenfalls kann so das ein oder andere verzerrte Kuba-Bild hierzulande gerade gerückt werden. Der Austausch insbesondere mit der kubanischen Jugend soll das Kennenlernen der unterschiedlichen Lebensrealitäten ermöglichen und soll zu einem realistischen Bild von der jeweils anderen Gesellschaft beitragen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass westliche, kapitalistische Gesellschaften mit ihrer Konsumkultur für einige in den neuen Medien häufig als Paradies erscheinen, ist dies ein auf Kuba geschätzter Beitrag des Proyecto dazu, dass Kuba weiterhin selbstbestimmt seinen Weg gehen kann.
Auf www.berichteaushavanna.de berichten die Teilnehmer:innen des Proyecto von ihren Erfahrungen auf Kuba. Der Blog wurde im Februar 2021 komplett überarbeitet. Ein Besuch lohnt sich!
Elias, Proyecto Tamara Bunke
CUBA LIBRE 2-2021