Kampf gegen Banditen: Der andere Krieg (II)

Die Entsprechung des Titels im Spanischen ist "Lucha contra Bandidos" oder – griffiger – LCB. Was sich hinter diesem Kürzel verbirgt, weiß in Kuba jeder. Das Römisch Zwei erklärt sich dadurch, dass es schon einmal (2017) eine Staffel dieser enorm populären Fernsehsaga gab und dem Vernehmen nach hat der Drehbuchautor bereits einen abschließenden dritten Teil in Planung.

Vor allem junge Kubaner, die den "banditismo" nur aus Erzählungen ihrer Großeltern kennen, bringen die Gräuel praktisch ausschließlich mit dem Gebiet des Escambray in Verbindung (wo die erste LCB-Produktion spielt). Es gab aber auch erhebliche Unruhen in der Region Pinar del Rio und der zweite Teil der Serie, von dem hier die Rede ist und der von Juli bis Oktober 2020 ausgestrahlt wurde, hat das gerüttelte Maß an Mord und Totschlag zum Thema, das über die Provinz Matanzas kam.

Systematische Gewalt und Verbreitung von Schrecken in dieser Gegend war mir – anders als im Fall Pinar del Rios – bisher gänzlich unbekannt. Dabei wüteten dort im Laufe eines halben Jahrzehnts 46 Banden mit über 800 Mitgliedern. Im nämlichen Zeitraum kam es zu hunderten Akten von Vandalismus und zu 114 Morden unter der Zivilbevölkerung – von den zahlreichen Verletzungen und Verstümmelungen gar nicht zu reden. LCB II kondensiert die Handlung übrigens auf den relativ engen zeitlichen Rahmen von Januar bis Mai 1963.

Der Einfachheit halber datiert man die Periode des Banditentums oft von 1960 bis 1965, aber es ist völlig legitim, den Anfang auf 1959 zu legen – das Jahr, in dessen ersten Tagen die Revolution triumphierte. Man wollte den "Scheiße fressenden Kommunisten" (ein Begriff, der in der Serie häufig vorkommt) nicht die kleinste Atempause gönnen. Dieser Devise ist das "Evil Empire" – nicht das aus Star Wars, sondern vielmehr das in unserer Nähe – 60 Jahre lang treu geblieben. Sie hat bis heute Gültigkeit.

Die jüngere der beiden Staffeln verwendet u. a. Daten der kubanischen Staatssicherheit (DSE) und sowohl Historiker als auch das Ministerium des Innneren (MININT) waren beratend beteiligt. Zu erwähnen ist auch die Rolle der Revolutionäre Streitkräfte (FAR) bei der Entstehung. Das Bemühen um Perfektion, um größtmögliche Deckung der Serie mit der damaligen Wirklichkeit hat seinen Grund. Mary Luz Borrego spricht eine verblüffend schlichte Wahrheit aus, wenn sie sagt: "Die Meinungen Tausender von Mitkämpfern jener Zeit, die immer noch leben – oft in völliger Anonymität – hängen wie ein Damoklesschwert über der Produktion, stets auf dem Sprung, die Vorgänge aus höchsteigener Erfahrung heraus zu bewerten." Und wenn die persönliche Erfahrung ehemals Beteiligter, womöglich auch noch vieler auf einmal, die Macher von "Kampf gegen Banditen" bei groben sachlichen Fehlern erwischte, könnten Letztere nur noch in Sack und Asche gehen.

Die Regie wechselte. Während Alberto Luberta für Teil I verantwortlich zeichnete, tat dies Roly Peña für Teil II. Als Klammer blieb allerdings Eduardo Vázquez als Drehbuchautor. Von einer weiteren – sehr wichtigen – Klammer, nämlich der, auf wiederzuerkennende Charaktere und deren Darsteller zu setzen, wird noch zu sprechen sein.

Eine harte Konsequenz der Ereignisse, zu der es gar nicht selten kam, bestand darin, dass Familien durch völlig unterschiedliche Sichtweisen zerrissen wurden: Die einen verteidigten die Revolution, die anderen attackierten sie. Natürlich greift die Serie auch dieses Dilemma auf. Ebenso wie "die Gewalt, die sich durch jedes Kapitel zieht und die auch nicht vor Frauen, Kindern und Alten halt macht, die unaufhörliche Angst der inmitten des Kreuzfeuers überlebenden Bauern, so viel Konfusion und so viel Barbarei zwischen Kubanern, die bis zu diesem Zeitpunkt einfach nur Nachbarn gewesen waren". (Mary Luz Borrego)

Kampf gegen Banditen

Foto: https://cubasi.cu/



Manchmal macht LCB Nebenkriegsschauplätze auf, die in diesem bitterbösen Kontext schon fast frivol wirken. Paquita Armas Fonseca ruft folgende Szene in Erinnerung: "Der Bauer Valentin (Hilario Peña) und der Milizionär Nene (Jorge Enrique Caballero) im Streit zwischen Vater und Bräutigam (...) zeigen uns, wie jemand sein Land verteidigen und gleichzeitig nicht erlauben kann, dass seine Tochter Verlobte eines jungen Mannes wird, der revolutionär, intelligent und kühn ist ... aber schwarz." Gewiss ist Rassismus ein lohnendes Thema, das sich mit dem Sieg über den Diktator ja keineswegs erledigt hatte, aber der Betrachter kann gar nicht umhin, sich zu fragen: Hatten die nicht schon ihre liebe Mühe und Not damit, nicht massakriert zu werden? Mussten die sich auch noch mit sowas befassen? Ja, mussten sie offenbar. Es soll deutlich werden, dass neben den außergewöhnlichen Problemen die gewöhnlichen nicht aufhörten, zu existieren.

Mary Luz Borrego meldet bei der Serie, die sie sonst in höchsten Tönen lobt, eine Kritik an: Vielleicht bestehe "der einzige Schwachpunkt dieser audiovisuellen Produktion darin, keine größere Reflexion der Rolle gewidmet zu haben, die die Central Intelligence Agency (CIA) und die Regierung der Vereinigten Staaten hinter dem Vorhang spielten, von wo aus sie die wichtigen Fäden zogen".

Was waren das für Leute, die sich für deren Zwecke einspannen ließen? "Ehemalige Soldaten und Mitglieder der repressiven Truppen Batistas, Menschen, die sich für entmachtete politische Kaziken und Großgrundbesitzer einsetzten, Randelemente mit geringem moralischen Status und, in geringerem Maße, solche, die (…) durch feindliche antikommunistische Propaganda vernebelt waren" Ob letzteres in geringerem Maße der Fall war, wie Pedro de la Hoz, von dem diese Auflistung stammt, anmerkt, da bin ich mir nicht so sicher. Es sei daran erinnert, dass damals quasi parallel zu den Geschehnissen die in den Vereinigten Staaten ausgeheckte – und durchaus wirksame – "Aktion Peter Pan" lief, die mit unablässig geschürten Kommunismusängsten spielte, indem sie kubanischen Eltern suggerierte, sie müssten ihre Kinder dem Einflussbereich der "Bärtigen" entziehen, weil die sie sonst nach Moskau schicken würden, um sie dort zu Büchsenfleisch verarbeiten zu lassen. Ob dieser unsägliche – und jedweder Logik entbehrende – Stuss von vielen geglaubt wurde, darf bezweifelt werden. Unzweifelhaft aber ist, dass immer noch viel Misstrauen herrschte, denn Tausende von kubanischen Kindern wurden mit dem Flugzeug (die Einreise der Eltern war in den USA nicht vorgesehen) ins gelobte Land geschickt, wo sie entwurzelt, wie sie waren, in der Regel kreuzunglücklich wurden. Ende des Exkurses.

Lucha contra Bandidos

Foto: Granma



De la Hoz fügt auch gleich hinzu, durch was für eine Brille die andere Seite jene Schurken in LCB sieht: "Befreier des Vaterlandes? Heldenhafte Kämpfer gegen die castristische Tyrannei? Kombattanten von erprobtem Wert und Patriotismus? So werden sie jedenfalls immer noch von den Medien im Süden Floridas präsentiert in dem Bemühen, das Image der Banditen zu reinigen."







"Mama, wenn die Serie anfängt, sag mir Bescheid, vergiss es bloß nicht!" So beschwört der jugendliche Sohn von Mary Luz Borrego jeden Sonntag zwischen acht und neun seine Mutter. Gewiss sind Jugendliche die primäre Zielgruppe. Vor allem ihnen sollen die schlimmen Ereignisse edukativ nahegebracht werden, die ihre Großeltern durchlebten. Aber es ist unstrittig, dass LCB II Bewunderer in allen Altersgruppen hat. Unter "Gebildeten oder halben Analphabeten", Menschen von "banalem oder tiefem Denken". Die Journalistin schreibt z. B. von einem jungen Taxichauffeur aus ihrem Bekanntenkreis, der pausenlos Reggaeton im Autoradio hört und überall hinfahren würde, um "ein paar Dollarchen" zu verdienen und der im Brustton der Überzeugung sagt: "Die Serie mit den Banditen? Find ich klasse!"

Aber die Geschichte wieder zum Leben zu erwecken ist etwas ganz anderes, als eine Geschichtsstunde zu halten. "Kein Fernsehzuschauer", so Pedro de la Hoz, "würde sich am Sonntagabend vor den heimischen Bildschirm setzen, um sich eine Lektion erteilen zu lassen."

Lucha contra Bandidos

Foto: Juventud Rebelde


Der Historiker Eduardo Vázquez Pérez, Drehbuchautor von LCB, sagte denn auch in einem Interview mit Cubadebate: "Wir konstruieren eine Historie mit Codes der Fiktion." Es sind wahrscheinlich diese Codes, die das Publikum vor allem an den Bildschirmen fesseln. Eine Handlung, die reich an Spannung ist, mit Szenen, deren schonungslose Brutalität auch in Action-Filmen vorstellbar wäre. Aber man täusche sich hier nicht. Vázquez weiter über das Zusammenspiel Historie/Fiktion: "Das bedeutet, dass alles, was gezeigt wird, real passiert ist. Dennoch, in der Reihe ist es Fiktion (...). Die Verbrechen, die, von den Banden begangen, in Szene gesetzt werden, sind ein Abbild der Wirklichkeit, wenn auch die Originalnamen ersetzt wurden und – in einigen Fällen – die Chronologie eine andere war."

Teil des Erfolgrezepts ist sicher auch die Wiederkehr von Charakteren aus der ersten Staffel in der zweiten. Selbstverständlich mit den vertrauten Schauspielern. Osvaldo Doimeadios (der Spurenleser Mongo Castillo), und Fernando Echevarria (der Truppenchef "El Gallo") seien als "Schlachtrösser" kubanischen Filmschaffens hier nur exemplarisch erwähnt. Sie dienen als Identifikationsfiguren. Hingegen mussten einige hinzukommende junge Darsteller erst an die historische Basis der Serie herangeführt werden. Etwa Andro Díaz Caraballo, der den Milizionär Isaac spielt und über diese Erfahrung sagt: "Ich finde, dass Isaac zu verkörpern sowohl als Arbeit wie auch als investigativer Prozess sehr schön war. Wenn jemand so viel in seine Rolle hineinlegt und so sehr an sie glaubt, kann das Resultat nicht anders als befriedigend sein. (...) Einer der Schlüssel dieses ganzen Prozesses liegt darin, die Sache mit Liebe zu tun. Wenn man etwas macht, das einem gefällt, hat man gar nicht das Gefühl zu arbeiten. Man genießt einfach nur und das ist eine sehr angenehme Art, Dinge zu tun."

Charakteristisch für LCB ist die hohe Emotionalität der Serie. Als in einer der bewegendsten Szenen "der Dicke" (Rolando Rodríguez) erschossen wird und in den Armen seines Truppenchefs stirbt, gibt dieser seinen Gefühlen Ausdruck, indem er zu seinen Tränen vergießenden Männern sagt: "Beißt den Schmerz weg und weint innerlich, verdammt! Außen will ich nur Wut empfinden. Eine lange Wut, Kinder, denn eine kurze würde mir nichts nützen. Eine große Wut, groß genug, um all diesen Hurensöhnen das Leben zu nehmen."

Laut Pedro de la Hoz handeln die Milizionäre heldenhaft, ohne das Heldentum "heraushängen" zu lassen. Mit dem Tod eines Compañeros konfrontiert, oder, schlimmer noch, angesichts der Spuren der Gräueltaten an der Zivilbevölkerung gehen sie mit noch mehr Impetus zu Werke, das Übel mit der Wurzel auszureißen.

Apropos: Ehe den fanatischen, bald cholerischen, bald eiskalten, unschuldigen Bauern selbst mit Blei vollpumpenden und das Durchschneiden von Kehlen delegierenden Bandenchef Felo Sánchez (Jorge Treto) sein Schicksal ereilt, muss sich das seinen Tod herbeisehnende Publikum bis zur letzten Folge der zweiten Staffel in Geduld üben. Treto macht aus dem antikommunistischen Berserker Sánchez ein solches Monstrum, dass man dem Mimen glatt nahelegen möchte, besser ein paar Wochen lang sein Haus nicht zu verlassen. Erstaunt sah man jedoch denselben Darsteller erst kürzlich in einer Telenovela, in der er eine eher zurückhaltende und nicht unsympathische Rolle spielt.

Was mich bei LCB II wohl am meisten überrascht hat, war die personelle Quantität der Auseinandersetzungen. Dass die Konfrontationen oft weit über Scharmützel hinausgingen und fast an Kriegsgeschehen erinnerten, war mir nicht klar gewesen. Offenbar hatte das US-gestützte Banditentum tatsächlich die Potenz, die Richtung in Kuba noch einmal umzukehren und es bedurfte eines wahren Kraftakts seitens der Revolution, dies zu verhindern.

CUBA LIBRE Ulli Fausten

CUBA LIBRE 1-2021