Trump und Kuba

Der US-Präsident kann sich nicht an das Völkerrecht gewöhnen.

Seit über 70 Jahren versuchen die US-amerikanischen Regierungen, das kubanische Volk mit einer Blockade von ihrer Revolution zu trennen, um sie wieder in das Netz der neoliberalen US-Herrschaft über den Kontinent einzufangen. Ihre Methoden schreckten nicht vor Attentaten, subversiver Infiltration und militärischer Intervention zurück. Aber weder die eindeutige Völkerrechtswidrigkeit ihrer Aktivitäten noch ihre Erfolglosigkeit haben sie zu einem Umdenken und zivilisierten Umgang mit ihrem Nachbarn Kuba bewegen können. In der Generalversammlung der UNO sind sie schon seit langem vollkommen isoliert mit ihrer Handels- und Wirtschaftsblockade und werden nur begleitet von Israel und ein, zwei Kleinststaaten. Präsident Trump nutzt jede Gelegenheit, die leichten Lockerungen der Obama-Administration in den Beziehungen zu Kuba rückgängig zu machen und der kubanischen Wirtschaft Schaden zuzufügen. Dabei erstrecken die USA ihre Maßnahmen und Verbote auch auf dritte Staaten, unbeeindruckt von der offensichtlichen Rechtswidrigkeit dieser Drittwirkung.

Das Kreuzfahrtschiff MS Braemar im Hafen von Havanna
Das Kreuzfahrtschiff MS Braemar im Hafen von Havanna
Foto: Granma / Ricardo López Hevia


So verbot Trump vor fast einem Jahr allen Kreuzfahrtschiffen, kubanische Häfen anzulaufen, um auch diesen Devisenzufluss zu stoppen. US-Handelsminister Steve Mnuchin rechtfertigte dieses Verbot damit, dass "Kuba zu einer humanitären Katastrophe beiträgt, die die Region destabilisiert." Eine groteske Begründung, wie das Schicksal des britisch-norwegischen Kreuzfahrtschiffs "MS Braemar" einige Wochen danach auch der US-Administration hätte deutlich machen müssen. Das Schiff mit über tausend Menschen an Bord fand keinen Hafen, da sich unter den Passagieren und der Crew etliche Fälle mit Corona-Viren und Grippesymptomen befanden. Alle Regierungen in der Region und ebenso die USA verweigerten der "MS Braemar" ihre Häfen, nur Kuba öffnete seinen Hafen Mariel, um die Kranken zu versorgen.

Die Blockade wurde auch nicht angesichts der Corona-Pandemie gelockert. Eine Sendung mit Schutzmasken, Schnell-Diagnose-Kits, Beatmungsgeräten und medizinischer Schutzkleidung, die aus China von dem Handelskonzern "Alibaba" für verschiedene Länder in Lateinamerika bestimmt war, erreichte alle Länder – nur Kuba nicht. Die USA wussten das zu verhindern. Da fragt man sich allerdings, welche Regierung hier zu einer "humanitären Katastrophe" beiträgt. Die US-Regierung verbietet nicht nur die Lieferung medizinischer Güter nach Kuba, sondern verhindert auch die Ausfuhr eines in Kuba entwickelten Medikamentes, Interferon ALFA 2B, welches bei der Bekämpfung der Virusinfektion bereits erfolgreich getestet worden ist.

Die jüngste Attacke der Trump-Administration richtet sich gegen den spanischen Meliá Konzern, der einige Hotels auf Kuba betreibt. Schon Ende 2019 war dem Vizepräsidenten der Hotelkette vom US-Außenministerium mitgeteilt worden, dass er nicht mehr in die USA einreisen dürfe. Nun ist das Einreiseverbot auf die Ehepartner, enge Verwandte und minderjährige Kinder der gesamten Führung des Konzerns erstreckt worden. Inzwischen ist bekannt geworden, dass auch Vertreter der Hotelkette "NH", der Buchungsportale "Trivago" und "Booking.com", sowie Manager der Banken "BBVA" und "Société Générale" von dem Verbot betroffen sind. Rechtliche Grundlage dafür bietet der 1996 erlassene "Helms-Burton-Act". Nach seinem Dritten Teil können Exilkubaner oder US-Bürger in den USA gegen ausländische Personen oder Firmen klagen, die auf Grundstücken der jetzt in den USA lebenden früheren Eigentümer geschäftlich tätig sind, die nach der Revolution enteignet worden sind. Nach US-amerikanischem Recht kann das US-Außenministerium sowieso ohne Rechtsverfahren ausländische Personen und Firmen auf eine schwarze Liste setzen, die auf oder mit dem ehemaligen Eigentum enteigneter US-Bürger ihre Geschäfte betreiben.

Nun hatten die Nachfahren der Großgrundbesitzerfamilie Sanchez Hill gegen die Hotelkette Meliá geklagt, da ihre Hotels u. a. auf dem ehemaligen Grundbesitz der Hills liegen. Allerdings haben sowohl das Gericht in Palma de Mallorca wie das Bezirksgericht in Florida die Klagen aus unterschiedlichen Gründen abgewiesen. Das beeinflusste das Einreiseverbot des Außenministeriums dennoch nicht.

Grundsätzlich kann ein Staat seine Handelsbeziehungen und Einreiseregeln selbst bestimmen. So sind Embargo- und Boykottmaßnahmen nicht von vornherein rechtlich verboten. Sie haben aber einige internationale Regeln einzuhalten, sie müssen z. B. verhältnismäßig sein. D. h., die Wirkungen der Maßnahmen, die sie auf den betroffenen Staat und die Menschen ausüben, dürfen nicht außer Verhältnis zu den Zielen sein, die mit ihnen erreicht werden sollen. Ein "regime change", wie er ganz offen von den USA verfolgt wird, ist jedoch kein zulässiges Ziel und daher rechtswidrig. Dieses wurde mit den alljährlichen Resolutionen der UN-Generalversammlung gegen die USA immer wieder bestätigt. Auch eine extraterritoriale Wirkung der Boykottmaßnahmen, wie das Landungsverbot von Kreuzfahrtschiffen oder Einreiseverbote, ist rechtswidrig. Das hat der Europäische Rat mit seiner Verordnung 2271/96 vom November 1996 sogar verstärkt. Er sagt unzweideutig, dass die exterritoriale Wirkung illegal ist und von der EU nicht anerkannt wird. Er verbietet sogar europäischen Firmen die Befolgung derartiger rechtswidriger Boykottmaßnahmen und verweist sie auf mögliche Schadensersatzklagen. Leider ein stumpfes Schwert, da die Chancen, den evtl. zuerkannten Schadensersatz in den USA auch einzutreiben, gleich null ist. Die Unternehmen unterwerfen sich lieber der US-amerikanischen Willkür.

CUBA LIBRE Prof. Dr. Norman Paech

CUBA LIBRE 3-2020