Seit einem halben Jahrzehnt organisiert die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba gemeinsam mit der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) das Proyecto Tamara Bunke. Das Proyecto bietet jungen Menschen nicht nur die Möglichkeit, ein gutes halbes Jahr lang das sozialistische Kuba zu erleben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Proyecto, die "Bunkisten", kommen dabei auch mit besonderen Menschen und Veranstaltungen in Kontakt. In jeder Ausgabe der CL berichten die Bunkisten von ihren Erlebnissen, welche im Übrigen auf www.berichteaushavanna.de ausführlich nachzulesen sind. |
Zwischen dem 1. und 3. November 2019 fand in Havanna im Kongresspalast die "III. Antiimperialistische Konferenz für Solidarität, Demokratie und gegen Neoliberalismus" statt. Der Präsident des Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP), Fernando Gonzáles, eröffnete die Veranstaltung mit den Worten: "Wir sind zu diesem Treffen im Rahmen des 500. Jahrestages der Gründung von Havanna zusammengekommen, um uns in einer breiten Kraft der Solidarität mit Kuba zu vereinen." Mehr als 1.300 TeilnehmerInnen aus über 95 Länder haben an dieser Konferenz teilgenommen. Für internationale Solidaritätsbotschaften wurde auf dem Event großzügig Zeit eingeplant. Als Fazit der Konferenz wurde ein 61 Punkte starker Aktionsplan ausgearbeitet, der Friedens- und Solidaritätsbewegungen und ihren Kampf gegen Imperialismus und Neoliberalismus weltweit stärken soll.
Herausforderungen der Linken
Die aktuellen Herausforderungen der progressiven Kräfte wurden thematisiert. Ein oft genanntes Thema war die Nutzung der Sozialen Netzwerke und der Medien, da dieser Bereich heutzutage mit über 90 Prozent von den größten Monopolen eingenommen wird. Zudem wurde als Antwort auf die neue Phase des Neoliberalismus der stärkere Einbezug von digitalen Netzwerken zur effektiveren Koordinierung der sozialen Kämpfe vorgebracht. Es wurde auch die Wichtigkeit betont, die feministischen, antirassistischen und ökologischen Kämpfe nicht von der Klassenfrage abzukoppeln, da alle diese Probleme denselben Ursprung haben: den Kapitalismus.
Globaler Kontext – Internationalismus
Für die Freilassung des seit über einem Jahr zu Unrecht zu einer Gefängnisstrafe verurteilten Luiz Ignacio Lula da Silva wurden in Kuba innerhalb von 14 Tagen über zwei Millionen Unterschriften gesammelt. Die Unterschriften wurden auf der Konferenz der brasilianischen Delegation überreicht. Überraschenderweise wurde Lula da Silva am achten November 2019 nach 580 Tagen Haft unter großem Jubel freigelassen.
Im Rahmen der Konferenz gab es weitere bewegende Berichte, unter anderem über die aktuelle Situation in Nicaragua, Argentinien, Chile und Honduras.
Die erfolgreichen Wahlergebnisse von Evo Morales wurden erwähnt und sogleich eine Solidaritätsbotschaft an den plurinationalen Staat Bolivien versandt. Leider hat sich die Situation Boliviens nur wenige Tage nach der Konferenz rapide verändert. Am zehnten November 2019 kam es in Bolivien zu einem Putsch, welcher den legitimen Präsidenten der Nation dazu zwang, zu fliehen, um so das Leben seiner Familie, seines Volkes und auch sein eigenes zu schützen.
An der Konferenz fanden während zwei Tagen sechs verschiedene Kommissionen zu Kulturkrieg, Solidarität, Freihandel, Jugend, Identität und Demokratie statt. Außerdem gab es auch zu weiteren Themen Vorträge, Debatten und Diskussionen. Am letzten Tag wurden diese zusammengetragen und es entstanden schlussendlich die 61 Punkte des Aktionsplans.
Kommissionen
Es wurde deutlich, dass das Internet, welches die Jugend stark beeinflusst, stärker mit Vorsicht und kritisch genutzt werden muss. Zusätzlich sollten nicht nur Jugendliche und progressive Kräfte dadurch erreicht werden, sondern auch Friedens- und humanistische Bewegungen. In diesem Kampf sollen uns gleiche Werte führen, um das Ziel zu realisieren, eine stärkere Position in der Verteidigung des Friedens zu gewährleisten. Wir müssen uns eingestehen, dass wir uns in einer Zeit des digitalen Krieges durch Desinformationen befinden. Influencer sollten die sozialen Plattformen mehr nutzen, um durch Aufklärungsarbeit auf aktuelle Geschehnisse weltweit aufmerksam zu machen, das Bewusstsein der Massen zu erreichen.
Kontinuierlich sollten die Jugendlichen unter anderem vermehrt in die Solidaritätsarbeit eingebettet und integriert werden. Die Kämpfe müssen besser koordiniert, zudem die Bildung von Assoziationen und Allianzen gestärkt werden. Die Kriminalisierung von führenden sozialen Bewegungen muss aufgezeigt werden. Der ökonomische Prozess der Ausbeutung von Ressourcen und Menschen als Teil des Freihandels muss als neoliberale Ideologie aufgezeigt und bekämpft werden. Ebenfalls muss die Okkupation von Territorien in Drittweltländern – im speziellen Lateinamerika, Afrika und Asien – thematisiert und konfrontiert werden. Die Anerkennung der Vielseitigkeit von Integrationsbewegungen darf dabei nicht in Vergessenheit geraten.
Kultur ist ein Bestandteil jeder Gesellschaft, die Vereinnahmung der Kultur durch den Kolonialismus muss sichtbar gemacht werden. Dialoge zwischen den Völkern müssen vom Gedanken, dass Kultur auch ein Produzent von Identität ist, geleitet werden. Die von neoliberalen Regierungen eingesetzte Desinformation nimmt rasant an Fahrt zu. Dazu nützen uns digitale Plattformen, um die gemeinsamen Kämpfe zu vernetzen und den Separationsbestrebungen entgegenzuwirken. Hilfreich dafür wären Studienzentren zur Bildung von kulturellen und politischen Medien, um die Kommunikation zu vervielfachen. Andere wirksame Mittel sind Solidaritätsbrigaden und Veranstaltungen mit Völkern, welche unter den Angriffen des Imperialismus stehen und leiden.
Politische- und Massenorganisationen sollten über die kubanische Realität Informationen verbreiten. Gegen die völkerrechtswidrige Blockade gegen Kuba und das Helms-Burton-Gesetz sollten verstärkt international wahrnehmbare Mobilisierungen entwickelt werden.
Die Kritik an der fortschreitenden Militarisierung der Gesellschaft und Verletzung nationaler Souveränitäten durch Militärstützpunkte ist ebenfalls ein Teil des gemeinsamen und internationalistischen Kampfes. Mit täglicher Agitation auf der Straße und in den Kommunen kann dieser antiimperialistische Einfluss verstärkt werden.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf verschiedene internationale Kongresse in den nächsten zwei Jahren aufmerksam machen: Im Aktionsplan heißt es, dass 2020 zum Jahr einer "Offensive der Völker für Demokratie und gegen Neoliberalismus" werden soll. So soll es Ende Mai eine weltweite Aktionswoche unter dem Motto "Nein zum Imperialismus, Ja zum Leben" geben. Schon der vergangene 16. November 2019 wurde zum "Internationalen Tag des Protestes gegen die US-Blockade" ausgerufen. Die europäischen Kuba-Solidaritätsgruppen haben verabredet, vom 16. bis 19. Juli 2020 in Russland zusammenzukommen, um ihre Arbeit zu koordinieren.
Am Sonntag bei der letzten Sitzung waren viele Minister, ehemalige Präsidenten aus verschiedenen Ländern und Vertreter von kubanischen Massenorganisationen präsent. Die Konferenz wurde mit den Abschlussreden der Präsidenten Miguel Díaz-Canel (Kuba) und Nicolás Maduro (Venezuela) und in Anwesenheit des ersten Sekretärs der KP Kubas, Raúl Castro, beendet.
Die starke Solidarität von Menschen aus allen Teilen der Welt zu spüren, gab uns einen neuen Wind und festigte unseren Kampfgeist. Es stach erneut hervor, welche Wichtigkeit die Vernetzung hat: um zu verstehen, was in anderen Ländern passiert, um unsere Kämpfe zu vereinen. Vernetzt zu sein, kann uns Rückhalt, neue Perspektiven und Strategien ermöglichen. Die Macht der Konzerne und die stark verbreitete Desinformation darf unsere Solidarität nicht in die Knie zwingen. Wir müssen trotz unserer Unterschiede, Differenzen und verschiedener Herangehensweisen vernetzt und solidarisch miteinander sein.
Eine bessere Welt ist möglich!
"Seguiremos y venceremos!"
Deniz Killi (Basel) für das Proyecto Tamara Bunke
CUBA LIBRE 2-2020