Venezuela:
Frontlinie im Kampf gegen den Imperialismus

Wie sich die politische Lage in Lateinamerika im Augenblick verändert, stand zweifellos nicht im Drehbuch Washingtons. Die neoliberale, antikommunistische Welle mit Bolsonaro in Brasil, Macri in Argentinien, Peña Nieto in México, Duque in Kolumbien, Moreno in Ecuador und Piñera in Chile, um nur einige zu nennen, kommt durch massive Volksbewegungen ins Wanken. Der Pazifik-Pakt (Méxiko, Costa Rica, Kolumbien, Chile und Peru), den die USA gegen den ALBA-Bund aufbauen wollten, steht - nach der Wahlniederlage in México und erheblichen Schwächen der restlichen Präsidenten - nur noch auf dem Papier.

Der Kampf in ganz Lateinamerika bleibt schwierig, aber es lohnt sich, Widerstand zu leisten und der Erfolg ist wieder sichtbar.

In Bezug auf Venezuela trat John Bolton, der von Trump abgesetzte Leiter des nationalen Sicherheitsrates der USA, vor die Öffentlichkeit und sagte deutlich: "Wir zielen auf einen Regimewechsel in Venezuela ab, um unsere eigenen Aktivitäten zur Ölförderung im Land zu verstärken. Davon profitieren die amerikanischen Ölfirmen." Da wird nichts verschleiert, so sicher sind sie sich ihrer Vorherrschaft im sogenannten "Hinterhof".

Aber bei diesem "Game of Thrones" verlor Bolton seinen Posten und Präsident Maduro geht weiter den Regierungsgeschäften nach.

Jedoch ähnlich wie im Irak gibt es andere geopolitische Themen. Venezuela ist mit Kuba dieser Motor des fortschrittlichen Lateinamerikas. Es hat Lateinamerika und den Karibischen Inseln wirklich geholfen, trotz der US-Blockade aus ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage herauszukommen, in der sie sich befanden.

Es brachte das voran, was heute als progressive Welle bekannt ist, aus der verschiedene fortschrittliche Regierungen hervorgegangen sind. Es gab aber auch Rückschläge wie mit Lula und Dilma Roussef. Das Gleiche gilt für Rafael Correa, den progressiven Vorreiter in Ecuador. Die Kirchners in Argentinien standen unter ähnlicher Beobachtung. Und dann diese direkten Putschversuche in Venezuela, Nicaragua und jetzt Bolivien, im Herzen Lateinamerikas.

Es geht also auch um geopolitische Aspekte für die USA.

Die Strategie der USA war bisher die Drohung mit einem militärischen Eingreifen, um einen Blitzcoup in diesen Ländern durchzuführen. Sie dachten, dass die Regierung von Nicolas Maduro, der in Venezuela von Millionen legitim gewählt wurde, von alleine zusammenstürzen würde. Sie glaubten, dass der Präsident Maduro innerhalb weniger Wochen von der Bildfläche verschwinden würde. Sie gingen davon aus, dass ihr "selbsternannter Präsident" Juan Guaido wegen der schlechten Wirtschaftslage in wenigen Tagen im Präsidentenpalast Miraflores sitzen würde.

Es funktionierte aber nicht, weil man die Regierung und ihre massive Basis in der Bevölkerung unterschätzte. Es gibt alle paar Tage große Kundgebungen und die Leute stehen wirklich hinter dieser Regierung, trotz sichtbarer Kritik. Und dann überschätzte Washington diesen "selbsternannten" Juan Guaido und die Opposition und merkte nicht, dass er von einer Partei kommt, die bei den Wahlen nur 7 Prozent bekam und nicht einmal in der Opposition sehr populär ist.

So durchlief der aktuelle Putsch verschiedene Phasen. Eine der wichtigsten war der 23. Februar, als die Opposition versuchte, Lastwagen mit US-Hilfslieferungen von Kolumbien aus über die Grenze zu bringen. Sie schafften es nicht und verbrannten dann ihre eigenen Hilfslieferungen, die auch bewiesenermaßen Kriegsmaterial für Sabotagen und Angriffe auf die Streitkräfte einschlossen.

Guaido wollte daraufhin auf eine Tour durch Europa gehen, aber die USA sagten: Nein, Sie bleiben im Land und nutzen diese Lage für sich. Und so begann Guaido durch das Land zu reisen und zu versuchen, die Leute zu bewegen, Kundgebungen durchzuführen. Diese bleiben aber bis jetzt aus und man hat von der Opposition nicht viel gesehen, im Gegensatz zu dem, was in deutschen Medien immer wieder berichtet wird.

Und so kommt Anfang März eine gewisse Verzweiflung auf. Russland beginnt, die Präsenz vor Ort zu verstärken. China und Russland verteidigen die Bolivarische Regierung vor dem UN-Sicherheitsrat. Das macht es sehr schwierig, eine militärische Operation wie in Syrien durchzuführen. Die einzigen übrig gebliebenen Mittel sind also Sanktionen und Sabotage.

Am 7.März sprach Senator Marco Rubio, einer mit Miami-kubanischem Hintergrund, ein neokonservativer Republikaner, der sozusagen der Feldherr der venezolanischen Destabilisierung ist, vor dem Senatsausschuss für auswärtige Beziehungen und beteuerte, dass "Venezuela eine Zeit des Leidens bevorsteht, wie wir sie in der modernen Geschichte noch nicht kennen". Gleichzeitig rief er zu weitreichenden Unruhen auf. Fünf Stunden später brach das Wasserkraftwerk am Guri zusammen und 21 Bundesländer - einschließlich der Hauptstadt Caracas - waren tagelang ohne Energieversorgung. Die Venezolaner verstanden das als eine Art Krieg gegen ihr Land, der mit dem Wirtschaftskrieg einherging. Die Mehrheit der Bevölkerung war sich sicher, dass das eine Folge der Sabotage war und die Menschen mobilisierten sich zu Fuß, um ihr tägliches Leben aufrecht zu erhalten. Sie betrachteten es als eine Art der antiimperialistischen Resistenz. Deshalb konnte die Opposition, entgegen der US-Pläne, die Stromausfälle nicht für sich nutzen.

Und dann kamen die US-Sanktionen hinzu, die im Grunde verhindern, dass sich eine Wirtschaft mit Hyperinflation erholen kann. Die USA werden die Wirtschaft weiter einschränken, das Leben der Venezolaner noch viel schlimmer machen. Aber wir sind sicher, dass es trotz der großen Schwierigkeiten und Leiden den USA nicht gelingen wird, den Widerstand zu brechen.

Venezuela: Verteidigung der Souver&aml;nität

Venezuela: Verteidigung der Souver&aml;nität und das Recht, weiterhin ein freies und unabhängiges Land zu sein
Foto: AVM



Einmal mehr wurde die Regierung unterschätzt und diese schaffte es, Erdöl an neue Abnehmer wie Indien zu verkaufen - was an den Ereignissen in Venezuela am interessantesten ist, und es entspricht etwa dem, was wir in Syrien gesehen haben. Es ist diese Art von neuer Weltordnung, wo Länder, wie die Türkei, Iran, Russland, China und die meisten afrikanischen Staaten, sich den USA widersetzten und Venezuela unterstützten. Mit dieser neuen Mehrheit wurde Venezuela vor kurzem wieder, entgegen allen Manövern der USA, mit 105 Stimmen in den UN-Menschenrechtsrat gewählt, was die ganze Propaganda und Argumentation der angeblichen internationalen Isolation Venezuelas zunichte machte.



Russland unterstützte Venezuela direkt. Venezuela ist also in diesem Moment eine Art Frontlinie im Kampf gegen den US-Imperialismus. China fördert auch im zunehmenden Maße die beiderseitige strategische Zusammenarbeit.

Als Teil des modernen Krieges der fünften Generation sind die bürgerlichen Medien in der Welt gleichgeschaltet. Sie unterscheiden sich kaum in ihrer Berichterstattung. Die Korrespondenten werden immer mehr zu Sprachrohren des nationalen Sicherheitsstaates. Die Berichterstatter befinden sich scheinbar im Wettstreit darum, wer die venezolanische Regierung mehr verteufelt, kombiniert mit dem Thema Wirtschaftskrise, damit man von einer humanitären Katastrophe sprechen kann, was darauf abzielt, einen politischen Raum für eine potentielle Militärintervention der NATO zu schaffen.

Die geheuchelte humanitäre Krise wird durch die Sanktionen bloßgelegt, über die die westlichen Medien kaum berichten. Eines der schockierensten Dinge, die man über Venezuela lesen kann, ist die "fake news", dass die Sanktionen nur Mitglieder des inneren Kreises um Maduro herum treffen würden, nicht die allgemeine Bevölkerung. Das stimmt einfach nicht, da es der Regierung verwehrt wird, sowohl Nachschub für die Kraftwerke als auch Medikamente zu kaufen. Ein Großteil der Lebensmittel wird importiert, was das Land in eine wirklich schwierige Lage bringt. Venezuela ist ein Erdölstaat. Die Agrarwirtschaft ist noch zu schwach, um die Nahrungssouveränität zu gewährleisten.

Es ist ein weiteres innenpolitisches Thema, das debattiert wird: Wie wird die Gesellschaft umstrukturiert, damit wir den Kampf um die Nahrungsmittel gewinnen können?

Nach kurzzeitlichen Schwierigkeiten hat die Regierung Maduros die Situation fest in der Hand, mit Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung, der geschlossenen Einheit der Streitkräfte und der internationalen Solidarität und Zusammenarbeit. Für 2020 sind Parlamentswahlen geplant, bei denen die Mehrheitsverhältnisse demokratisch gemessen werden.

Der Kampf geht weiter. Venceremos!

CUBA LIBRE Dr. Carolus Wimmer, Vorsitzender des Internationalen Solidaritätskommittees COSI-Venezuela

CUBA LIBRE 1-2020