Bemerkungen zu einer politischen Einordnung der Reise des Forschers anlässlich seines 250. Geburtstages
Im Verlaufe seiner fünf Jahre dauernden Amerika–Reise (damals noch Nueva Espania) von 1799 bis 1804 hielt sich Alexander von Humboldt zwei Mal auf Kuba auf.
Am 19. Dezember 1800 landete Humboldt vom heutigen Venezuela kommend in Habana. Seine umfangreichen Kontakte konzentrierten sich auf die kreolische Oligarchie und die Repräsentanten der Kolonialverwaltung. Danach besuchte er die Stadt Trinidad und bereiste bis zum 15. 3. 1801 das Innere der Insel, machte sich mit dem Leben auf mehreren Haciendas des Zucker- und Kaffeeanbaus bekannt. Tiefgründig und präzise analysierte er das Dasein der in der Sklaverei lebenden Kreolen. Die Beschäftigung mit dem Joch der auf Kuba von einheimischen Eliten der imperialen Kolonialmacht gepeinigten Menschen führte zu einer Änderung des Reiseplanes: Nicht mehr nach Mexico und dann zu den Philippinen sollte es gehen, sondern zurück nach Lateinamerika.
Der zweite Besuch erfolgte nach dem Aufenthalt in Mexico und dauerte nur etwa einen Monat (19. 3. bis 17. 4. 1804). Neben zahlreichen Gesprächen und weiteren Studien ist besonders sein Vortrag in der "Ökonomischen Gesellschaft der Landes" bemerkenswert, der sich auf sein wissenschaftliches Gutachten über den Cerro de Guanabacoa bei Habana bezog.
Humboldts Forschung verändert die Welt
Statue von Alexander von Humboldt im gleichnamigen Nationalpark in der Provinz Guantanamo und Holguin |
Über die naturkundlichen, geografischen oder geologischen Forschungen auf Kuba und in anderen Ländern durch Alexander von Humboldt und seinen Begleiter Jaime Bonpland ist viel geschrieben worden. Berühmt wurde der "Messzug" Humboldts: Sextant, Chronometer, Barometer und Thermometer sowie eine Vielzahl von Geräten zur Gasanalyse.
Die wissenschaftlichen Arbeiten und deren Publizierung haben zur Veränderung des Bildes der Welt beigetragen. Einzigartig ist die 34 Bände umfassende große Ausgabe des Werkes: Reise in Äquioktial-Gegenden des Neuen Kontinents (1805 bis 1834).
Die naturkundlichen, geografischen und wirtschaftswissenschaftlichen Studien und Analysen von Alexander von Humboldt zu Kuba sind in seinem "Tagebuch von Habana 1804" und in dem "Essay politique 1826" festgehalten. Der politische Wissenschaftler Alexander von Humboldt gilt mit dem letzteren Essay als wichtigster Gegner der Sklaverei im 19. Jahrhundert (siehe auch Michael Zeuske : Alexander von Humboldt, die Sklaverei in den Amerikas und das "Tagebuch Havanna 1804", Leipzig, 30. August 2016)
Die Darstellung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation dieser Zeit in den Zucker- und Kaffeeplantagen ist auch aus heutiger Sicht einzigartig gelungen. Die Positionen von Alexander von Humboldt zu den zu Beginn des 19. Jahrhunderts herannahenden gesellschaftlichen Veränderungen auf Kuba und in Lateinamerika waren und sind besonders in mehreren Ebenen von bleibender Bedeutung:
1. Er lebte, obwohl von Geburt Baron Alexander von Humboldt, als Gleicher unter Gleichen bei all seinen Reisen, sei es auf Kuba, in Venezuela, Mexico und anderen Ländern des Nueva Espania und folgte humanitären Grundsätzen wie: "Wir haben als Menschen die Pflicht, Jedermann Gutes zu tun" ("Briefe über die Vaterlandsliebe von Friedrich dem Großen").
2. Alexander von Humboldt unterstützte bedingungslos die vor 200 Jahren in blutigen Befreiungskriegen erreichte Unabhängigkeit der Länder Lateinamerikas.
3. Er verurteilte mehrfach sehr hart und direkt die damals auf Kuba und dem Kontinent imperial gefestigte Sklaverei und den Menschenhandel. Unter dem Eindruck des Befreiungskrieges der Sklaven in Haiti unter F. D. Toussaint (1791 bis 1801) warnte er vor einer blutigen Katastrophe einer Sklavenrevolution.
Was ist heute noch von Humboldt auf dieser Insel geblieben?
Neben dem dauerhaft wissenschaftlichen Wert der Arbeiten des "zweiten Entdeckers" der Isla de Cuba bleibt sein Ruf als "Förderer der Unabhängigkeit". Die vor Jahrhunderten erfolgte Befreiung Lateinamerikas ist auch vom Wirken Alexander von Humboldt mitgeprägt worden. Für die damals entstehenden Staaten Lateinamerikas, die Humboldt mit seinen Publikationen beschrieb, war dies ein Bestandteil der Nationenbildung.
Auf Kuba sind als Zeichen der Verehrung ein "Nationalpark Alexander von Humboldt" eine "Casa Humboldt" in Alt-Havanna und viele andere Monumente zu finden.
Das Wirken von Alexander von Humboldt hat auch dazu beigetragen, dass Kuba und die anderen Völker Lateinamerikas ein Leben in Unabhängigkeit, Frieden, Gerechtigkeit und Würde einfordern und "das nicht das Unterschiedliche diesen Kontinent prägt, sondern die Einheit der Völker Amerikas" (Laura Medina. La Vigencia del pensamiento de Alexandr de Humboldt en las revoluciones del Siglo XXI en America Latina, Humboldt-Forum, 16.2.2016)
Dr. rer. nat Winfried Hansch
CUBA LIBRE 4-2019