Dokumentiert:
Zweifellos war Fidel der wichtigste Politiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika. Bewunderer und Kritiker sind sich einig über die Höhe seines Genies. Dem Führer der Kubanischen Revolution gelang es, mit seiner Persönlichkeit die Nachteile auszugleichen, die Kuba auf der Weltbühne zu einer zweitrangigen Position zu verurteilen schienen.
Seine politische Tätigkeit muss mit dem Erbe des radikalen kubanischen Nationalismus verbunden werden, der im 19. Jahrhundert im Kampf gegen den spanischen Kolonialismus entstand und der seit Anfang des letzten Jahrhunderts in Konflikt mit der neokolonialen Ordnung geriet, die der Insel von den Vereinigten Staaten aufgezwungen wurde. Fidel selbst wurde Teil des großen Triptychons der kubanischen Befreier, zusammen mit Persönlichkeiten wie José Martí und Julio Antonio Mella.
Das Markenzeichen des politischen Projekts Fidels – das sich seit seiner Studienzeit an der Universität von Havanna entwickelte – war die Übereinstimmung zwischen dem Kampf um nationale Souveränität und dem um soziale Gerechtigkeit. Von dieser Plattform aus forderte Fidel gleichzeitig die kubanische Oligarchie und den US-Imperialismus heraus. Seine klare Erkenntnis der empörenden Situation, in der die größte Antillen-Insel Ende der 1950er Jahre lebte, löste eine Bewegung aus, die sich schrittweise radikalisierte, nachdem sie im Januar 1959 an die Macht gekommen war, bis sie dem Land einen antikapitalistischen Weg der Entwicklung vorschlug. Unter Leitung des Kommandanten der Bärte, vereint mit seinem Volk, wurde der Sozialismus in Amerika eine bis heute unbesiegte Bastion.
Fidels unermüdliche Aktivität prägte fast fünf Jahrzehnte lang tagtäglich das Leben Kubas. Mit seinem Wirken gelang es der karibischen Insel, wie Eduardo Galeano sagen würde, die am wenigsten ungerechte Gesellschaft in Lateinamerika aufzubauen, und bestätigte damit die Idee – nur 90 Meilen vom allmächtigen Imperium entfernt –, dass eine Alternative zum Kapitalismus möglich ist. Natürlich war die praktische Politik Fidels nicht frei von Irrtümern, aber seine Größe als Staatsmann zeigte sich auch in der Fähigkeit, Misserfolge selbstkritisch zu erkennen, sie zu überdenken und neu anzusetzen. Der sozialistische Weg zum Kommunismus, eine heroische Schöpfung wie es Mariátegui (peruanischer marxistischer Journalist, 1894–1930) ausdrückte, wird immer Politiker wie Fidel brauchen, die in der Lage sind, das strategische Ziel im Auge zu behalten, ohne auf große taktische Manövrierfähigkeit zu verzichten.
Fidels Größe war so herausragend, dass er von seinen frühesten politischen Anfängen an die Bedeutung seiner kleinen Insel übertraf. An der Spitze der Revolution wurde er zum führenden Repräsentanten der Interessen der benachteiligten Dritten Welt – wie oft riss er die verschiedensten Auditorien mit, wenn sie die unwiderlegbaren Wahrheiten hörten, die er mit Nachdruck immer wieder vortrug! Die Kritik an den Mechanismen der Ausbeutung, mit denen das kapitalistische Regime die Entwicklung des "Zentrums" auf Kosten der "Peripherie" garantiert, war eine Konstante bei seinen Reden vor internationalen Foren. Denken Sie, um nur ein Beispiel zu nennen, an Fidels Rolle im Kampf gegen die Zahlung der unrechtmäßigen Auslandsschulden.
Sein herausragendster Beitrag auf der internationalen Bühne war jedoch sein unbedingtes Eintreten für den Internationalismus. In der Kubanischen Revolution und seiner Führung verkörperte er die Aussage von Marx und Engels, dass die Ketten, die den anderen unterdrücken, als die eigenen zu verstehen sind. Aus dieser Perspektive hatte Kuba keine Bedenken, die nationalen Befreiungsbewegungen weltweit solidarisch zu unterstützen. In diesem Prozess wurden so brillante Seiten wie der heldenhafte kubanische Einsatz in Angola geschrieben, der entscheidend zur Unabhängigkeit Namibias und zum Zusammenbruch der Apartheid beigetragen hat.
Ebenso kann man nicht von Fidel sprechen, ohne auf seine Rolle als Initiator von Programmen der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Bildung hinzuweisen, die weiterhin in Kraft sind. Zehntausenden Menschen auf diesem Planeten wurden dank der Tätigkeit eines kubanischen Arztes oder Lehrers ihr Leben gerettet oder haben das Licht der Erkenntnis genossen. In jedem dieser Helfer, den Botschaftern der Solidarität, war Fidel.
Eines der Themen, das in den nach dem 25. November 2016 aufgeworfenen Debatten an Stärke gewonnen hat, ist die Bedeutung des Kommandanten im Hinblick auf die neue Generation von Kubanern, die vor der Herausforderung steht, die Revolution aus eigener Kraft fortzuführen. Dies ist ein spannendes Thema, denn es befasst sich intensiv mit der Komplexität des heutigen Kubas und beeinflusst die Zukunft der Nation.
Die unbeugsame Karibikinsel befindet sich derzeit in einem Prozess der intensiven Erneuerung, in dem die in der Vergangenheit verwurzelten Praktiken mit den neuen sich entwickelnden Realitäten zusammenstoßen. In diesem Szenario, das unter anderem durch das physische Verschwinden der historischen Führung gekennzeichnet ist, entsteht ein neuer politischer Konsens, an dem junge Menschen hervorragend Teil haben. Ein bedeutender Kern dieser unruhigen Jugend bindet sich an die Werte der Revolution und setzt auf eine Anwendung von Fidels Erbe auf die Zeit, in der wir leben. Sie haben dialektisch die Konzepte und die Praxis Fidels übernommen, um selbst zu Protagonisten eines Prozesses des kollektiven Aufbaus zu werden, in dem die nationale Souveränität und die soziale Gerechtigkeit weiterhin die Hauptachsen sind. Diese Jugend, die den Slogan "I am Fidel" als Maxime aufgenommen hat, hat die Aufgabe, eine hegemoniale Kraft im Rahmen des Entwurfs einer besseren sozialistischen Gesellschaft zu werden. Sie muss in der Lage sein, an das einzigartige Projekt des 21. Jahrhunderts anzukoppeln, an das subversive Projekt, das vor sechzig Jahren aus der Hand des Kommandanten siegreich in die Geschichte einging.
Da er sein Lebenswerk so gut erfüllt hat, ist der Tod für Fidel nicht wirklich. Er lebt in der ständigen Verurteilung der Exzesse des Kapitalismus – eines Regimes, das in seiner Irrationalität den Planeten tödlich verwundet hat und das uns in die Situation einer vom Aussterben bedrohten Art gebracht hat – er lebt auch im weiteren Fortschreiten der Kubanischen Revolution, im Streben der Völker nach Freiheit und im Gedenken an Menschen guten Willens, die glauben, dass eine bessere Welt möglich und notwendig ist.
Dieser Beitrag ist eine Dokumentation des Beitrags des Autors auf dem Fidel-Kongreß in Bochum am 18. Mai 2019
Fabio E. Fernández Batista
Übersetzung: Angelika Becker
CUBA LIBRE 3-2019