CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.
Rotation. Foto: Wiljo Heinen |
Die Kommentare westlicher Politiker und Medien zum Verfassungsreferendum in Kuba waren vorhersehbar. Zwei Tage nach Annahme der neuen Magna Charta, erklärte US-Außenminister Mike Pompeo, der »gesamte Prozess« sei »von einem sorgfältig gesteuerten politischen Theater und Unterdrückung der öffentlichen Debatte« geprägt gewesen. Die exilkubanischen Contra-Gruppen nahe stehenden Medien wie die Tageszeitung »Nuevo Herald« in Miami oder das in Madrid erscheinende Onlineportal »Diario de Cuba« stießen erwartungsgemäß in dasselbe Horn. Auch deutschsprachige Medien berichteten im Sinne des US-Außenministers. Vom Mainstream abweichende Stimmen blieben die Ausnahme. So resümierte das »Handelsblatt« immerhin: »Der letzte kommunistische Vorposten der westlichen Welt wird mit dem neuen Grundgesetz ein klein wenig demokratischer und moderner.« Die »Süddeutsche Zeitung« kommentierte die zahlreichen, in der Volksaussprache durchgesetzten Änderungen am ersten Entwurf mit der Feststellung: »Es war auch ein Lehrstück über die Tücken von demokratischen Prozessen.«
KAS und Spiegel im Gleichklang
Die meisten Medien blieben ihrer Linie in der Kuba-Berichterstattung jedoch treu. Die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU hatte schon vor dem Referendum die Stoßrichtung vorgegeben. Tatsächlich gehe es lediglich »um den Versuch der kubanischen Regierung, sich … zu legitimieren«, schrieb Hans-Hartwig Blomeier, Leiter des KAS-Auslandsbüros in Mexiko. »Unabhängig von den Resultaten der Volksabstimmung« werde die Verfassungsreform der Regierung »in Zukunft die Möglichkeit geben, jegliches Hinterfragen des Systems … von sich zu weisen«, warnte der CDU-Mann. Spiegel-Online übernahm den Vorwurf und zitierte den Politikwissenschaftler Bert Hoffmann. »Der Prozess ist von oben so orchestriert worden, dass wirkliche Systemfragen gar nicht erst diskutiert wurden.« Weiter klagt der Professor: »Das ist eine Verfassungsänderung innerhalb eines autoritären, bürokratischen Sozialismus.« Tatsächlich ging es nie um die Beseitigung der sozialistischen Ordnung.
Doch dann präsentiert Spiegel-Online »Yanet, eine Informatikerin aus Havanna«, so als hätte es den Skandal um die Fake-News des Spiegel-Reporters Claas Relotius nie gegeben. »Nach meinem Verständnis war der Prozess nicht komplett demokratisch«, wird die Frau zitiert, deren tatsächliche Existenz ebenso wenig nachprüfbar ist wie die des von Relotius porträtierten »ersten Steuerberaters« auf Kuba. Während Relotius noch an den Pranger kam, weil er Interviewpartner frei erfunden hatte, macht der Spiegel mit der Methode munter weiter. »Personen aus Yanets Umfeld wollen sich zur Verfassung nicht äußern. Sie haben Angst, Probleme mit der Regierung zu bekommen«, heißt es mit klar erkennbarer Intention weiter. Die Überschrift zum Artikel über Kubas neue Verfassung lautete folgerichtig: »Das Märchen vom demokratischen System«.
Der TAZ gebührt der erste Platz
Verglichen mit der »TAZ«, die nie fehlt, wenn es gegen Kuba und den Sozialismus geht, gebührt dem Spiegel diesmal jedoch nur der zweite Platz. In einem Vorbericht zum Referendums lässt TAZ-Autor Knut Henkel unter anderem Alida León, die Präsidentin der homophoben »Evangelikalen Liga Kubas«, erklären, warum sie gegen die Verfassung stimmt. Das werde, so Henkel, »von der Regierung alles andere als gern gesehen «. Seine weiteren Zeugen sind »Aktivisten« der »Unión Pátriotica de Cuba«, die festgenommen worden seien, weil sie »sich öffentlich gegen die neue Verfassung ausgesprochen hatten«. Henkel unterschlägt, dass diese Organisation 2011 mit Hilfe der US-Dienste USAID und CIA aufgebaut wurde. Ihr Hauptsponsor ist die mit US-Regierungsgeldern finanzierte »Fundación Nacional Cubano Americana« in Miami, die sich 1997 zu einer Serie von Bombenanschlägen auf kubanische Hotels bekannt hatte. Auch bei seiner nächsten Zeugin, der in Miami lebenden Systemgegnerin Rosa María Payá, unterschlägt der TAZ-Autor Informationen. Ihr Vater Oswaldo Payá, der für »ein wirkliches Referendum … geworben« habe, sei »bei einem dubiosen Verkehrsunfall ums Leben gekommen«, macht Henkel sich die Propaganda von Contras und US-Geheimdiensten zu eigen. Er verschweigt, dass Payá bei einem Unfall getötet wurde, der 2012 von Ángel Carromero, einem Geldkurier der postfranquistischen spanischen »Partido Popular«, verschuldet wurde. Wie der vom spanischen Botschafter als fair bezeichnete Prozess ergab, war Carromero ohne Führerschein gefahren und wegen überhöhter Geschwindigkeit auf Weg zu Rosa María Payá von der Straße abgekommen. Im Gepäck hatte der PP-Agent 4000 Dollar für den Aufbau einer Contragruppe.
Volker Hermsdorf
CUBA LIBRE 2-2019