Kuba auf dem 20. Pressefest der UZ

Über 40.000 Besucher erlebten vom 7.–9. September im Revierpark Dortmund-Wischlingen ein fast gänzlich regenfreies, überwiegend sonniges Pressefest, das von vielen Diskussionsrunden, den unterschiedlichsten Musikdarbietungen und einer Atmosphäre der Solidarität und Internationalität geprägt war. Nicht zufällig nahm dabei Kuba wieder einen besonderen Platz ein – nicht nur in der "Casa Cuba".

"Das Pressefest ist ein Fest der internationalen Solidarität und der Solidarität mit dem sozialistischen Kuba!" bekräftigte am Freitagnachmittag Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, in seiner Eröffnung der Casa Cuba. "Mit dem Entwurf für die neue Verfassung verteidigt und schützt Kuba die Menschenrechte, es wird eine der menschlichsten und besten Verfassungen in der Geschichte der Menschheit sein. Herzlichen Glückwunsch an das kubanische Volk!"

Yenisey Cruz vom Kommunistischen Jugendverbands Kubas

Yenisey Cruz vom Kommunistischen Jugendverband Kubas (UJC) im Gespräch mit Genossen von der SDAJ
Foto: Tom Brenner



Yenisey Cruz, Vorsitzende des Kommunistischen Jugendverbands Kubas (UJC) in der Provinz Artemisa und Mitglied der Nationalversammlung, wollte es sich nicht nehmen lassen, am Ende ihrer Reise durch die BRD "an dieser tollen Veranstaltung" teilzunehmen und die Grüße von elf Millionen Kubanern zu überbringen. Mit Cocktails und den Klängen der Compania Bataclan wurde aus der Eröffnungsveranstaltung eine Fiesta.

Der Sonnabend stand voll im Zeichen der Inhalte, aber auch des Feierns







Volker Hermsdorf stellte seine beiden Biografien über Raúl und Fidel Castro vor.

Die Raúl-Castro-Biografie von Volker Hermsdorf ist die erste deutsche Biografie über ihn. Hermsdorf thematisierte selber, dass es im Gegensatz dazu bereits mehrere Bücher über Fidel Castro gäbe. Warum also noch eine? Er wolle, so betonte er, keine Biografie Castros nachzeichnen, sondern dessen revolutionäre Etappen aufzeigen. Zudem sei die Frage wichtig, was von Fidel bleibe – insbesondere für die Linke in Europa. Fidel war einer der bedeutendsten Männer des 20. Jahrhunderts in einer Reihe mit Lenin und Ho Chi Minh, so Hermsdorf. Er habe das Weltgeschehen maßgeblich beeinflusst. Fidel habe, daran erinnerte Hermsdorf, sein revolutionäres Leben als "Verräter" seiner Klasse begonnen und mit seiner Entscheidung für die kubanische Revolution den Annehmlichkeiten und dem Wohlstand einer bürgerlichen Karriere eine Absage erteilt. Besonders habe ihn die Einheit von Denken und Handeln ausgezeichnet. Ausgeprägt gewesen seien seine Dynamik und seine Prinzipienfestigkeit. Er habe eine Synthese von den Ideen José Martis und dem Marxismus-Leninismus geschaffen. Die Angriff e seiner bürgerlichen Feinde habe Fidel als Bestätigung seiner Wirksamkeit gesehen. Generell sei er kein Mensch des Lamentos gewesen, er habe stattdessen analysiert und überlegt, was zu tun sei.

Zudem zeichnete Hermsdorf die Wendepunkte in Fidels Leben nach. Der erste war der Angriff der Moncada-Kaserne. Fidel konnte Niederlagen in Siege umwandeln. Der zweite Wendepunkt folgte 1959 mit dem Sieg der Revolution und der sofortigen Umsetzung der Versprechen: Einheit von Wort und Tat. Der dritten Wendepunkt folgte mit der Raketenkrise. Bis dahin hatte Fidel noch einen Ausgleich mit den USA gesucht. Fidel war nicht wegen des Abzugs der Raketen erzürnt, aber weil Chruschtschow nicht hart genug verhandelt habe. Zum Beispiel hätte dieser die Rückgabe Guantánamos aushandeln können. Den vierten Wendepunkt stellte der Verrat durch Gorbatschow dar. Fidel hatte das schon frühzeitig analysiert und erkannt. Er erklärte gegenüber GABO (Marquez), dass es eine Katastrophe geben würde. Zu dem Zeitpunkt hätten bürgerliche Linke Gorbatschow noch gefeiert. Auch hier hielt Fidel nicht mit der Wahrheit über die Situation zurück: Bei einer Versammlung der Frauen im Teatro Carlos Marx in Havanna machte er den Frauen erst Komplimente über ihre schönen Kleider. Dann riet er ihnen eindringlich, gut darauf aufzupassen und auch die Schuluniformen der Kinder gut zu pflegen da schwere Zeiten kämen, in denen sie sich keine neuen Kleider kaufen könnten.

Fidel suchte immer den konkreten kubanischen Weg, dabei wies er den sogenannten dritten Weg entschieden zurück (Patria o muerte/socialismo o muerte) Was bleibt? Fidel steht vor allem dafür, dass eine andere Welt möglich sei und damit gegen das neoliberale TINA (There is no alternativ)-Prinzip. Er hat uns gelehrt, dass nicht maximaler Profi t, sondern die Interessen der Menschen im Mittelpunkt stehen müssen skizzierte Hermsdorf die Quintessenz von Fidels Grundprinzipien. Ein Weg, der aber auch von jedem verlange, sich einzubringen. Hermsdorf wies noch auf die Anwendung von Doppelstandards in der westlichen Welt bei der Beurteilung Kubas hin. Während man die kapitalistischen Länder immer nur nach ihren Zielen beurteile, ohne deren (mangelhafte) Umsetzung zu beachten, so werde Kuba immer nur nach den Abweichungen der Realität von seinen Zielen beurteilt und dann als gescheitert betrachtet. Die Unlauterkeit solcher Doppelstandards leuchtete jedem im Publikum ein. Gerade dagegen müsse man angehen. (Siehe auch die Buchrezension in dieser Ausgabe)

Ramón Ignacio Ripoll Díaz, Botschafter der Republik Kuba

Ramón Ignacio Ripoll Díaz, Botschafter der Republik Kuba, mit Petra Wegener, Vorsitzende der FG BRD-Kuba
Foto: Tom Brenner

"Kuba vor dem 60. Jahrestag der Revolution". Ramón Ignacio Ripoll Díaz, Botschafter der Republik Kuba, referierte unter diesem Titel über die aktuellen Entwicklungen in seinem Land.

Der Botschafter sprach über die großen Aufgaben, vor denen Kuba steht. So zeige der Klimawandel auch in Kuba seine Effekte für Umwelt und Menschen. Zudem habe man es mit großen sozialen Herausforderungen zu tun, wie man z. B. die sozialen Sicherungssysteme weiterhin barrierefrei und auf diesem hohen Niveau für alle erhalte. Die schon mit den lineamientos begonnenen Diskussionen um das kubanische Gesellschafts- und Sozialmodell werden sich mit der Diskussion um eine neue Verfassung noch intensivieren. Alle Kubaner seien aufgefordert, den vorliegenden Entwurf bis Ende November zu diskutieren und Änderungsvorschläge zu machen. Für die im Ausland lebenden Kubaner gibt es dafür extra eine spezielle Website. Die Wirtschaft müsse wachsen. Das Problem der Doppelwährung solle im nächsten Jahr in Angriff genommen werden.

Dies alles seien große Herausforderungen für die PCC, die ihre Position behalten werde. Entscheidungen in Kuba seien nicht die einzelner Politiker, sondern die Partei.
Volles Haus in der Casa Cuba
Volles Haus in der Casa Cuba
Foto: Shari Deymann


Auf die Frage aus dem Publikum, wie er zur vorgeschlagenen Streichung des Wortes Kommunismus stehe, antwortete er klar: Auch er als Botschafter dürfe wie jeder kubanische Bürger Vorschläge machen zum Verfassungsentwurf, und er werde die Beibehaltung des Satzes in der Verfassung vorschlagen.

SDAJ: Solidarität mit Kuba

UZ-Pressefest: Solidarität mit Kuba ist selbstverständlich für die SDAJ
Foto: Shari Deymann


Reges Interesse fand auch die Diskussion zum Thema "Demokratie und Subversion in Venezuela" mit dem ehemaligem Schweizer Botschafter in Venezuela, Walter Suter, Natalie Benelli, Europakorrespondentin des New Yorker Women‘s Press Collective, und Carolus Wimmer, Internationaler Sekretär der Kommunistischen Partei Venezuelas. Es moderierte kenntnisreich André Scheer, Auslandschef der "jungen Welt".

Abends erfreute die kubanische Musikerin Nicky Márquez mit ihrem Trio "Y son a 3" die Besucher der Casa Cuba. Konstantin Wecker fand nach seinem Konzert auf der Hauptbühne auch den Weg in die Casa Cuba und die beiden Musiker begeisterten mit einer spontanen gemeinsamen Session bis tief in die Nacht.

Der Sonntag hatte das Schwerpunktthema "Blockade, Gesundheit und Solidarität in Kuba"

Dr. Klaus Piel (Humanitäre Cuba-Hilfe Bochum) und die Tropenmedizinerin Dr. Regina Mertens informierten sachkundig und mit großem Engagement über Kubas Beitrag zum Sieg über den Ebola-Virus. Samuel Wanitsch von der Vereinigung Schweiz-Kuba berichtete über die Anwendung der US-Blockade gegen Kuba in Europa.

Alle drei stellten übereinstimmend fest, dass nicht nur die Kubanerinnen und Kubaner unter der Blockade leiden – sie verhindert auch den Export von in Kuba entwickelten Medikamenten. "Ein Verbrechen an der Menschheit" brachte Dr. Regina Mertens den Charakter der Blockade auf den Punkt.

Podiumsdiskussion in der Casa Cuba
Podiumsdiskussion in der Casa Cuba mit Natalie Benelli, André Scheer, Walter Suter und Carolus Wimmer (v.l) Foto: Tom Brenner

Spannendes zu Kuba gab es auch im Filmzelt der DKP Rheinland-Pfalz, dem wilden Südwesten.

Gezeigt wurde der Film "ELAM: Ärzte mit Wissen und Bewusstsein" mit anschließendem Gespräch mit der Filmemacherin Anne Delstanche. Sie schaffte es mit ihren Interviews mit Studierenden der Medizinische Hochschule ELAM in einzigartiger Weise, die Besonderheiten der Ausbildung und des kubanischen Gesundheitssystems zu verdeutlichen: Die Teamarbeit und die absolute Orientierung auf die Hilfe für die Patienten und das Fehlen jeglichen Profitinteresses. Ein starker Kontrast zum hiesigen Gesundheitssystem.

Ein konkretes Beispiel für das Selbstverständnis der kubanischen Ärzte und den Humanismus des kubanischen Gesundheitswesens lieferte der zweite Film: "Por la vida" über Kubas Beitrag bei der Bekämpfung von Ebola in Westafrika den Dr. Klaus Piel und Dr. Regina Mertens zeigten mit anschließendem Gespräch.

CUBA LIBRE Marion Leonhardt

CUBA LIBRE 4-2018