Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.


Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen



Hinterbänkler im Bundestag quält die Sorge, sie müssten eines Tages das Parlament verlassen, ohne dass jemand von ihrer Existenz Kenntnis genommen hätte. Erfahrene Journalisten sind deshalb vorsichtig, wenn so jemand versucht, mit Diffamierungen in die Schlagzeilen zu kommen. Vor allem bei schwer wiegenden Anschuldigungen, ist doppelt Vorsicht geboten. Gründlicher Faktencheck und das Anhören des Angegriffenen – das lernt jeder Volontär bereits im ersten Jahr seiner Ausbildung – sind unerlässlich. Für einige "unabhängige" Medien gelten diese Grundregeln des journalistischen Handwerks jedoch offenbar nicht. Und schon gar nicht, wenn der Diffamierte sich als Freund Kubas geoutet hat.

Unterstellung als Meldung

Anfang Mai vermeldeten gleich mehrere Blätter, darunter "Focus", die "Wolfsburger Allgemeine Zeitung" (WAZ), "Epoch Times" und andere, einen ungeheuerlichen Skandal: "Linke laden angeblichen Holocaust-Leugner in Ausschuss ein", lautete eine Schlagzeile. Alle Berichte stützten sich als auf einen Artikel verfasst von Jörg Köpcke. Der hatte zunächst korrekt berichtet, dass die Partei DIE LINKE den Schweizer Onkologen Franco Cavalli zu einem Vortrag über "kostenlose Gesundheitsversorgung am Beispiel Kuba" in den Entwicklungsausschuss des Bundestages eingeladen hatte. Unter Missachtung jeglicher Sorgfaltspflicht behauptete der Verfasser dann weiter: Cavalli sei ein "überzeugter Marxist", der "mehrfach die Lage der Menschen im Gazastreifen mit der Ermordung von Millionen Juden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten gleich gesetzt" habe. Der Autor hatte nicht einmal versucht, den so massiv angegriffenen für eine Stellungnahme zu erreichen. Einzige Quelle der öffentlichen Anklage waren unbelegte Unterstellungen des dem "Journalisten" bekannten Abgeordneten Olaf in der Beek, einem FDP-Hinterbänkler aus Bochum, der es nach unrühmlicher Insolvenz seiner Firma 2017 erstmals in den Bundestag geschafft hatte.

Anklage ohne Faktencheck

WAZ-Autor Köpcke zitiert aus einem Brief des FDP-Mannes an den Ausschussvorsitzenden Peter Ramsauer (CSU): "Der Anzweiflung der Singularität des Holocaust dürfen wir im Bundestag keinen Raum bieten." Laut Köpcke bezeichnete in der Beek den weltweit angesehenen Krebsspezialisten Prof. Dr. Franco Cavalli, dem unter anderem ein Preis von einer Hochschule in Haifa verliehen und der mit Unterstützung der israelischen Krebsliga zum Präsidenten der UICC (International Union against Cancer) gewählt worden war, als "Extremisten, Antisemiten und Holocaust-Leugner".

Tatsächlich hatte Cavalli 2013 nach einem Besuch mit einer Schweizer Parlamentsdelegation gesagt, dass Gaza, "das weltweit größte offene Gefängnis sei" und hinzugefügt, dass ihm "die Atmosphäre dort so vorkäme, wie möglicherweise diejenige in einem KZ". Daraus eine Gleichsetzung mit "der Ermordung von Millionen Juden" und eine "Leugnung des Holocaust" zu konstruieren, bleibt die Glanzleistung des FDP-Volksvertreters und seines Schreibers von der WAZ.

Mission erfolgreich ausgeführt

Cavalli, dessen Großvater wegen Unterstützung auch jüdischer Flüchtlinge von den italienischen Faschisten zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt worden war, sieht in der Berichterstattung "eine Schmutzkampagne, die an Rufmord grenzt". Er wirft sowohl dem FDP-Politiker als auch den Medien "unlautere Absichten" vor. Als früherer Fraktionschef der Schweizer Sozialdemokratischen Partei hatte Cavalli sich mehrfach geweigert, Politiker (darunter auch der österreichischen Regierung) zu empfangen, die Sympathien für nazifreundliche Gedanken äußerten. Darüber hinaus wandte er sich stets öffentlich gegen Antisemiten und hat gegen einige von ihnen auf eigene Kosten Prozesse angestrengt.

Warum der weltweit angesehene Arzt, Wissenschaftler und Antifaschist nun ausgerechnet von deutschen Politikern und Medien als "Holocaust-Leugner" verleumdet wird, geschehe "aus Gründen, die mir bis heute völlig unklar bleiben", so Cavalli. Der FDP-Mann, dessen Partei sich für die Pharmaindustrie und weitere Privatisierungen im Gesundheitswesens stark macht, wie auch sein Pressespezi hatten zumindest einen plausiblen Grund: Sie wollten verhindern, dass ein weltweit geachteter Experte im Ausschuss über die "kostenlose Gesundheitsversorgung am Beispiel Kuba" referiert.

CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 3-2018