Kuba im Medienspiegel

CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.


Falschmeldungen – Unterschlagungen - Manipulationen

Rotation

Rotation. Foto: Wiljo Heinen



Zum 50. Jahrestag des Mordes an Che Guevara ignorierten die meisten deutschsprachigen Medien am 9. Oktober 2017 einfach das historische Datum. Einige Zeitungen erinnerten sich, ließen jedoch statt der Angehörigen des Guerilleros die Vertreter der damaligen Killerkommandos zu Wort kommen, die Che Guevara, Tamara Bunke und deren Kampfgefährten in Bolivien gejagt hatten. Auch der Bremer "Weser Kurier" und die "TAZ" boten den von der CIA befehligten Mördern eine Plattform.





Fall 1: Forum für einen Killer

Der "Weser Kurier", der wie andere bürgerliche Zeitungen an Auflagenschwund leidet, machte in den letzten Monaten vor allem durch Tarifflucht von sich reden. Redakteure und Drucker klagten mit Hilfe der Gewerkschaft ver.di gegen ihren Verlag, der ihnen die Zahlung bundesweiter Tariferhöhungen verweigerte.

Zu Che Guevaras Todestag brachte das Blatt eine ganze Seite. Ein Drittel davon bestand aus einem Interview des dpa-Redakteurs Georg Ipsen mit Gary Prado Salmón, dem Hauptmann der bolivianischen Rangers-Abteilung, die Che und seine Leute am 9. Oktober 1967 bei La Higuera gefangen nahm. Möglicherweise ging es dem "Weser Kurier" mit dem Abdruck eines dpa-Interviews lediglich darum, Geld zu sparen. Doch unabhängig vom Motiv ist der Beitrag ein Paradebeispiel für mangelnde journalistische Sorgfalt.

Über Prados weiteren Weg nach der Ergreifung Guevaras heißt es nur: "Später war er bolivianischer Minister und Botschafter. Nach einer Schussverletzung sitzt der 79-jährige im Rollstuhl." Das klingt zunächst nicht weiter aufregend. Der "Weser-Kurier" verheimlicht seinen Lesern allerdings, dass Prado, der seit 1990 als "General a. D." in Santa Cruz lebt, sich dort als Autor und Agitator für die extreme Rechte betätigt. Im Oktober 2009 wurde Prado mit weiteren Personen, darunter ungarische und kroatische Söldner, festgenommen. Der General und seine Kumpane werden von der bolivianischen Justiz beschuldigt, einen Mordanschlag auf Präsident Evo Morales geplant zu haben. Allen gerichtlichen Anhörungen entzog Prado sich mit Verweis auf "gesundheitliche Gründe". Aus Rücksicht auf seine Behinderung steht er seit 2009 lediglich unter Hausarrest und darf Bolivien nicht verlassen.

All das unterschlägt der "Weser Kurier" und gibt dem mutmaßlichen Attentäter Raum für seine rechte Hetze gegen Evo Morales und Kuba. "Unser heutiger Präsident ist ein großer Che-Fan", zitiert das Blatt den Ex-General Prado. Und weiter: "Es gibt einen starken Einfluss Kubas hier, viele Ärztemissionen und Einfluss im Geheimdienst."

Fall 2: Konfuses in der TAZ

Auch die "TAZ" suchte offenbar verzweifelt einen "anderen" Zugang zum Thema Che. Am 6. Oktober veröffentlichte das Blatt unter dem Titel "Che Guevara polarisiert noch immer" einen konfusen Artikel, der sich liest, als hätte der Autor schlechtes Kraut geraucht.

Die Zeitung, die nach ihrem Redaktionsstatut angeblich denen eine Stimmen geben will, "die gegenüber den Mächtigen kein Gehör finden", lässt in diesem Artikel den Anführer des Veteranenverbandes zu Wort kommen, der im Auftrag der CIA vor 50 Jahren die Menschenjagd auf die Guerilla kommandierte. Lateinamerika-Redakteur Bernd Pickert kopierte - ohne Angabe von Quellen - einige bereits drei Tage zuvor bei "n-tv.de" und anderen Medien publizierte Aussagen von Mario Moreira, dem Chef der "Nationalen Veteranenvereinigung der Antiguerillakämpfer". Über den Einsatz von Che und seinen Mitstreitern in Bolivien erfahren die TAZ-Leser von Moreira: "Sie sind hier einmarschiert, haben nicht einmal einen Vorschlag gehabt, sondern haben sofort angefangen, Trauer und Schmerz zu verursachen." Dass Aussagen wie die von Prado oder Moreira von rechtskonservativen US-Medien zum Todestag Che Guevaras gezielt verbreitet wurden, erfahren TAZ-Leser dagegen nicht.

Auch über die Rolle des extra aus den USA nach Bolivien gereisten exilkubanischen CIA-Agenten Felix Rodríguez, dem Einsatzleiter und Befehlshaber des Massaker-Kommandos, zu dem Prado und Moreira gehörten, verlieren "Weser Kurier" und "Taz" kein Wort. Bei dem letztgenanntem Blatt ist das verständlich. Der in Miami lebende Auftragskiller und Terrorist Rodríguez gehört zu den bevorzugten Gesprächspartnern kubanischer "Dissidenten", die auch von der TAZ unterstützt werden.


CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 1-2018