CUBA LIBRE will in dieser Rubrik aufzeigen, was die Konzernmedien verschweigen, Falschmeldungen enthüllen und Manipulationen aufdecken.
Rotation. Foto: Wiljo Heinen |
Die "Qualitätsmedien" in der Bundesrepublik, die schon brandschatzende und mordende Faschisten in der Ukraine als pazifistische Freiheitsapostel darstellten, haben einen schlechten Ruf zu verteidigen. Und die öffentlich-rechtlichen Funk- und Fernsehanstalten können es mittlerweile locker mit den Fake-News-Produzenten der großen Medienkonzerne aufnehmen. Beispiele dafür liefert immer wieder gern das ARD-Studio in Mexiko-Stadt. Dessen Korrespondentin Anne-Kathrin Mellmann berichtet von dort über insgesamt 24 Staaten der Karibik, Mittel- und Südamerikas. Das geht hin und wieder auf Kosten einer sorgfältigen Recherche.
Fall 1: Fluchtgefahr in Kuba
Im Juli machte die ARD-Frau ein nettes Stück über den Malecón von Havanna. Die Überschrift "Geschlossene Gesellschaft am offenen Meer" verriet bereits die Intention. Wie fies es in Kuba wirklich zugeht, verriet ihr Kronzeuge, der, so Mellmann, "langhaarige und bärtige" ítalo Exposito. "Als Kind habe ich am Malecón gebadet. Seit einigen Jahren ist das verboten", zitiert sie ihn und lässt sich erklären: "… sie wollen nicht, dass die Touristen uns baden sehen." Woher dann all die badenden jungen Menschen am Malecón kommen, die jeder Tourist kennt, recherchierte sie nicht. Dafür entlarvt und erklärt Frau Mellmann aber gleich noch mehr fiese Tricks der Kommunisten: "Riesige Kreuzfahrtschiffe sind zu sehen, aber keine Boote weit und breit", behauptet sie und erläutert dem staunenden Publikum: "Der Besitz ist streng reguliert, zu groß ist die Fluchtgefahr." Kurz darauf schreibt sie: "In die Welt reisen ist … erlaubt, aber ein Reisepass kostet ein Vermögen. Und ein Visum zu bekommen ist eine Herkulesaufgabe." Ja was denn nun? Dürfen Kubaner nun reisen oder müssen sie fliehen? Und sind es in Lateinamerika wirklich nur die Kubaner, für die es eine "Herkulesaufgabe" ist, ein Visum zu bekommen?
Die ARD muss Kuba ja nicht mögen, aber sie sollte ihre Zuhörer, Zuschauer und Leser nicht ganz so plump für dumm verkaufen wollen.
Fall 2: Wahrsager in Venezuela
Auch Venezuela liegt der ARD am Herzen. Schon im März 2017 verfasste Anne-Katrin Mellmann einen Kommentar mit dem Titel "Das Ende der Demokratie ist besiegelt", meinte damit aber nicht ihren Einsatzort Mexiko, sondern Venezuela. Kollegin Anne Demmer, ebenfalls vom ARD-Studio in Mexiko-Stadt, vollbrachte am 30. Juli, dem Tag, als sich acht Millionen Menschen in Venezuela an der Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung beteiligten, ein Kunststück. Schon sechs Stunden vor Öffnung der Wahllokale verbreitete sie die Meldung: "Eine Wahl, die die Mehrheit nicht will." Die Wahrsagerin wusste das schon vorab. Die SWR-Journalistin Ute Bruckner kommentierte das Ergebnis dann in den ARD-Tagesthemen erwartungsgemäß im Sinne Washingtons: "Auf dem Weg in die Diktatur". In einem Werbespot der ARD hatte dieselbe Dame einige Jahre zuvor erklärt: "Unser weltweites Korrespondentennetz mit Reportern, die etwas auch einmal gegen die Tendenzen der anderen Berichterstatter darstellen, ist das, was uns Glaubwürdigkeit und Seriosität verleiht."
Fall 3: Zynismus in Mexiko
Den Vorwurf, vor allem gegen links regierte Länder zu polemisieren, kann man der ARD nicht machen. Auch das wohl korrupteste Land der Welt Mexiko bekommt sein Fett weg. Anne-Katrin Mellmann begab sich Anfang des Jahres mit einer "Gruppe von Aktivisten" auf eine "Corruptur" und regte sich über die Betrügereien der Präsidentengattin und der Sozialversicherung auf. Und selbstredend ging die ARD-Korrespondentin auch den Ursachen für die Korruption, die Mexiko "flächendeckend im Griff" hat, auf den Grund. Sie berichtete, wie Teilnehmer der Exkursion "selbst Komplizen von Korruption geworden sind". Häufigstes Beispiel, so Mellmann niedlich, sei das "Schmiergeld für Verkehrspolizisten, um einer Strafe zu entgehen". Die kritische Reporterin fragte natürlich auch nach Lösungsvorschlägen für "eines der größten Probleme des Landes". Ihre originellen Konzepte: "mehr Transparenz" und "bessere Strafverfolgung". Letzten Endes, so ihr Fazit, liegt die Verantwortung auch bei den Opfern. "Die Menschen müssen aufhören, selbst Komplizen zu sein." – Zynischer kann man den mörderischen Sumpf in Mexiko wohl kaum verniedlichen. Nur gut, dass die ARD dafür dann Kuba und Venezuela durch die Lupe betrachtet.
Volker Hermsdorf
CUBA LIBRE 3-2017