Die Kubasolidarität in Deutschland ist fast so alt wie die Kubanische Revolution selbst. Viele der Aktivisten engagieren sich bereits seit mehreren Jahrzehnten. Dementsprechend ist der Altersdurchschnitt innerhalb der Solidaritätsbewegung dann auch. Fast überall hat man Schwierigkeiten, neue und junge Leute für die Solidaritätsarbeit zu gewinnen.
So entschied das Netzwerk Cuba, eine Kuba-Konferenz für interessierte Jugendliche zu organisieren. Denn das Interesse an Kuba, Politik und Solidarität lässt sich durchaus auch unter jungen Menschen in Deutschland finden. Was fehlt, ist ein Netzwerk als Verbindung dieser jungen Leute. Nach langer Planung und Organisation fand die Jugendkonferenz am Wochenende des 24./25. Juni 2017 in der Außenstelle der Kubanischen Botschaft in Bonn statt. Die Leiterin der Außenstelle, Anette Chao García, selbst erst Mitte 30, unterstützte das Vorhaben von Anfang an begeistert und stellte die Räumlichkeiten der Botschaft zur Verfügung.
Unter der Leitfrage "Was ist los in Kuba?" sollte auf der Konferenz ein erster Einblick in die Kuba-Thematik gegeben werden. Damit sollten sich sowohl Kubaexperten als auch Anfänger angesprochen fühlen. Und tatsächlich folgten der Einladung rund 40 Neugierige zwischen 16 und 36 Jahren, aber auch die Jahrgänge 50plus waren vertreten. So entstand eine bunte Mischung aus erfahrenen Solidaritätsaktiven, politisch Engagierten, Reiselustigen und Kuba-"Neulingen". Auch ein kubanischer Vertreter des kommunistischen Jugendverbands (UJC) konnte für die Konferenz gewonnen werden. Juan Carlos Arteaga Portuondo aus dem Büro des UJC in Havanna klärte die Teilnehmer über die Arbeit des Verbands auf und wie die Jugend in Kuba in kulturelle und politische Prozesse integriert wird. Zum Vergleich beschrieb Felix Jaschik (Linksjugend) die Situation der Jugendlichen in Deutschland.
Fidel Castro gehörte Zeit seines Lebens immer zu den größten Unterstützern und Förderern der kubanischen Jugend. Ihm wurde während der Konferenz gedacht. David Wende (Interbrigadas) war zu Fidels Tod in Kuba und schilderte den Teilnehmern seine Eindrücke. Der Programmpunkt wurde abgerundet durch die Erlebnisberichte von Mitgliedern des von der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba unterstützten "Proyecto Tamara Bunke", die über ihr Semester an der Technischen Universität in Havanna informierten. Es folgte Zukunftsforscher und stellvertretender Vorsitzender des Netzwerks Cuba, Dr. Edgar Göll, der zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Kuba sprach. Im Anschluss stellten Autoren des Buches "Kuba im Wandel" die Inhalte des Buches vor und erklärten u.a. das kubanische Wahlsystem. Nach einem gemeinsamen echt kubanischen Abendessen schauten die Teilnehmer gemeinsam mit Regisseur und Grimme-Preisträger Daniel Abma den Film "Transit Havanna" und diskutierten über den Umgang mit der Transgender-Thematik in Kuba. Ein Tag voller Input und spannender Diskussionen wurde abgerundet durch Live Musik, Salsa, Karaoke und Mojitos.
Nach einer kurzen Nacht unter freiem Himmel im Garten der Botschaft setzten sich die Teilnehmer noch einmal zusammen und diskutierten über mögliche Arten der Solidarität mit Kuba. Man war sich einig, dass man den deutschen Mainstream-Medien mehr entgegensetzen und die Aufklärungsarbeit sowohl in Deutschland als auch Kuba verstärken müsse. Einigkeit bestand auch darin, die Konferenz im kommenden Jahr zu wiederholen und vor allem den Kontakt untereinander zu wahren. Für Folgekonferenzen soll den Teilnehmern mehr Möglichkeit geboten werden, bei Planung, Organisation und Themenwahl mitzuwirken.
Eine lockere und intime Atmosphäre, die vor allem dem Team der Botschaft unter Anette Chao García zu verdanken ist, führte zu einer erfolgreichen, spannenden und anregenden Veranstaltung. Die ersten Schritte für ein Netzwerk von Jugendlichen sind gemacht, das Interesse junger Menschen an Kuba, Lateinamerika und Politik geweckt. Sogar das kubanische Fernsehen würdigte die Konferenz mit einem Bericht auf Cubavisión Internacional. Die erste Kuba-Jugendkonferenz in Deutschland: Damit haben wir Geschichte geschrieben!
Stephanie Remus
CUBA LIBRE 4-2017