Querido Fidel,
Du erlaubst, dass ich mich mit dieser Botschaft an die Leute hier wende und über Deinen unvergesslichen Auftritt im Mai 1998 in der Schweiz berichte – zu Deiner Ehre!
Mit Staunen lese ich die Zeitungsartikel von damals wieder. Selbst die bürgerliche Presse, die übers Jahr in »schöner Regelmäßigkeit « die stereotypen Bösartigkeiten über Dich und die kubanische Revolution repetiert, konnte ihre Faszination an Deiner Persönlichkeit nicht verbergen. Schier unglaublich aber, wie damals die Boulevardpresse unter dem Titel "FIDEL CASTRO – Warum zieht er alle in seinen Bann?" berichtete; man kann es sich auf der Zunge zergehen lassen, und das muss ich einfach vorlesen:
Und zur Presse gerichtet – offensichtlich gut über uns Schweizer informiert wird Fidel in der AZ zitiert.
Unvergesslich für alle Beteiligten war die Einladung für die Solidarität mit Kuba. Man stelle sich die Situation vor: wir in einem völlig überfüllten Saal im Erdgeschoss des Hotel Inter-Continental in Genf, wo die kubanische Delegation im 16. Stockwerk und – man höre und staune – die damalige First Lady der USA, Hillary Clinton, im 18. Stockwerk untergebracht war.
Diese Begegnung mit dem charismatischen Comandante hat wohl für einige von uns die Weichen fürs restliche Leben gestellt, auch wenn – außer den Kubanern im Saal – wohl niemand gewohnt war, eine dreieinhalbstündige Rede anzuhören.
Eine ganz besondere Begegnung darf ich zum Schluss noch erzählen:
Als Fidel im Rahmen dieser Schweizer Woche – neben Konferenzen der WTO und WHO und dem Treffen mit dem Schweizer Bundesrat – auch noch den Sitz des Olympischen Komitées in Lausanne und das dortige Museum besuchte, versuchte sich da auch der neunjährige Cristian, Sohn einer Bolivianerin, Fidel zu nähern. Ein Reporter fragte ihn, was er denn hier mache. Seine Mutter habe ihm das Tagebuch des Che zur Lektüre gegeben, und zuhause hänge ein Bild von Fidel an der Wand, und er unterstütze Fidel, weil er wie Che für die Gerechtigkeit kämpfe. Er sagte dem Reporter einen Text von Bertolt Brecht auf, den er durch die Vertonung von Silvio Rodriguez, »Sueño con serpientes«, kannte:
»Es gibt Menschen, die kämpfen einen Tag, und sie sind gut. Es gibt andere, die kämpfen ein Jahr und sind besser. Es gibt Menschen, die kämpfen viele Jahre und sind sehr gut.
Aber es gibt Menschen, die kämpfen ihr Leben lang: Das sind die Unersetzlichen.«
Darauf versprach der Reporter, dies am Abend in den Nachrichten zu bringen. Ein Leibwächter von Fidel bekam das Ganze mit und in dem Moment, als die Mutter den vorbeigehenden Commandante umarmte, führte der Leibwächter auch Cristian zu ihm, damit dieser nochmals seinen Text aufsage.
Wohl unvergesslich für Beide.
Dieser Cristian ist mittlerweile 37 Jahre, engagiert sich bei Schweiz-Cuba und ALBASUIZA und organisiert mit seiner ebenfalls aktiven Mutter unser Fest zu Ehren von Fidel am 13. August in Lausanne.
Fidel, wir danken Dir für Dein Vorbild. Herzliche Gratulation zu Deinem 90. Geburtstag.
Viva Fidel – Viva Cuba y su Revolución!
Sämi Wanitsch
CUBA LIBRE 4-2016