Das rund hundert Seiten umfassende, im Ossietzky-Verlag erschienene Buch von Volker Hermsdorf ist kein traditioneller Reiseführer.
Es schildert vielmehr Begegnungen, Erlebnisse und Eindrücke von sieben Reisen nach Havanna in den Jahren 2013 und 2014. Eine spannende Lektüre, die viel Lesevergnügen bereitet.
Volker Hermsdorf zeigt viele Seiten der kubanischen Hauptstadt, die Touristen oft nicht entdecken. So machen die Berichte nicht nur neugierig auf »La Habana«, wenn man noch nicht da war, auch der geübte Havanna-Reisende entdeckt Neues oder gleicht seine Erfahrungen mit dem Geschilderten ab.
Die Berichte bestechen durch ihre hohe Authentizität. Denn Volker Hermsdorf ist nicht als Tourist unterwegs, ihm ist diese Stadt seit 1982 zur zweiten Heimat geworden.
Das ermöglicht ihm ein tiefergehendes Verständnis von Kuba und intensive Gespräche mit den Menschen dort. Davon profitiert der Leser.
Die 22 Kapitel geben sachkundige Einblicke in das Leben der Habaneros. Erfahrbar werden das Selbstbewusstsein und die Souveränität der Kubaner. Thematisiert werden auch die Anstrengungen und die Probleme beim Aufbau und der Modernisierung des Sozialismus. Deutlich wird aber auch der Optimismus, mit dem diese Aufgaben in Kuba angegangen werden.
Gleichzeitig rücken die Episoden auch die Realität in der anderen, unserer westlichen Welt in den Blick. So etwa wenn Hermsdorf erzählt, dass er überlegt habe, über Moskau nach Deutschland zurückzureisen. Denn sämtliche europäischen Fluggesellschaften müssen, wenn sie in den USA landen oder diese überfliegen, auf Verlangen den USA ihre Fluggastdaten übermitteln – ohne dass das EU-Parlament oder die Bundesregierung den Versuch unternommen hätten, dieses zu verhindern. Von Datenschutz keine Spur. Da dann aber auch Moskau ein Meldeabkommen einführte, war auch diese Reiseroute kein Ausweg mehr aus der Überwachung.
Ebenso wirft der Bericht, dass in Kuba fast alle Schäden des Hurrikans »Sandy« beseitigt seien und alle Familien wieder eine Unterkunft hätten, ein Licht auf die Zustände in den USA, wenn festgestellt wird, dass dort zum selben Zeitpunkt noch zigtausend Opfer des selben Hurrikans in Notunterkünften leben.
Zusätzlichen Nutzen bietet das Buch durch ein Quellen- und Literaturverzeichnis, in dem der Leser wertvolle Hinweise zu einer vertiefenden Lektüre zu Kuba findet. Ebenso hilfreich ist der Anhang mit der Geschichte Kubas anhand ausgewählter Daten.
Ein Buch, das unbedingt in das Handgepäck von Kuba-Reisenden gehört, um sich auf die Landung in »der anderen Welt« vorzubereiten. Alle anderen erfreuen sich beim Lesen an der Vertiefung der Erlebnisse ihres letzten Havanna-Aufenthaltes – und an der Vorfreude auf ihre nächste Reise in Kubas Hauptstadt.
Volker Hermsdorf:
»Havanna. Kultur – Politik – Wirtschaft«
Ossietzky Verlag GmbH, ISBN 978-3-944545-04-2
80 Seiten, 7,– €
Marion Leonhardt
CUBA LIBRE 2-2015