In der deutschen Granma schreibt man Cuba mit K

In den ersten Wochen hatte ich ein Mantra, das ich mir mehrmals am Tag vorsagte: »Du bist jetzt das Offizielle Organ der Kommunistischen Partei Kubas und das bedeutet: Schluss mit lustig!«

Cuba schreib' ich jetzt mit K – was ich in der Cuba Libre nicht einmal von einer Schusswaffe bedroht getan hätte – und meinen Diminutiv hab ich ebenfalls abgeschafft. Er würde hier eh' falsch ausgesprochen: Doppel-L ist J. Dafür bin ich jetzt laut meinem Granma-Ausweis auf unbestimmte Zeit ein »Urlich«. Das hab ich nun davon. Granma

Bevor ich aber allzu sehr ins Schwadronieren gerate, hier ein paar handfeste Fakten zu unserer neuen Arbeit:

Seit ziemlich kurzer Zeit erst – anderthalb Monate oder so - hat die Granma Internacional Weisung von oben, der Internet-Pflege größeren Stellenwert einzuräumen. Von zwei Beiträgen, die die anderssprachigen Redaktionen früher täglich einzustellen hatten, steigerte man aus heiterem Himmel auf »nicht unter zehn pro Tag« und ließ uns recht belämmert aus der Wäsche schauen. Nicht, dass wir die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Neuerung bezweifelt hätten! Aber schließlich hatten wir ja auch noch ein Printmedium zu machen. Inzwischen haben wir gemerkt, dass man beides, wenn man die Arbeit im Büro gut strukturiert, schon bewältigen kann. Es sind eher selten zehn Aktualisierungen pro Tag, einzustellen in mehr oder weniger festen zeitlichen Abständen (unsere Bürochefin Ute nennt diesen Vorgang: »das Baby füttern«), manchmal nicht mehr als sechs oder sieben, aber selbst an schwachen Tagen sind es deutlich mehr als früher. Ich betone das deshalb, weil es sein könnte, dass viele, der Schnarchnummer der früheren Website der deutschen Granma müde, sie schon seit längerem nicht mehr anklicken und so von ihrer Erweiterung noch gar nichts mitbekommen haben.

Ein paar wichtige Anmerkungen zur Auswahl der ins Internet gestellten Beiträge:

Der geneigte Leser wird vielleicht festgestellt haben, dass die ersten beiden Aktualisierungen der Seite – etwa gegen 15 Uhr 30 MEZ – häufig nicht unbedingt die sind, die ihn am meisten interessieren.

Die Erklärung dafür lautet, dass wir auf diese ersten beiden keinerlei Einfluss haben. Wir bekommen sie vorgeschrieben. Nun deckt sich das, was die Partei für das Wichtigste hält, durchaus auch schon mal mit der Wirklichkeit. Dass man Ebola vorne hat oder die Blockade, ist ja nachvollziehbar. Auch Industriemessen sind wichtig. Aber warum z. B. ein Bericht über Raúl – den ein Foto dabei zeigt, wie er einen Orden an die Regimentsfahne einer Marine-Einheit heftet, die einen halbrunden Geburtstag feiert – erste Meldung auf der deutschen Webseite der Granma Internacional sein muss, erschließt sich den meisten von uns wohl nicht zur Gänze. Ich glaube allerdings kaum, dass sich das ZK tiefschürfende Gedanken über mediale Zielgruppenorientiertheit macht.

Also Augen zu und durch! Denn jetzt kommt das Erfreuliche: Von den zwei Pflichtnummern abgesehen, sind wir in unserer Entscheidung, welche Beiträge wir außerdem noch reinstellen, weitgehend autonom. Die müssen auch nicht aus der Granma sein. Es gibt ja schon eine gewisse Auswahl politisch linker Internetportale, die man nach Nachrichten über Kuba und Lateinamerika durchforsten kann: Prensa Latina, Cubadebate, Contrainjerencia, Rebelión, La Jornada, TeleSUR usw. usf.

Auf Quellen außerhalb der Tageszeitung Granma zugreifen zu dürfen, bietet den enormen Vorteil der sprachlichen Auflockerung. Eines der schwerwiegenden Probleme der deutschen Granma war – und ist teilweise immer noch – ihre »Unlesbarkeit«. Diese ergab sich in der Vergangenheit aus dem Umstand, dass sie beinahe ausschließlich aus Übersetzungen von Granma-Artikeln bestand. Und die Artikelschreiber der nationalen Granma sind wahrlich ein Völkchen für sich. Es gibt unter ihnen einen standardisierten Sprachstil, dem, wenn nicht alle, so doch die meisten huldigen, und der ist gespreizt, raumgreifend, voll von lexikalischen Versatzstücken und ungemein staatstragend. Ihm ist in der Übersetzung ins Deutsche nicht einfach dadurch beizukommen, dass man aus einem langen Quadratsatz drei kürzere macht. Quadratisch bleibt es im Ergebnis auch so. Zugegeben, es gibt bisweilen durchaus Artikel in der Granma, die sind richtig gut. Aber man muss sie suchen.

In der Redaktion der Granma

In der Redaktion der Granma
Foto: Marion Leonhardt


Eine weitere positive Neuerung besteht darin, dass wir seitens der Redaktion eigene Artikel beisteuern dürfen. Dies betrifft natürlich die Monatszeitung, denn im hektischen Internet-Alltag wäre dafür gar keine Zeit. Eigene Beiträge sind übrigens nicht immer namentlich gekennzeichnet. Die deutsche Abteilung in ihrer Gesamtheit steht dahinter. Wir werden versuchen, den Eigenanteil allmählich zu erhöhen.

Die deutsche Granma ist noch nicht da, wo man sie hin bekommen sollte, aber ein Anfang ist gemacht. Mittelfristig müsste es möglich sein, das Medium merklich attraktiver zu gestalten – unabdingbare Voraussetzung, wenn sich seine Leserschaft vergrößern soll.


Zum Jahreswechsel soll es bei der Granma – nicht zuletzt im Outfit – große Veränderungen geben. Im Internet finden jetzt schon Umstellungen statt. Wenn auch die Zeitung ein neues Gesicht bekäme, dann wäre sie durch dieses optische Signal als »neue Granma« leichter in Deutschland zu bewerben. Dass sie auch inhaltlich besser geworden ist, würde man dann womöglich leichter glauben.

Renate und ich sind nun seit ungefähr einem halben Jahr hier und haben uns gut eingelebt. Wir haben eine hübsche Wohnung in Vedado, etwa 60 m vom Malecón entfernt. Das heißt: Wenn ein Hurrikan kommt, haben wir den Atlantik in unserem Vorgarten. Aber das bleibt uns wohl erspart, die Saison für Wirbelstürme ist ja fast vorbei.

Soziale Kontakte gibt es reichlich, nicht nur »auf der Arbeit«. In den 20 Jahren, in denen wir vorher Kuba/Cuba besuchten, haben sich Freundschaften fürs Leben entwickelt, die wir jetzt, da wir nicht mehr von Abreise bedroht sind, mit mehr Muße pflegen können.

Das Klima verlangt einem auf die Dauer schon einiges ab. Hoffen wir, dass die Gesundheit mitspielt! Auf wie lange Zeit wir uns hier eingerichtet haben, wissen wir noch nicht definitiv, aber schon auf »länger«. Dabei werden auch Faktoren eine Rolle spielen, auf die wir keinen Einfluss haben. Aber in unserem Esszimmer lebt eine kleine Eidechse mit Namen Pepe. Hier sagt man, dass Eidechsen in der Wohnung Glück bringen. Wir nehmen alles Glück, das wir kriegen können.

Wir werden uns aus alter Anhänglichkeit in lockeren Abständen immer mal wieder über die CL melden.

CUBA LIBRE Ulli

CUBA LIBRE 1-2015