Europawahl und Normalisierung

Linke Parteien erklären im Wahlkampf Solidarität mit dem sozialistischen Kuba

Die Europäische Union und Kuba wollen bis Ende nächsten Jahres ihre Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen abschließen. Die sozialistische Karibikinsel ist derzeit das einzige Land in Lateinamerika und der Karibik, zu dem die EU keine vertraglich geregelten Beziehungen unterhält. Eine Normalisierung liegt im beiderseitigen Interesse und wird mittlerweile auch von deren bisherigen Gegnern in der EU nicht mehr blockiert. Im Wahlkampf zur Europawahl am 25. Mai erklären sich jedoch nur linke Parteien mit Kuba solidarisch.

Rund 400 Millionen Bürger in den 28 EU-Mitgliedsstaaten sind zu dieser Wahl aufgerufen. Sie findet zu einer Zeit statt, in der Europa von zunehmender Massenarbeitslosigkeit, Verarmung und wachsenden sozialen Protesten geprägt wird. Führende EU-Staaten – darunter auch die BRD – beteiligen sich zur Sicherung von Ressourcen und Absatzmärkten, an militärischen Aggressionen und Interventionen. Mittlerweile gehen sie – wie in der Ukraine – ganz offen sogar Bündnisse mit faschistischen Bewegungen ein, um demokratisch gewählte Regierungen zu beseitigen, die ihren Zielen im Weg stehen. Diese Politik wird nicht nur von den konservativen, neoliberalen und rechten Fraktionen forciert, sondern auch von einer Mehrheit der Grünen und Sozialdemokraten im Europaparlament unterstützt. Lediglich die 35 Abgeordneten der linken Fraktion »GUE/NGL«, zu der auch acht Parlamentarier der LINKEN aus der BRD gehören, versuchen gegenzusteuern, allerdings nicht immer geschlossen. Das gilt auch für die Kuba-Politik der EU.

»Gemeinsamer Standpunkt«

Vor 18 Jahren schien ein Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kuba bereits zum Greifen nahe, nachdem dessen Entwurf im Januar 1996 vom Europäischen Parlament abgesegnet worden war. Auf Intervention der USA wurden die Gespräche allerdings »auf Eis gelegt« und – nach dem Abschuss zweier Contra-Flugzeuge, die in den kubanischen Luftraum eingedrungen waren – von der EU für gescheitert erklärt.

Im Dezember 1996 wurde auf Betreiben der damaligen ultrarechten spanischen Regierung unter José Maria Aznar, der enge Verbindungen zu terroristischen exilkubanischen Organisationen im Süden der USA pflegt, der »Gemeinsame Standpunkt« der EU-Staaten beschlossen, der deren Verhältnis zu Kuba bis heute belastet. Die EU-Länder verhängten Sanktionen, um auf die Innenpolitik der sozialistischen Karibikinsel Einfluß zu nehmen und dort zu einem Systemwechsel hinzuwirken. In den folgenden Jahren drängte vor allem der damalige Grüne Außenminister Joschka Fischer auf eine »konsequente Umsetzung der Sanktionen und eine harte Linie gegen Kuba«. Mit der Übernahme des Amtes durch den Sozialdemokraten Frank-Walter Steinmeier, auf dessen Initiative die Sanktionen im Jahr 2008 aufgehoben wurden (die CDU warf ihm darauf vor, die »gemeinsame europäische Linie« zu unterlaufen), änderte sich die deutsche Kuba-Politik vorübergehend, um in der schwarz-gelben Koalition unter Guido Westerwelle (FDP) aber wieder ins alte Muster des Kalten Krieges zurück zu fallen.

Trotzdem beschlossen die Außenminister der Europäischen Union im November 2012, Kuba wieder Gespräche über ein Kooperationsabkommen anzubieten. Widerstand gab es nur noch aus Polen, der Tschechischen Republik, Schweden und von der früheren schwarzgelben Bundesregierung. Am 10. Februar 2014 bot die EU Kuba dann jedoch offiziell die Aufnahme von Gesprächen an.

Kehrtwende in der EU-Politik

Am 6. März nahm der Kubanische Außenminister Bruno Rodríguez das Angebot gegenüber dem EU-Botschafter in Havanna, Herman Portocareo, an und ernannte seinen Stellvertreter Abelardo Moreno Fernández zum Verhandlungsführer. Er habe den Vorstoß der EU »mit großer Befriedigung« aufgenommen, sagte Rodríguez und bewertete die Aufnahme der Gespräche »als Zeichen dafür, dass die Blockadepolitik der USA gegenüber Kuba gescheitert ist«. In einer Presseerklärung verwies die kubanische Seite auf die souveräne Gleichheit der Staaten und die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder als Grundlage der Beziehungen.

Das angestrebte Abkommen, betonten beide Seiten, solle die Beziehungen zwischen der EU und Kuba stärken und einen stabilen Rahmen für eine verbesserte Zusammenarbeit bilden. Daran sind zahlreiche europäische Länder – trotz ihres »Gemeinsamen Standpunktes « – aus ureigensten wirtschaftlichen Interessen ohnehin seit Jahren interessiert.

Die rechtskonservative Regierung Spaniens, Initiator der EU-Blockade und früher absoluter Hardliner gegenüber Kuba, hat unter ihrem derzeitigen Präsidenten Mariano Rajoy eine Kehrtwendung um 180 Grad vollzogen. Im Jahr 2013 erreichte der Handel zwischen Kuba und Spanien ein Rekordniveau. Auch in Paris steht der bilaterale Ausbau der Beziehungen auf der Tagesordnung. Anfang März vereinbarten Vertreter Kubas und Frankreichs die »verstärkte Zusammenarbeit in Bereichen von Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur«. Erst im Januar hatte der niederländische Außenminister, Frans Timmermans, in Havanna zahlreiche Verträge unterzeichnet. Neben Holland, Frankreich und Spanien haben bisher 14 weitere EU-Mitgliedsstaaten bilaterale Abkommen mit Kuba vereinbart.

Positionen zur Europawahl

Es scheint also, dass die EU-Länder sich ihre Kuba-Politik nicht länger von Washington diktieren lassen wollen. Für Kuba ist das zunächst ein diplomatischer Erfolg, von dem sich Havanna mittelfristig auch wirtschaftliche Vorteile erhofft. »Einige Politiker in Europa und den USA merken jetzt offenbar, dass ihre Versuche, die Revolution zu vernichten, gescheitert sind«, interpretiert der kubanische Journalist Iroel Sánchez die EU-Offerte und meint: »Die neuen Signale sind ein Beweis für die Stärke der Kubanischen Revolution und ihr hohes Ansehen in der Welt. Wenn die Revolution schwach wäre, würden sie ihr Verhalten nicht ändern.« Trotzdem, sagte er in einem Interview mit der »jungen Welt«, glaube er nicht »an ein Ende der Angriffe gegen Kuba und den Sozialismus«.

Die subversiven Aktivitäten der rechten, neoliberalen, sozialdemokratischen und grünen europäischen Parteien belegen das. Über ihre Parteistiftungen werden kubanische Konterrevolutionäre innerhalb und außerhalb des Landes als »Fünfte Kolonne« für den Umsturz finanziert, ausgebildet und angeleitet. Das im Irak, in Libyen, Syrien und der Ukraine erprobte Modell würden sie lieber heute als morgen auch in Kuba testen.

Nur wenige Parteien in Europa erteilen solchen Planspielen eine Abfuhr. In der BRD verabschiedete DIE LINKE am 15. Februar in Hamburg auf ihrem Europaparteitag eine Resolution »Zur Solidarität mit dem sozialistischen Kuba« 1, die die Partei und ihre Europaabgeordneten auf eine solidarische Politik zu Kuba verpflichtet. Die ebenfalls bei der Europawahl antretende DKP traut den Versprechungen nach früherer Unterstützung rechter antikubanischer Initiativen durch deren Spitzenkandidatin Gabi Zimmer allerdings nicht und fürchtet, dass die Politik im EU-Parlament von »der Parteirechten« bestimmt werden wird.2 Da das Bundesverfassungsgericht Ende Februar die bisherige Drei-Prozent-Hürde bei der Europawahl gekippt hat, könnten theoretisch bald beide linken Parteien ihre Positionen zu Kuba im nächsten Europaparlament vertreten.

1) http://www.die-linke.de/partei/organe/parteitage/europaparteitag-2014/weitere-beschluesse/solidaritaet-mit-demsozialistischen-kuba-solidaritaet-mitdem-integrationsprozess-in-lateinamerika/

2) http://news.dkp.de/2014/02/die-linkspartei-politik-im-eu-parlament-wirddie-parteirechte-machen/

CUBA LIBRE Volker Hermsdorf

CUBA LIBRE 2-2014