Sie wollten Kuba vor Terroristen schützen und wurden von Gerichten der USA als Terroristen verurteilt. Allein diese Tatsache deutet an, dass – in den USA wie hier in Europa – die Menschenrechte einschließlich der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte keineswegs allgemein gültig sind, sondern abhängig von politischen Interessen instrumentalisiert werden können.
Im Fall der Cuban Five geht es dabei nicht nur um Differenzen zwischen zwei Staaten – USA und Kuba – sondern um den Gegensatz unterschiedlicher Gesellschaftssysteme. Justiz als Klassenjustiz, geschichtlich verbunden mit der Entwicklung des Kapitalismus: ob Personen oder Staaten – Alternativen zum Kapitalismus werden kriminalisiert. Ich beziehe mich im Folgenden auf Uwe-Jens Heuer: »Kriminalisierte Alternativen – Wie der Imperialismus mit einem verengten Menschenrechtsbegriff Interventionen gegen sozialistische Staaten legitimiert«
Kriminalisierung von Alternativen zum Kapitalismus
1878, wenige Jahre nach der Reichsgründung, wurde in Deutschland das »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« verabschiedet. Als »Mörder und Mordbrenner« bezeichnete Reichskanzler Otto von Bismarck ihre Führer, befürchtend, sie könnten sich an der eben erst niedergeschlagenen Pariser Kommune orientieren und Deutschland der »Tyrannei einer Gesellschaft von Banditen unterwerfen«. Die Sozialdemokratische Partei wurde verboten.
1919, als sich die SPD nach der Bewilligung der Kriegskredite 1914 von einer revolutionären zu reformistischen Partei gewandelt hatte und nach der Niederlage Deutschlands im 1. Weltkrieg Regierungspartei geworden war, rief sie zur Verfolgung ihrer ehemaligen Genossen auf: »Wo Spartakus herrscht, ist jede persönliche Freiheit und Sicherheit aufgehoben. Die Stunde der Abrechnung naht!« Spartakus wurde militärisch niedergeschlagen, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet, die Auftraggeber der Morde blieben straffrei.
1933 bis 1945: Die Urteile aus der Zeit des Faschismus in Deutschland bedürfen hier keines Kommentars.
1956 – das Feindbild blieb das gleiche: Verbot der KPD – der Klassengegner war zum Verfassungsfeind geworden. Zahlreiche Mitglieder der Partei, die schon während der Nazizeit verfolgt und in Gefängnissen, Zuchthäusern und im KZ gewesen waren, wurden erneut vor Gericht gestellt und verurteilt.
1972: Berufsverbote. Mit der Verabschiedung des Radikalenerlasses wurde es möglich, Menschen mit kommunistischen Überzeugungen aus dem Staatsdienst zu entfernen oder gar nicht erst aufzunehmen.
1989: Dem Anschluss der DDR folgte die Kriminalisierung ihrer Funktionsträger; zahlreiche Wissenschaftler, auch Kunstausübende, verloren unter Verweis auf ihre politische Vergangenheit ihre berufliche Existenz. Klaus Kinkel, damals Justizminister bezeichnete die DDR als einen »Staat, der in weiten Bereichen so schrecklich war wie das faschistische Deutschland«. Ein »Unrechtsstaat«, wie aus Sicht der USA das sozialistische Kuba.
Rechtliche Gründe werden angeführt, um Unrecht zu legitimieren. Als vor 15 Jahren der NATO-Angriff auf Jugoslawien erfolgte – ohne UNO-Mandat, unter Missachtung von Völkerrecht und Grundgesetz – wurde eine neue Kategorie zur Begründung dieses und folgender Kriege eingeführt: »Humanitäre Intervention«. Das in der UN-Charta verankerte Völkerrecht samt den Menschenrechten wird ersetzt durch die Hegemonialinteressen der imperialistischen Staaten.
Terror legitimiert als »Kampf gegen den Terror«
Seit der kubanischen Revolution 1959 hat es mehr als 700 Terroranschläge gegeben, bei denen über 3000 Menschen getötet wurden, ohne dass US-Regierungen Maßnahmen gegen die meist von Florida aus agierenden Gruppen ergriffen. Die es, wie die Cuban Five, versuchten, um durch Warnungen vor Anschlägen ihr Land zu schützen, wurden »rechtskräftig « verurteilt. Die Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der UN-Menschenrechtskommission bewertete 2005 die Inhaftierung der Cuban Five als willkürlich, begründet mit schwerwiegenden Zweifeln an der Durchschaubarkeit des Rechtsverfahrens.
René González und Fernando González sind inzwischen freigelassen, drei der fünf bleiben in Haft, Antonio Guerrero bis 2020, Ramón Labañino bis 2028, für Gerardo Hernández, zu zweimal lebenslang plus 15 Jahre verurteilt, soll die Haft bis zum Ende seines Lebens dauern – »slow death row«, wie Mumia Abu Jamal.
Es geht um die Cuban Five, um Kuba, um uns. Lasst uns die Mauern niederreißen, hinter denen unsere Gegner versuchen die Wahrheit einzubetonieren – aber auch die Mauern, hinter denen wir uns verstecken, um uns dem geschichtlich gegebenen Auftrag zum Widerstand zu verweigern.
Nazim Hikmet:
Solange es auf der Erde
Noch ein einziges ausgebeutetes Land,
noch einen einzigen Sklaven gibt,
solange am Himmel
noch eine Atomwolke steht,
müssen wir alles hingeben für die Freiheit:
Gedanken, Seele und Herz.