Jorgitos Log

Aus Kuba: eine notwendige Aktualisierung

Jorgito Jerez Belisario


Die Kubanische Revolution schreibt unglaubliche Geschichten.

Jorge Enrique Jeréz Belisario kam 1993 mit einer schweren spastischen Lähmung auf die Welt. Er selbst sagt, dass es Jorgito el Camagüeyano nur deshalb heute noch gibt, weil er unter der schützenden Hand der Revolution aufwachsen konnte. So verwirklicht er heute seinen Lebenstraum und studiert Journalismus. Sein ganzer Einsatz gilt der Befreiung der Cuban Five, die ihn ihrerseits wie einen Sohn behandeln.

Jorgito erzählt seine Geschichte auf seinem Blog (http://jorgitoxcuba.wordpress.com/).

Die CUBA LIBRE ehrt er mit einer regelmäßigen Kolumne.



Vor zwei Jahren führte die kubanische Wirtschaft die »Arbeit auf eigene Rechnung« als einen alternativen Weg ein, um durch eine Entwicklung aus eigener Kraft wirtschaftliches Wachstum zu schaffen. Dabei sollen die selbstständigen Unternehmensformen als ein Impuls auf die produktiven Reserven im Inneren der Insel wirken.

Dieser Ansatz erlaubte es, die Zahl der Arbeiter, die ihren Lebensunterhalt in nicht-staatlichen Produktionsformen verdienen, innerhalb von nur 24 Monaten von 157 000 auf 442 000 anzuheben. Diese Zahl beziffert nicht nur die berühmten Paladares, Friseure und Kleinunternehmen, sondern beinhaltet auch die Überlassung von 1,5 Millionen Hektar Land in Erbpacht.

Diese Öffnung ermöglichte es, dass man in Havanna, abgesehen von den Oldtimern und alten Lastwagen in Privatbesitz, auch Kooperativen in jenen Bereichen aufblühen sieht, in denen früher ausschließlich der Staat aktiv war. Denn das strategisch wichtige Transportwesen ist mit am weitestgehendsten von den neuen Unternehmensformen durchzogen. Diese neu geschaffenen Kooperativen bieten zum selben Preis den gleichen Service an wie früher der Staat.

So verkehrt heute ein ganzes System von modernen, komfortablen und klimatisierten Klein-Omnibussen, welches es den Genossenschaftsmitgliedern erlaubt, das beabsichtigte Niveau an Effizienz einzuhalten, die Einkünfte zu vervielfachen und dem Land Kosten zu ersparen. In der gleichen Weise bilden sich im Umfeld der Transportunternehmen Servicebetriebe, darunter unter anderem in den Bereichen Autowäsche, Reparaturwerkstätten, Reifendienste sowie der ganze Bereich der für den Personenverkehr notwendigen technischen Unterstützung.

Das gleiche Managementsystem, das exklusiv private Arbeiter vereint, wurde in verschiedenen Bauernmärkten der Hauptstadt angewendet. Auch wenn die Preise bislang noch nicht im erwarteten Maße gesunken sind, wird erwartet, dass sie fallen, sobald die Zwischenhändler, die sich zwischen Acker und Verkaufstheke festgesetzt haben, verschwinden.

Die Organisationsform der nicht-landwirtschaftlichen Kooperativen hat auch die Gastronomie erreicht. Die nicht-staatliche Betriebsform verbreitet sich in Form der Verpachtung von Restaurants, Cafeterien und Einrichtungen, die Lebensmittel und alkoholische Getränke vertreiben und in allen Verwaltungsbezirken des Landes verbreitet sind. Angesprochen sind zunächst die Beschäftigten, welche vorher in den staatlichen Betrieben des Sektors angestellt waren. Die Option, sich selbstständig zu machen, steht aber auch allen anderen Interessierten offen.

Als eine kubanische Besonderheit kann gelten, dass die Genossenschaftler sich verpflichten, einen ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten angemessenen Obolus zu leisten, aber alle die gleichen Rechte haben, unabhängig vom eingezahlten Quantum.

Der Aktualisierungsprozess des kubanischen sozialistischen Modells hat mit den neuerdings getroffenen wichtigen kreditpolitischen, steuerlichen und monetären Entscheidungen einen neuen Impuls erhalten. Sie sollen den Kleinunternehmern den Zugang zu den Finanzmitteln gewähren, die zur Verwirklichung der zugelassenen Gewerbe notwendig sind, den Umtausch des Kubanischen in den devisenkonvertiblen Peso erleichtern und letztendlich die Doppelwährung abschaffen. Diese Änderungen in der wirtschaftlichen Dynamik sind nicht ohne Hindernisse vor sich gegangen. Am offensichtlichsten wurde dies im Prozess der Verleihung von Lizenzen, ohne dass vorher ausreichend geklärt gewesen wäre, auf welche Bereiche sich die gewährte Erlaubnis erstreckte.

Das führte dazu, dass zum Beispiel mit dem Gewerbeschein als Schneider oder Modegestalter in Wirklichkeit importierte Kleidung verkauft wurde. Ebenso gab es unter den Herstellern und Verkäufern von Haushaltswaren Fälle von künstlicher Verknappung zu Spekulationszwecken. Die aus dem Einzelhandel verschwundenen Artikel wurden anschließend zu überhöhten Preisen verkauft. Diese Verstöße wurden zunächst toleriert, nahmen dann aber Überhand und waren Anlass für Unmut, als sie schließlich verfolgt wurden.

Für den Aufbau des Sozialismus gibt es keine Rezepte, Magier oder Zauberer, alles hängt nur von der Intelligenz und Weisheit ab, mit der Entscheidungen getroffen werden. Wir sind aber voller Zuversicht, dass die Freisetzung von Aufgaben, die bislang von staatlichen Strukturen übernommen wurden, sich in einer höheren Effizienz und einem besseren Lebensstandard des werktätigen Volkes ausdrücken wird.


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CUBA LIBRE 1-2014