Beginn und Aktualisierung der Solidarität mit Kuba

Im Oktober 1974 wurde die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba (FG) gegründet.

Sie war von Beginn an eine politisch eingreifende und Standpunkte beziehende Organisation. Und sicher war sie als Kuba-Solidaritätsorganisation in Westdeutschland in dieser Form einzigartig: FG-Vorsitzende waren – bei aller Nähe zu DKP, MSB Spartakus oder SDAJ – jeweils auch linke Sozialdemokraten, wobei die Solidarität mit dem sozialistischen Kuba war immer unbestritten.

Brandenburger Tor
Nach 1990 sind die Verhältnisse in der Welt verändert worden, die »unipolare Welt« wurde von den USA ausgerufen, ganz als würden die gesellschaftlichen Verläufe nicht Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Die Gesetzmäßigkeit auf Kuba war die gleiche wie in anderen Ländern: Befinden sich die Klasse und die Politik, die diese macht, mit der gesellschaftlichen Erwartung daran im Einklang, gibt es Mehrheiten für den eingeschlagenen Weg. Ist das nicht der Fall, verlieren sich diese Mehrheiten, selbst zu Gunsten rückschrittlicher Entwicklungen, wie seit mehr als zwanzig Jahren in Osteuropa zu besichtigen ist.


Genauso werden sich die Verläufe wieder drehen können, auch wenn wir soweit noch nicht wieder zu sein scheinen. Die »unipolare Welt« hat sich jedenfalls nicht durchgesetzt, und Kuba – wo die gesellschaftliche Erwartung an die politische Macht von dieser erfüllt wurde – hat daran seinen Anteil.

Unverbrüchliche Solidarität

Die FG hat auch nach 1990 nicht mit der Solidarität mit Kuba aufgehört, aber so manche der mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Weltsystems auftauchenden Fragen machten auch vor der Freundschaftsgesellschaft nicht halt. Debatten wurden geführt, auch darüber, wie lange Kuba durchhalten würde; es gingen der FG Mitglieder verloren und neue kamen hinzu – aber am Ende stand, dass Kuba gerade jetzt nicht allein gelassen werden durfte. Allerdings setzte die FG angesichts der materiellen Lage auf der Insel in Absprache mit den Partnern auf Kuba die Schwerpunkte anders: Es ging fortan um politische und materielle Solidarität.

Wie im Interview mit den drei bisherigen Vorsitzenden des »Netzwerk Cuba« nachzulesen ist, entstanden in der Sonderperiode auch neue Soligruppen, gerade um diese, jetzt notwendige materielle Solidarität zu leisten.

Neue Aufgaben

Um 2006/2007 verkündete Kubas Regierung, dass die drückendsten Probleme der Versorgung in den Hintergrund gedrängt werden konnten. Das heißt zwar nicht, dass es fortan auf Kuba alles gegeben hätte. Vielmehr sollte mit der Aussage die internationale Solidarität auf politische Fragen gelenkt werden: die Blockade, der Kampf um die Befreiung der Cuban 5 oder auch »nur« einen Kontrapunkt zu der antikubanischen Medienlandschaft mit ihrer teils dreisten Darstellung eines Kuba zu setzen, das es so nicht gibt.

Auch Solidaritätsarbeit muss effektiver werden

In manchen Bereichen haben wir da auch Erfolge zu verzeichnen, aber zufrieden können wir, was unsere Medienarbeit angeht, keineswegs sein! Zu oft haben wir tolle Veranstaltungen, von denen die Menschen am Ort nichts gemerkt haben.

Natürlich hat die FG ihre Projekte, deren Unterstützung ja vorwiegend eine materielle ist, immer weitergeführt. Allerdings ist es denkbar, dass wir uns zu Gunsten der politischen Arbeit auf weniger Projekte konzentrieren. Diese Schwerpunktverlagerung entspricht dem Charakter der FG eher als es bei anderen Solidaritätsgruppen der Fall ist, die sich teils sehr dezidiert der humanitären Hilfe verschrieben und dabei Großes geleistet haben. Dass auf Kuba die Container-Einfuhren durch ausländische Organisationen wegen neuer Vorschriften seit Jahren komplizierter werden, hat zu ernsten Debatten unter den humanitär ausgerichteten Gruppen geführt, was verständlich ist.

Kubasolidarität 2014 Es geht ums Ganze – um den Sozialismus!

Unser Solidaritätsansatz ist im Überbau ein anderer: es geht um das große Projekt des Sozialismus. Denn ohne die politische und gesellschaftliche Macht werden alle Fortschritte derjenigen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, geschluckt. Da nutzen kein »Dritter Weg« oder Wortwendungen wie »Sozialismus des 21. Jahrhunderts «, die gesellschaftlichen Wandel nur vorgaukeln.

Richtige Analyse braucht realistischen Blick

In der Kubasolidaritätsbewegung in Europa sollte daher ein realistischer Blick auf Lateinamerika und seine Perspektiven gerichtet werden, damit aus falscher Analyse keine falsche Strategie resultiert. Denn es wird seit einigen Jahren in Lateinamerika wieder deutlicher, dass die dialektische Annahme, dass eine nationale Befreiung ohne soziale Befreiung nicht nachhaltig sein kann, richtig ist. Das gesellschaftliche Überleben des Sozialismus auf Kuba hat über alle Jahre der Sonderperiode weniger von der Menge an medizinischen Gütern oder Baumaterial abgehangen, die verschifft wurde, als von der Bereitschaft der Kubanerinnen und Kubaner, ihre Errungenschaften zu verteidigen. Genau dabei können wir vielleicht mehr helfen als andere. Die FG BRD-Kuba sieht in diesem Sinne ihre Aufgabe in der Solibewegung darin, politisch zu wirken.

Kuba sollte Schwerpunkt des Netzwerks bleiben

Dabei ist die Fortexistenz des Netzwerk Cuba hilfreich, wenn es sich als Dachorganisation begreift, die die für Kuba agierenden Gruppen vernetzt. Eine Ausweitung der Netzwerkarbeit auf lateinamerikanische Nachbarländer, wie sie zuweilen diskutiert wird, verkennt den Unterschied zwischen politischer Solidarität mit Kuba und notwendiger Diversifizierung außenpolitischer Kontakte durch Kuba. Der Dachverband reiner Kubasolidaritätsgruppen sollte keine anderen Schwerpunkte setzen als seine Mitglieder. Bleiben wir entschlossen und entschieden – für ein sozialistisches Kuba!

CUBA LIBRE Günter Pohl

CUBA LIBRE 1-2014