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Wir bringen diesmal ausnahmsweise Ausschnitte aus Jorgitos Blog, in denen er von seinem Treffen mit der zweiten Brigade der SDAJ »Batalla de Ideas« berichtet, sowie Teile seines Briefwechsels mit Tony Guerrero, einem der Cuban Five.
Am 22. August schreibt Jorgito auf seinem Blog:
»Liebe Freundinnen und Freunde, in den Abendstunden des 21. August, um zwanzig Minuten vor Mitternacht, landete die Maschine der Aerocarribean, in der ich unterwegs war, auf der Landebahn des Flughafens José Martí in Havanna. Der Flug verlief optimal, vielleicht abgesehen davon, dass die Bonbons erst kurz vor der Landung ausgeteilt wurden.
Am folgenden Tag vermittelten Julian Guitierrez, Koordinator des Universitätsnetzwerkes in Solidarität mit den Los Cinco (den Cuban Five) und ich den deutschen Brigadistinnen und Brigadisten eine kurze Einführung in den Fall der Cuban Five. Nachmittags wird Felíu multimedial den solidarischen Kampf fur die Befreiung der Fünf darstellen, welcher jetzt schon fünfzehn Jahre andauert. Abends werden wir mit einigen Agenten aus der Serie »Kubas Beweggründe« zusammentreffen, in der Kubaner berichten, wie sie von ausländischen Geheimdiensten angeworben wurden und sich zum Schein auf eine Zusammenarbeit eingelassen haben, um Informationen über die Destabilisierungsversuche des Gegners zu sammeln. Direkt aus der CUJAE werde ich Euch über die Geschehnisse auf dem Laufenden halten.«
(Jorgito ist ein begeisterter Schachspieler. Die Zeit der Mittelschule verbrachte er in einem Sportinternat. Dort wurde er in einer Clique von Karatekämpfern aufgenommen. Jorgito vermutet augenzwinkernd, dass darin begründet liegen könne, dass er in seiner Jugend niemals auf der Straße wegen seiner Behinderung verspottet oder gehänselt wurde. Jorgitos Schwerpunkt im Sportinternat war Schach. Noch heute spielt er Schach, wo es nur geht: zu Hause, auf Turnieren, auf der Straße. Sei Anfang 2013spielt er eine Fernschachpartie per Email mit Tony Guerrero. Dabei berichtete Jorgito Tony von der Einladung, vor der SDAJ-Brigade »Batalla de Ideas« zu sprechen. Am 22. August antwortet Tony Jorgito und sendet den deutschen Brigadisten einen Gruß aus dem Gefängnis von Marianna/USA:)
»Lieber Neffe, … Also, seit gestern solltest Du in der CUJAE sein. Sowohl mein Bruder Julian als auch Du haben mich gebeten, etwas für die jungen Leute aus Deutschland zu schreiben. Die Wahrheit ist, dass ich es in all meinen Verpflichtungen nicht geschafft habe. Ich will mich gar nicht rechtfertigen, aber manchmal kann ich nicht alles, was von mir erbeten wird, erfüllen. Sollte Dir noch ein Treffen mit ihnen bevorstehen, Neffe, dann sende diesen Jugendlichen, die welche von uns sind, fünf feste Umarmungen, und sag ihnen, dass ihre Liebe zu Kuba und ihre Unterstützung für den Kampf um unsere Freiheit uns Kraft gibt. Richte ihnen unseren Dank aus, und unsere Entschlossenheit, auch in Zukunft an ihrer Seite für eine bessere Welt, für Solidarität und Frieden zu kämpfen. (…) Eine feste Umarmung. Ich hoffe, Du hattest eine gute Reise in die Hauptstadt. Onkel Tony.«
Jorgito titelt auf seinem Blog:
»22. August Neueste Nachrichten: Deutsche kommunistische Invasion nimmt das Weise Haus ein.
Nach Berichten internationaler Presseagenturen hat heute Nachmittag eine Gruppe junger Deutscher, Mitglieder der Kommunistischen Jugend, das Weise Haus eingenommen. Die ›Casa Blanca‹ ist der gängige Name des Studentenzentrums der CUJAE.
Foto: http://jorgitoxcuba.wordpress.com/ |
Dort hatten wir Gelegenheit, einen exzellenten Vortragenden zu erleben, Santiago Feliu. Zwar ist er kein Musiker, aber er verwirklicht mittels der Musik Aktionen für die Fünf. Julian war ebenso großartig, so gut wie immer. Wir drei versetzten die junge Dolmetscherin ganz schon in Stress, so dass sie sich vermutlich danach gesehnt hat, dass wir bald gehen. Jetzt, wo meine Begegnung mit dieser kessen deutschen Solidaritätsbrigade schon fast ihren Abschluss gefunden hat, nehme ich ein Stückchen von diesem Land in mein Camagúey mit.
Es fehlt nur noch ein Treffen am Abend mit den Agenten, über die in der Dokumentation ›Kubas Beweggründe‹ berichtet wurde. Wenn mir die Begegnung mit dieser Gruppe etwas gebracht hat, dann die Überzeugung, dass eine bessere Welt möglich ist. Dank dieser jungen Leute sind sich die Volker von Kuba und Deutschland noch naher gekommen. Eine kleine Gruppe dieser mutigen Mädels und Jungs wendete die ›Den Jäger zum Gejagten machen‹-Technik auf mich an und interviewten mich für einen Film, der ihren Aufenthalt in Kuba dokumentiert. Ich danke Julian und dem Uni-Solidaritätsnetzwerk dafür, mir die Gelegenheit gegeben zu haben, mit dieser Gruppe zusammen zu kommen. Es handelt sich zweifellos um den besten Beleg dafür, dass die Jugend sehr wohl das kapitalistische System umwälzen, tatsächlich das Weise Haus einnehmen und auf den Trümmern der alten Welt eine neue, gerechtere, errichten kann. In Kurze mehr dazu.«
(Am folgenden Tag macht Jorgito das Versprechen wahr und veröffentlicht einen weiteren Bericht über seine Begegnung mit der SDAJ-Brigade. Die angekündigten Agenten hatten wegen der sintflutartigen Regenfälle nicht in die CUJAE kommen können.)
»23. August
Gute Debatten im Weisen Haus
Es war ein bewegter und ergebnisreicher Abend. Obwohl die starken Regenfalle für chaotische Verhältnisse gesorgt haben, gaben die deutschen Eindringlinge nicht klein bei. Julian zeigte ein Video über die Helden der Dokumentation ›Kubas Beweggründe‹, über das im Anschluss intensiv diskutiert wurde. Wir sprachen über Themen wie den Konflikt zwischen Kuba und den USA. Auch über all die Aggressionen, die ein Volk erleiden musste, nur weil es sich entschieden hatte, die Ketten der Ausbeutung und der Kolonialisierung zu sprengen, all das, was ein vom Kapital angetriebenes System mit sich bringt.«
(Eine Woche später veröffentlicht Jorgito eine E-Mail, in der er Tony von dem Treffen mit der SDAJ-Brigade berichtet:)
»30. August 2013
Onkel:
Ich bin bereits zurück in meinem Camagüey. Der Besuch bei der CUJAE war klasse, vor allem der Dialog mit den Deutschen. Es ist unglaublich, welch ein Vertrauen diese jungen Leute in den Sozialismus haben und wie sie dabei Kuba wie einen Leuchtturm ansehen. Durch Begegnungen dieser Art begreift man erst, wie groß das ist, was man hat, und dass man es verteidigen muss. Deine Zeilen wurden mit großer Begeisterung aufgenommen. Sie arbeiten hier in der Einrichtung von Arbeitsräumen für unsere Sache. Sie haben Computer und eine Verstärkeranlage für Musikveranstaltungen mitgebracht, neben weiteren Dingen, die dazu notwendig sind, einen ›Solidaritätsbunker‹ aufzubauen. (…)
Eine Umarmung.
Dein Neffchen Jorgito.«
(Am selben Tag schickt Tony Jorgito folgende Antwort aus dem Gefängnis:)
»30. August
Liebes Neffchen:
manchmal frage ich mich, woher Du neben all den anderen Aktivitäten noch die Zeit zum Studieren nimmst. Offensichtlich bist Du jemand, der alles kann und mit Sicherheit setzt Du bewusst Deine Prioritäten, mit Disziplin und Verantwortung. Es freut mich zu hören, dass das Treffen mit den deutschen Jugendlichen in vielerlei Hinsicht fruchtbar war. Das mit den Arbeitsräumen war mir nicht bekannt. Es erscheint mir eine ausgezeichnete Idee, um der Wahrheit immer mehr Raum zu erkämpfen, immer weiter bis zur Freiheit. (…)
Eine feste Umarmung.
Dein Onkel Tony.«
(In der nächsten CUBA LIBRE findet Ihr wieder die gewohnte Kolumne von Jorgito, dem Camagüeyaner.)
Zusammenstellung und Übersetzung: Tobias Kriele.
CUBA LIBRE 4-2013