Im Jahr 2008 wurde vom UNO-Menschenrechtsrat beschlossen, dass sich die Staaten der Erde alle vier Jahre einer Überprüfung ihrer Menschenrechtssituation unterziehen müssen.
Diese sogenannte EPU (Examen Periodico Universal) befindet sich augenblicklich im zweiten Zyklus. Das bedeutet, dass auch Kuba wieder überprüft wird – und zwar in der 16. Sitzungsperiode des Menschenrechtsrats. In der Zeit vom 22. April bis 3. Mai 2013 ist Kuba auf der Agenda des Rates. Das ist zunächst nichts Besonderes, da im gleichen Zeitraum auch über Länder wie etwa die Bundesrepublik, Kanada und die Kapverdischen Inseln verhandelt wird.
Double Standards
Was auf den ersten Blick wie Routine aussieht, lässt auf den zweiten Blick erkennen, dass es für Kuba mehr als Routine bedeutet.
Für kein anderes Land existiert der berühmte »Gemeinsame Standpunkt« der Europäischen Union, der normale wirtschaftliche Beziehungen zwischen der EU und Kuba verbietet. Worauf begründet sich dieser Boykott offiziell? Natürlich auf die Menschenrechten.
Kein anderes Land muss – nun mehr als ein halbes Jahrhundert – mit einer Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade leben. Die wurde zwar von den USA verhängt, verkompliziert und verteuert aber die Wirtschaftsbeziehungen zu fast allen Ländern der Welt.
Womit begründen die USA diese Blockade? Zur Zeit mit den Menschenrechten. Die konkreten Gründe, die sich die USA zur Aufrechterhaltung dieser völkerrechtswidrigen Maßnahme einfallen lassen, passen sich allerdings der jeweiligen politischen Konjunktur an: War es zunächst die Unterstützung der revolutionären Bewegungen in Lateinamerika, dann die Beziehung zur Sowjetunion, und später Kubas Präsenz in Afrika, die zum Ende des Apartheidsystems in Südafrika führte, so sind im letzten Jahrzehnt die Menschenrechte die offizielle Rechtfertigung zur Beibehaltung der Blockade.
NGOs mit und ohne Auftrag
Daher schicken viele Organisationen und NGOs interessengeleitet Berichte an die Hohe Kommissarin der Menschenrechte, um darin Kuba in ein schlechtes Licht zu rücken. Auf der anderen Seite haben Solidaritäts-Organisationen auf der ganzen Welt ebenfalls ihre Berichte über ihre Einschätzung der Situation in Kuba in Genf abgegeben – darunter auch die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba und ihre FG Regionalgruppe Essen.
Die, die im Glashaus sitzen
Auch amnesty international hat wohl seine Berichte nach Genf geschickt. Dort sind für europäische Staaten 64 und auch für Deutschland sechs schwere Menschenrechtsverletzungen aufgelistet, die es in Kuba nicht gibt. Dies sind z. B. »Handlungen der Folter und unmenschliche oder erniedrigende Praktiken durch die Behörden, Straflosigkeit der dafür verantwortlichen Ordnungskräfte, Ausweisung von Personen, auch von Minderjährigen in Länder, in denen Folter ausgeübt wird, gewaltsames Vorgehen bei Demonstrationen und heimliche Festnahme von Personen zur Überführung in Folterstaaten.«
Zusammen mit Vergehen wie Zwangssterilisation von Frauen, von Ordnungskräften begangenen Morden (sogar an Minderjährigen) bis zur Verantwortung für einen Völkermord. Vielleicht sollte die EU den »Gemeinsamen Standpunkt« gegen sich selbst anwenden.
amnesty international Bericht 2011
Salim Lamrani: Cuba, la Union Europea y la retórica de los derechos humanos, rebelión 16.11.2012
Renate Fausten
CUBA LIBRE 1-2013