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Fünf Geschichten, ein Land

Jorgito Jerez Belisario

Jorgito Jerez Belisario

Vor einigen Tagen besuchte Adriana O'Connor, Frau von Gerardo Hernández Nordelo, einem der fünf in den USA gefangenen kubanischen Antiterroristen, mein legendäres Camagüey.

In meiner Familie haben wir uns daran gewöhnt, die Familiengeschichten der Fünf als die von normalen Menschen aufzunehmen, welche von dem Podest herabsteigen, auf die das Leben sie gestellt hat. Und dennoch hören sie nicht auf, uns zu bewegen.

Gerardo und Adriana – eine außergewöhnliche Liebesgeschichte

Wie traurig ist es zu wissen, dass die beiden von den 26 Jahren, die sie ein Paar sind, nur ungefähr 6 Jahre zusammen sein konnten. Die restliche Zeit hat der »Held der Republik Kuba« nicht bei seiner Geliebten verbringen können, da er die Interessen des Vaterlandes seinen persönlichen voranstellte.

Diese Liebesgeschichte scheint für schwierige Momente gemacht zu sein. Mehr als 14 Jahre ohne persönliche Treffen, beschränkt darauf, alle zwei Tage für ungefähr zehn Minuten miteinander zu telefonieren, nur gelegentlich eine E-Mail: Liebe dieser Art ist allerdings ungewöhnlich.

Rene – in »Freiheit« und doch gefangen

Was soll man erst über René sagen, der, im Status sogenannter überwachter Freiheit lebend, fortgesetzt alle bedeutenden familiären Momente verpasst. Vor wenigen Tagen wurde dieser Mann Großvater (wie die Zeit vergeht !) und kann dabei doch nicht in der Nähe seiner Tochter sein, wie auch schon zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit und ihrer Graduierung. René kann heutzutage ebenso wenig seine jüngste Tochter heranwachsen sehen. Welch Barbarei – und Ähnliches passiert mit Ramón und Tony, denen allein deshalb wichtige Momente im Leben ihrer Kinder vorenthalten werden, weil sie ihre Würde bewahrt haben.

Fernandos Los

Genauso wie Gerardo konnte sich auch Fernando nie den Traum erfüllen, Vater zu werden: der imperiale Hass hat es verhindert.

Wem der Fall komplett unbekannt ist, der wird jetzt vielleicht fragen: Wovon redet dieser Bursche eigentlich ?

Kurze Geschichte der Fünf

Besagte fünf Männer wurden vor über 14 Jahren verhaftet, da sie im Innern terroristischer Gruppen aus Miami Informationen gesammelt und so verhindert hatten, dass die Liste der von der Hand der Terroristen getöteten Kubaner noch länger würde.

Zu keinem Zeitpunkt hatten sie Zugang zu Unterlagen, die die nationale Sicherheit der USA hätten gefährden können, und dennoch befand eine unter Druck gesetzte und eingeschüchterte Jury sie für schuldig, und eine krankhaft parteiische Richterin verurteilte sie zu überzogenen Haftstrafen.

Der Fall der Fünf ist durch verschiedene Stufen des US-Justizsystems gegangen, und in jeder von ihnen ist er auf Ungerechtigkeit geprallt – so weitgehend, dass die Kommission für willkürliche Verhaftungen der UNO den Prozess für »nicht gerecht« erklärte. Geändert hat dies nichts.

2005 erklärte ein aus drei Richtern bestehendes Berufungsgericht in Atlanta den Prozess für null und nichtig, da selbiger in einer feindseligen Umgebung stattgefunden habe. Es war klar, dass die Fünf in Miami keinen fairen Prozess bekommen würden.

Verteidigung der Los Cinco wird behindert

Bis heute wird ihnen der Zugang zum Beweismaterial verweigert, und den Anwälten wird es erschwert, ihre Mandanten zu treffen. Die sogenannten Rechtsverstöße von Al Assad in Syrien kritisiert man lautstark – und gleichzeitig verweigert man einem Mann, der zweifach dazu verurteilt ist, bis ans Ende seiner Tage im Gefängnis zu sitzen, den Zugang zu seiner Verteidigung. Warum wird dem US-amerikanischen Volk die Kenntnis von dieser himmelschreienden Verletzung der Menschenrechte verweigert ? Ist diese Art von Information etwa unerwünscht?

Letzte juristische Chance

Die Fünf kämpfen in diesem Moment für so etwas wie ihre letzte juristische Möglichkeit innerhalb des US-Rechtssystems. Beim Habeas Corpus oder der kollateralen Berufung handelt es sich um einen beschränkt erfolgversprechenden Prozess, der angestrengt werden kann, wenn die üblichen Berufungsmöglichkeiten erschöpft sind.

In diesem Fall wurde er dem Federal Court in Miami vorgebracht, wo er derzeit von derselben Richterin geprüft wird, die die Fünf im Jahr 2001 für schuldig befunden hatte.

Das schlagende Argument in diesem Antrag ist die Tatsache, dass die US-Regierung an in Miami wohnhafte Journalisten Zahlungen in Millionenhöhe überwiesen hatte, was während des Prozesses ein vorurteils- und hasserfülltes Klima schuf. Dabei handelte es sich um eine Verletzung der Verfassungsartikel 5 und 6 der US-Verfassung, die einen gerechten und fairen Prozess garantieren.

Gerardos Fall

Gerardos Fall ist von allen fünf der komplizierteste. In seiner Einwendung wurden die Fehler der von seinem ersten Anwalt Paul MacKenna gebrauchten Verteidigungsstrategie benannt. Parallel dazu wurde bei der Nationalen Luftfahrts- und Weltraumbehörde NASA die Veröffentlichung der Satellitenbilder beantragt, mit deren Hilfe nachgewiesen werden könnte, dass der Abschuss der Kleinflugzeuge am 24. Februar 1996, für den er absurderweise verurteilt wurde, im kubanischen Luftraum geschah.

Der Kampf geht weiter. Immer mehr fordern das Ende dieser Ungerechtigkeit, und während auf dem Rechtsweg die Tore geschlossen werden, gewinnt die Sache der Fünf zunehmend Herzen auf allen Kontinenten.

Obama könnte begnadigen

Es liegt in der Hand von Barack Obama, unseren Brüdern die Freiheit wiederzugeben. Mit diesen Zeilen bitte ich ihn darum, jenen Menschen gerecht zu werden, die ihn zum zweiten Mal in Folge in das Weiße Haus wählten. Es liegt jetzt an ihm, entweder zu beweisen, dass er sich von seinen zehn Vorgängern unterscheidet, oder sich in die Nummer Elf zu verwandeln, die business as usual betreibt.

Jeder neue Tag, den die Fünf in Haft sitzen, ist ein weiterer Affront gegen die Menschheit und gegen uns, die wir für eine gerechtere Welt kämpfen.

Wir sollten uns jeden Abend vor dem Einschlafen fragen, was wir heute für die Freiheit der Fünf getan haben. Sie haben mit ihren Taten in gleichem Maße Kubaner, US-Amerikaner oder möglicherweise auch Deutsche vor dem Terrorismus beschützt, denn letzterer ist grenzenlos.

Stoppen wir den imperialen Hass gegen diese Männer, die längst Geschichte geworden sind – und für viele auf der Welt zum Vorbild.

Wie heißt es in unser Nationalhymne so treffend: »Das Vaterland blickt mit Stolz auf Euch«.

(Jorgitos Blog: http://jorgitoxcuba.wordpress.com/)


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(Übersetzung aus dem kubanischen Spanisch: T. Kriele)

CUBA LIBRE 1-2013