Neues Kabel soll nach Verzögerung bis Jahresende in Betrieb genommen werden. Wikileaks-Dokument enthüllt indes Programme der US-Botschaft
Mit der schrittweisen Veröffentlichung einer Viertelmillion Depeschen des US-Außenministeriums gerät die US-Diplomatie in Erklärungsnot.
Havanna. In Kuba soll nach mehrmaliger Verzögerung bis Jahresende ein neues Glasfiberkabel in Betrieb genommen werden, das die Übertragungsgeschwindigkeit für das Internet erheblich verbessern kann. Das sagte der zuständige Vizeminister für Informatik und Kommunikation, Boris Moreno, nach angaben des Internetportals cubasi.cu. Das insgesamt 1.600 Kilometer lange Kabel war vor wenigen Monaten von Venezuela aus nach Kuba verlegt worden und wird von dort aus nach Jamaika weitergeführt. Bislang ist Kuba über kostspielige und langsame Satellitenverbindungen mit dem Internet verbunden, weil die US-Blockade eine Anbindung an die bestehenden Unterseekabel verhindert.
Nach Inbetriebnahme des modernen Kabels aus Venezuela werde Kuba den "sozialen Zugang" zum Netz unterstützen, sagte Vizeminister Moreno nun. So würden wissenschaftliche Institutionen, kulturelle Einrichtungen, Bibliotheken, Krankenhäuser sowie Regierungs- und Verwaltungsstrukturen bei den modernen Anschlüssen mit Vorzug behandelt. Der Ausbau eines neuen Leitungsnetzes im Land selbst sei jedoch mit hohen Kosten verbunden und würde je nach bereitstehenden Mitteln vorangetrieben. Auch private Anschlüsse würden in dem Maße zur Verfügung gestellt, wie die Ressourcen es erlauben. Moreno verwies zugleich darauf, dass die US-Blockade den Zugang Kubas zu wichtigen Tools wie sogenannten Payment Gatewayszur Online-Bezahlung verhindert.
Während Kuba den Ausbau des Internets vorantreibt, wurde über die Enthüllungsplattform Wikileaks eine Depescheder US-Interessenvertretung von Mitte August 2008 bekannt, in der Jonathan Farrar, der damalige Chef der diplomatischen Vertretung, der US-Regierung einen Ausbau der eigenen Netzressourcen in Kuba empfiehlt, etwa in den Räumen der Interessenvertretung. Zudem berichtete Farrar über Besuche US-amerikanischer Diplomaten in kubanischen Internetcafes. Dabei ging es ihnen darum, herauszufinden, welche Informationsangebote in Kuba erreichbar sind. Farrar bestätigt, dass die Seite der Interessenvertretung ebenso verfügbar ist wie die des US-Außenministeriums. Ebenso frei lesbar seien US-Medien wie die Washington Post und die New York Times sowie die Web-Angebote von Organisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International.
Farrar empfahl dennoch einen Ausbau eigener Internetzugänge in Kuba, um die Inhalte von US-finanzierten Exilorganisationen zu ermöglichen, deren Seiten in Kuba gesperrt sind. Genannt werden die Gruppierung Directorio Democrático Cubano, Centro Cubano para una Cuba Libre oder Grupo de Apoyo a la Disidencia. Die Depesche lässt auch jüngste Zwischenfälle zwischen Havanna und Washington in einem anderen Licht erscheinen: Im März war der US-Amerikaner Alan Gross in Kuba zu einer 15-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er im Auftrag der US-Regierung IT-Gerät illegal nach Kuba eingeführt hatte.
Harald Neuber
31. August 2011, amerika 21
CUBA LIBRE 4-2011