Der VI. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas hat die Richtung für die Fortführung der Revolution zu einer
sozialistischen Gesellschaft eindeutig bestimmt.
Die weitere Ausgestaltung des sozialistischen Gesellschaftsmodells, seine Modernisierung angesichts der beträchtlich
veränderten internationalen Bedingungen und nach den für Kuba verheerenden, fast tödlichen Einschnitten in der
wirtschaftlichen Entwicklung nach den Ereignissen 1989/90, stellte sich besonders nach dem Ausscheiden des bewährten Führers der
Revolution, der Partei und des Staates, Fidel Castro Ruz, als objektiv zwingende Notwendigkeit in den Mittelpunkt.
In den Jahren der "Speziellen Periode" ging es ums Überleben in der nun überwiegend feindlichen Umgebung.
Industriebetriebe verschlissen wegen fehlender Wartung, Ersatzteile und auch Energie und finanzielle Mittel waren Mangelware.
Unternehmen mussten die Produktion reduzieren oder gar einstellen, das setzte Arbeitskräfte frei, die nicht in produktiven
Beschäftigungsverhältnissen untergebracht werden konnten.
Die notwendige Öffnung zum kapitalistischen Markt half zwar zum Überleben, erfüllte aber nicht die Erwartungen. Infrastruktur,
Transportwesen, Energiewirtschaft, Bauwesen, Wasserwirtschaft usw. waren nur mit großen finanziellen Aufwand zu entwickeln. Die
Landwirtschaft verkümmerte in diesem agrarisch geprägten Land. Die Jugend nutzte die großzügigen Studienangebote und verließ
nach dem Studium das Dorf. Über 80% der benötigten Lebensmittel mussten importiert werden, während riesige nutzbare Ackerflächen
verkamen. Jetzt war die Zeit gekommen, um sich grundlegend und komplex mit der weiteren wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklung auseinander zu setzen ...
Dieser demokratische Prozess fand nach mehrjährigen Debatten seinen Höhepunkt in dem VI. Parteitag vom 16. bis 19. April 2011
mit der Diskussion und Beschlussfassung zu den Leitlinien der Wirtschafts- und Sozialpolitik Kubas. - Unser Schwerpunkt in
diesem Cuba Libre Heft.
Sie geben die Richtung für alle Bereiche der Wirtschafts- und Sozialpolitik vor. Kurzfristig soll das Defizit der Zahlungsbilanz
beseitigt und neue Einnahmequellen gefördert werden. Die Motivation zum Arbeiten soll durch entsprechende Maßnahmen stimuliert
und alle Ressourcen wirkungsvoll und produktiv eingesetzt werden. Langfristig sollen Lösungen einer nachhaltigen Entwicklung auf
der Basis von eigenen Gesetzmäßigkeiten angestrebt werden, die eine hohe Selbstversorgung auf den Gebieten Ernährung und Energie
ermöglichen. Zu den Beschlüssen des Parteitages zählt auch die Bildung eines ständigen Regierungsausschusses, die dem
Vorsitzenden des Staats- und Ministerrates untergeordnet ist, zur Einführung und Weiterentwicklung der Leitlinien, und die
Empfehlung an die oberste Volksvertretung, die entsprechenden juristischen Regelungen, Gesetze und Verordnungen zu erlassen.
Es ist verständlich, dass dieses komplexe Gesamtwerk sowohl in der Theorie als auch in der Praxis weiter entwickelt werden wird.
Im Mai/Juni fanden in den Bezirken die Delegiertenkonferenzen der Partei statt und zur Zeit werden in den Kreisen die Aufgaben
präzisiert.
Tausende Kader von Partei und Staat wurden auf der Grundlage der Thesen geschult und qualifiziert. An die Partei werden sehr
hohe Anforderungen gestellt, damit sie ihre Verantwortung bei der Umsetzung dieser weit reichenden Strategie wahrnehmen kann.
Am 28. Januar kommenden Jahres wird eine außerordentliche Parteikonferenz dieser Prblematik gewidmet sein. (Die Cuba Libre wird
auch über die weiteren Schritte in Cuba berichten.)
Heinz Langer
CUBA LIBRE 3-2011