Bibliothek des Widerstand

Im Laika-Verlag werden Filmbücher über die Geschichte der Linken aus aller Welt hereausgegeben

"Wenn es notwendig ist, um den Frieden im Land zu erreichen, dann müssen alle im Wege stehenden Personen sterben. Zuerst werden wir alle Subversiven töten, dann all diejenigen, die mit ihnen kollaboriert haben, danach alle ihre Sympathisanten, dann die Gleichgültigen und am Schluss töten wir die Ängstlichen".

Diese Agenda eines faschistischen Vernichtungsprogramms gab der argentinische General Jorge Videla zum Besten. Und er blieb nicht bei Worten. Als Chef der argentinischen Militärjunta setzte er diese Pläne mit Hilfe seiner Kumpane in den Nachbarländern in die Tat um. Eine ganze Generation von politischen AktivistInnen, GewerkschafterInnen, StudentenvertreterInnen und Bauernoppositionellen wurde ermordet. Unter ihnen waren auch mehrere deutsche Staatsbürger.

Zwei von ihnen, die Soziologin Elisabeth Käsemann und der Münchner Maschinenbaustudent Klaus Zischank, werden durch ein als Band 8 in der "Bibliothek des Widerstands" erschienenen Filmbuch dem Vergessen entrissen. Käsemann wurde1977, Zischank ein Jahr zuvor ermordet. Beide waren vom sozialen Aufbruch jener Jahre beeinflusst worden und standen in der BRD und in Argentinien auf der Seite der Linken.

Auf einer in dem Buch eingehefteten CD befinden sich zwei Filme, die die Hintergründe der Ermordung der beiden jungen Menschen nachzeichnen. Die Ignoranz der offiziellen politischen Stellen in Bonn, die sich nicht für die Verschwundenen einsetzen, sondern deren Angehörige und Freunde vertrösten, wird hier deutlich. Die in Argentinien lebende Mutter von Zischank wurde auf einer Rundreise durch die BRD von Solidaritätsgruppen unterstützt.

Politische Stellen verbreiteten dagegen die Version des argentinischen Regimes, Zischank sei nicht entführt worden, sondern habe sich einer Guerillagruppe angeschlossen. Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon bekannt, dass sich der Student in einem Geheimgefängnis des argentinischen Militärs in Lebensgefahr befand.

Fußball und Folter

In dem ansprechend gestalteten 190seitigen Buch viele dieser Hintergründe längst vergessener politische Auseinandersetzungen vermittelt. So gab es in der kritischen Öffentlichkeit eine lebhafte Debatte über das Verhalten des BRD-Fußballteams während der Fußball-WM 1978 in Argentinien.

Als Amnesty International alle Spieler in einem Offenen Brief bat, eine Petition für die Einhaltung der Menschenrechte zu unterzeichnen, antwortete der Kicker Manfred Kaltz vom Hamburger SV, er habe andere Probleme und es belaste ihn keineswegs, wenn in Argentinien gefoltert wird. Ihn und die anderen Spieler hat es auch nicht belastet, dass der Altnazi Hans-Ulrich Rudel als Gast im Camp der Spieler auftauchte. Auf Kritik antwortete DFB-Präsident Neuberger: "Herr Rudel ist meines Wissens Bundesbürger mit vollen Rechten wie die Protestierenden. Ich hoffe doch nicht, dass man ihm seine Kampffliegertätigkeit aus dem Zweiten Weltkrieg vorwerfen will."

Neuberger, Kaltz und Co. haben keinem Nazi seine Tätigkeiten im zweiten Weltkrieg vorgeworfen und dem Gastgeberregime auch nicht übel genommen, dass es diese Tradition mit der Verfolgung von linken Oppositionellen fortsetzte. Mit diesem Thema beschäftigt sich auch Band 9 der Reihe "Bibliothek des Widerstands" mit dem Filmbuch "Panteon Militar". Dort wird den preußischen Traditionen im argentinischen Militär nachgegangen. Ein junger Offizier bekannt ganz offen, die Junta habe nur die Subversion bekämpft und für Ruhe und Ordnung gesorgt. Und dass das auch in Ordnung wäre.

Geschichte eines anderen Amerika

Die beiden Filmbücher sind zwei Beispiele aus dem Sortiment des Laika-Verlags, in dem die Bibliothek des Widerstands erscheint. Die bisher erschienen 9 Filmbücher wecken große Erwartungen an eine linke Gegengeschichtsschreibung. Denn diesem Anspruch sind alle bisherigen Bänden gerecht geworden.

Eine besondere Rarität sind die beiden Filme über den Weather-Underground, einer US- Guerillagruppe in den USA, die in Solidarität mit den Black Panthers und den Bewegungen im globalen Süden sowie den Vietcong den Krieg heim bringen wollte.

In dem Film "Underground" wurden die Kämpfer 1976 von befreundeten Filmemachern porträtiert. In dieser Zeit hatte die Organisation eine große Zäsur, hervorgerufen durch einen Unfall beim Hantieren mit Sprengstoff, hinter sich. Die Explosion, die drei Genossen das Leben kostete, führte zu einer intensiven Selbstkritik über den Militarismus in der Organisation. Der zweite Film stammt aus dem Jahr 2002 und ist ein kritisches Resümee der Gruppe. Dort kommen ehemalige AktivistInnen ebenso zu Wort wie strikte GegnerInnen. Diese Kombination erlaubt es den ZuschauerInnen, sich ein eigenes Bild zu machen und kombiniert mit den informativen Hintergrundtexten ist dieser Band eine wahre Fundgrube, wenn man sich über ein Amerika informieren will, das vergessen gemacht wurde. Im fünften Filmbuch wird in Bild und Wort die Geschichte des SDS in den USA nachgezeichnet. Schon im zweiten Band wird ein Film über die Verhaftung von Angela Davis und den Kampf um ihr Leben und ihre Freilassung vorgestellt.

Die Geschichte der MIR

Auch das aktuell erschienene Filmbuch über die Revolutionäre Linke Chiles (MIR) ist absolut empfehlenswert. Ein solch poetischer und doch analytischer Umgang mit der Geschichte einer revolutionären Organisation ist selten und setzt Maßstäbe.

Der Film beginnt mit einer Erinnerung an die Ermordung des MIR-Gründungsmitglieds Miguel Enriquez im Jahr 1975. Die kurze Geschichte dieser im Chile der frühen 70er Jahre durchaus bedeutsamen Organisation wird noch lebendig. Es gibt Erinnerungen an die heroischen Tage der Unidad-Popular, als in den Fabriken, den Stadtteilen, im ganzen Land Menschen sich an die Umgestaltung der Gesellschaft machen. Die MIR spielt dabei eine wichtige Rolle. Im Film berichten Arbeiter und arme Bauern, wie sie durch den politischen Kampf zu Subjekten wurden.

Gleichzeitig waren MIR-Aktivisten zum persönlichen Schutz von Allende abgestellt und in den letzten Stunden vor seinen Tod ließ Allende aus dem eingeschlossenen Präsidentenpalast eine Nachricht an die MIR herausschmuggeln, dass es jetzt an ihnen sei, den Kampf fortzusetzen. Film und Buch erinnern an eine ganze Generation von Menschen, die angetreten sind, die Welt zu verändern.

"Kampf, Bewusstsein, Organisation" lautete das nach wie vor aktuelle Motto. Wer den Film gesehen und das Buch gelesen hat, wird nicht nur der GenossInnen gedenken sondern die Frage stellen, wer den Kampf fortsetzen wird.

Der Bibliothek ist eine hohe Verbreitung zu wünschen, schon damit die beiden Mitarbeiter Karlheinz Dellwo und Willi Baer ihre sehr wichtige Arbeit lange fortsetzen können. Schließlich sind mehr als 100 Filmbücher noch in Vorbereitung.

Die Filmbücher können über die Homepage http://www.laika-verlag.de bestellt oder abonniert werden. Dort gibt es auch Informationen über das gesamte Programm.

Logo CUBA LIBRE Peter Nowak

CUBA LIBRE 2-2011