Ein interessantes ökologisches Experiment wird zurzeit in Ecuador diskutiert. Dort soll das Erdöl, das in Gegenden liegt, in denen ein Großteil der indigenen Bevölkerung lebt, im Boden bleiben. Dafür sollen internationale Organisationen in einen Fond Gelder einzahlen, die in etwa den Wert des Öls entspricht, wenn es gefördert würde. Die Indigenen können dort weiter leben und das Öl wird sich dort auch nicht negativ auf die Umweltbilanz auswirken. Nach Berechnungen von ÖkologInnen wären die 846 Millionen Barrel Öl für über 400 Millionen Tonnen Öl C02 verantwortlich.
Das Öl liegt in den drei ecuadorianischen Amazonas-Provinzen Ishpingo, Tambococha, und Tiputini (ITT), wo in totaler Isolation noch die letzten Menschen aus dem Stamm Huaoranis leben, wie uns die FreundInnen der indigenen Völker verkünden. Einige der Nichtregierungsorganisationen, die sich in dieser Frage engagieren, gerieren sich in ihren Verlautbarungen als eine Art europäische Instanz, die der ecuadorianischen Linksregierung sagen, wo es lang gehen soll.
Ökokoloniale Gebärden einiger NGO
So heißt es auf einer Homepage: "Ecuador hat nun nach jahrelangem hin und her den Yasuni-ITT Vertrag unterschrieben! Endlich sagen die Optimisten, Abwarten, was Correa in den nächsten Monaten macht, sagen die Pessimisten." Der Linkspräsident von Ecuador Correa hat tatsächlich in der Frage, ob das Erdöl gefördert werden sollte oder nicht einen Zickzackkurs gefahren und ist dabei mit den offiziellen VertreterInnen der Indigenen und den ökosozialistischen Flügel seines Regierungsbündnisses in Konflikt geraten. Der Hintergrund dieser Auseinandersetzungen liegt aber auch an den Kompensationsleistungen, die der United Nations Development Fund (UNDP) erbringen soll. Dort sollen unter Anderem Deutschland, Spanien, Frankreich usw. 13 Jahre lang jährlich bis 50 Mio. Euro einzahlen, die für Umweltprojekte ausgegeben werden sollen. Dafür beansprucht der Fond massive Mitspracherechte bei den Projekten in Ecuador, die die dortige Regierung aber nicht gewähren will.
Manche NGO nun nicht Besseres zu tun, als sich als Sprachrohr des UNDP zu gebärden und Druck auf die ecuadorianische Regierung auszuüben. Diese Art von Ökokolonialismus ist nun auch schon lange aus anderen lateinamerikanischen Ländern bekannt. In Europa macht man sich Sorgen um "unsere grünen Lungen" in den Kontinenten, die von den europäischen Seeräubern Jahrhunderte lang ausgeplündert worden. Weil es besser klingt, führt man dann noch das Schicksal einiger Indigener an, die natürlich weiterhin völlig abgeschieden leben sollen und bloß nicht an den medizinischen Fortschritten teilhaben sollen, die ihnen eine wesentlich längere Lebenserwartung garantieren würde.
Und was plant Dirk Niebel?
In den letzten Wochen haben immerhin einige NGO mitbekommen, dass nicht der ecuadorianische Präsident sondern der deutsche Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) ein Ansprechpartner für Proteste wäre, wenn es um den Fortschritt des ökosozialen Experiments in Ecuador geht. Der will nämlich nicht mehr in den UNDP-Fond einzahlen und missachtet dabei auch Absprachen mit seiner Amtsvorgängerin. "Abwarten, was Niebel in den nächsten Monaten macht," müsste es eigentlich auf den NGO-Homepages heißen, die sich sorgen, dass nicht auch noch Öl aus Ecuador die Umweltbilanz der Welt trübt. Für die Regierung in Quito aber wird der Kurs von Niebel einmal mehr Anlass sein, zu überleben, ob sie sich an Projekte binden sollen, die von den guten Willen des globalen Nordens abhängig ist, der mit diesen Fond auch Möglichkeiten hat, wieder in diese Länder hineinzuregieren.
Diese Bedenken sind nicht unbegründet, zumal die NGO-Szene im globalen Norden nicht willens und in der Lage ist, Druck auf die eigenen Regierungen auszuüben, um sie von solchen Machtspielen abzuhalten. Sie üben sich größtenteils selber in Ökokolonialismus.