Mapuche-Gefangene im Widerstand

Am 18.September 2010 wurde mit viel Pomp der 200te Jahrestag der chilenischen Republik gefeiert. In diesem Jahr wurde deutlicher als je zuvor, wer der was gefeiert hat. Die Nachfahren der weißen Eroberer des amerikanischen Kontinents hatten vor 200 Jahren die Herrschaft der europäischen Länder abgeschüttelt. Bald aber herrschten die Weltmarktgesetze und die USA-Administration griff ein oder ließ eingreifen, wenn die innenpolitische Entwicklung zu stark nach links ging, wie 1973 unter Allende. Aber damals hatte ein großer Teil derjenigen, die am 18.September 200 Jahre Chile feierten, gegen die Linksregierung konspiriert.

In dem breiten Bündnis der Unidad Popular waren auch VertreterInnen der Mapuche vertreten. Das sind die Nachfahren der Indigenen, die in Chile lebten, bevor die europäischen Eroberer dort ankamen. Die Mapuche hatten nichts mit der Folklore im Sinn, die die Freunde der verschwindenden Völker heute ständig verbreiten. Die Mapuche-Vertreter waren Menschen, die sich nicht nach der Vorzeit zurücksehnten sondern die Segnungen des Fortschritts durchaus zu schätzen wussten. Sie kämpften allerdings dafür, dass das Gebiet, auf dem sie lebten, unter ihrer Kontrolle und nicht der Ausbeutung internationaler Konzerne offen stehen soll. Nach dem faschistischen Putsch wurden alle Fortschritte, die die Mapuche unter der Linksregierung erreicht hatten, rückgängig gemacht. Daran hat sich auch bis heute wenig geändert.

Erbe der Pinochet-Ära

Die heutigen Mapuche-AktivistInnen haben mit einer besonders schweren Erblast der Pinochet-Ära zu kämpfen: den Anti-Terrorgesetzen. Danach heißt die Besetzung von Land, um nach den Terrorismusgesetzen angeklagt und bestraft zu werden. Der gegenwärtige Präsident Sebastián Piñera, ein Pinochet-Mitläufer, rückt die Mapuche auch rhetorisch in die Nähe des Terrorismus.

Gegen diese Kriminalisierung haben die Mapuche-Gefangenen am 12. Juli einen Hungerstreik begonnen. Im Laufe der Wochen haben sich insgesamt 34 Gefangene diesem Kampf angeschlossen. Sie fordern die Aufhebung des Antiterrorismusgesetzes, die Beendigung der doppelten Prozesse vor zivilen und Militärgerichten sowie eine Entmilitarisierung von Arauco, des Siedlungsgebiets der Mapuche in der Provinz Arauco.

Politisierung im In- und Ausland

Der Kampf der Mapuche-Gefangenen hat in der chilenischen Öffentlichkeit eine große Resonanz erzielt. Gewerkschafts- und StudentenvertreterInnen, PolitikerInnen, KünstlerInnen und SchriftstellerInnen haben sich mit unbefristeten Fastenaktionen solidarisiert. Linke Oppositionsparteien haben den Kampf der Mapuche-Gefangenen auch ins Parlament getragen und haben damit die Wut der rechten Regierungsmehrheit provoziert.

Der Kampf der Mapuche hat die politische Lethargie, in der sich die chilenische Gesellschaft noch immer befindet, zumindest ansatzweise aufgehoben. Ein weiterer Erfolg des Kampfes ist die internationale Solidarität, die der Hungerstreik ausgelöst hat. In vielen Ländern, auch in Deutschland, fanden Solidaritätskundgebungen vor chilenischen Botschaften statt. Es wäre zu wünschen, dass der Kampf der Mapuche auch dann größere Aufmerksamkeit erfahren würde, wenn die Gefangenen nicht ihr Leben aufs Spiel setzen.

Logo CUBA LIBRE Peter Nowak

CUBA LIBRE 4-2010