Kuba – einmal anders

Als Teilnehmer der europäischen Solidaritätsbrigade José Martí stellte ich mir anfangs die Frage, ob ich in diesem Artikel das Augenmerk hauptsächlich auf eine politische Betrachtung Kubas, oder meine "Urlaubs"-Erfahrungen richten sollte. Nach längerem Hin und Her kam ich zu dem Ergebnis, dass sich beides nicht voneinander trennen ließe, um meine Eindrücke akkurat wiedergeben zu können.

José Martí Brigade 2010 Zunächst einmal zu der Brigade und was sich nach meinem Erachten dahinter verbirgt. Der Aufenthalt in Kuba für sich kann nicht ßnurß als Urlaub verstanden werden. Dahinter steht der Gedanke der Solidarität mit einem kleinen Inselstaat, der nunmehr schon seit Jahrzehnten nahezu isoliert und blockiert von der Außenwelt versucht, eine Gesellschaft aufzubauen, die sich jenseits von Ausbeutung und Konkurrenz ein Gesicht der Solidarität zwischen wahrt. Solidarität zwischen Menschen verschiedener Hautfarben, Geschlechter und sozialer Herkunft. Es besteht die Möglichkeit, sich mit eigenen Augen und auf Grund diverser Erfahrungen, einen Eindruck jenseits der altbekannten Kalte-Kriegs-Propaganda zu verschaffen. Von den Errungenschaften, aber auch den Missständen, die in Kuba zu Tage treten.

Unser Aufenthalt in Kuba wurde im wesentlichen in zwei Phasen unterteilt. Die ersten Tage haben wir im so genannten Campamento und außerhalb davon, in der Landwirtschaft zusammen mit KubanerInnen gearbeitet.

Anschließend sind wir gemeinsam als europäische Brigade durch das Land gereist und haben verschiedene Städte gesehen und eine vielfältigen Einblick in die politische und kulturelle Landschaft Kubas erhalten.

Im folgenden werden ein paar meiner natürlich subjektiv geprägten Erfahrungen vorgestellt. Das Abenteuer begann schon am Flughafen in Deutschland, als unser Flieger mit zwei Stunden Verspätung starten konnte. Es bestand die Sorge, dass wir unseren Anschlussflieger in Madrid auf Grund eines Unwetters nicht mehr bekommen könnten. Nach einem gefühlten 10 km Lauf durch den Madrider Flughafen haben zum Glück alle Brigadista ihren Weg in den Flieger nach Havanna gefunden.

Angekommen am Flughafen José Martí lernte ich den ersten Kubaner kennen. Mach meinem Erachten ist es eine schöne Eigenschaft der Kubaner, dass sie gerne Gespräche mit anderen Menschen aufnehmen. Auch mit wildfremden. So wechselte er schnell ins Deutsche und erzählte uns, dass er einst in Deutschland gearbeitet habe. Das wesentliche Thema war jedoch der Fußball. Denn wir befanden uns gerade während der Hauptrunde der Fußballweltmeisterschaft auf Kuba. Das Thema Fußball ließ sich auch während unseres weiteren Aufenthaltes kaum vermeiden. Die Kubaner sind eine Nation, die eine unglaubliche Begeisterung für verschiedenste Arten des Sportes aufbringt.

José Martí Brigade 2010
Angekommen im Campamento hatten wir die Möglichkeit, uns zwei Tage zu akklimatisieren, bevor wir die Arbeit aufnahmen. Bei dem kubanischen Klima ist dies auch sehr wohl nötig. Mein erster Eindruck war der eines Bio-Saunagangs als ich das Flughafengebäude verließ. Jedoch nur Mut. Auch Menschen die nur unser westeuropäisches Klima kennen, können sich an solch ein tropisches Klima gewöhnen.


Nach einer kurzen zeit der Anpassung an das kubanische Klima nahmen wir die Arbeit auf den Feldern auf. Auf Grund der klimatischen Bedingungen ertönte der Weckruf recht früh, die Arbeit endete jedoch auch bereits mittags. Aber auch ausgeprägte Murmeltiere kamen aus dem Bett. Morgens wurden die Brigadista durch eine schallende Lautsprecheranlage mit einem Hahnenschrei und dem Lied Guantanamera geweckt.

Nach der Arbeit gab es stets ein reichhaltiges Mittagessen und nach einer längeren Pause konnten wir verschiedene Veranstaltungen mit diversen Personen oder Verbänden besuchen.
Überraschend war das allabendliche Kulturprogramm. Es gab beispielsweise eine afrikanische Nacht, in der man eine Religion der Kubaner kennen lernte. Die so genannte Santeria, in welcher der christliche Glaube der Missionare mit afrikanischer Religion vermengt wurde.
Auch Salsamusik und der dazugehörende Tanzunterricht durften nicht fehlen.

Da meine Ohren eher klassische Rockmusik gewöhnt sind, musste ich mich erst in den fremden Rhythmus einfühlen. Das unbändig leichte und fröhliche Lebensgefühl dieser Musik und speziell der KubanerInnen lehrte mich die Salsamusik jedoch bald lieben. Diejenigen, denen danach war, konnten natürlich auch dem Rum sowie Zigaretten zusprechen.

Beeindruckend war auch das Gefühl in dem Campamento. Es wurde stets betont, wir sollten uns als große Familie fühlen und könnten alle Fragen stellen, die uns einfielen. Sprachen stellten kein großes Problem dar. Auch diejenigen, die des Spanischen nicht mächtig waren, konnten die stes aufmerksame uns betreuende Kubanerin auf Deutsch fragen.

Während unserer Reise durch das Land lernten wir verschiedenste Städte, Denkmäler und Menschen kennen. Darunter auch an einem Abend das CDR (Komitee zur Verteidigung der Revolution). Dabei handelt es sich kurz gesagt um eine politische und kulturelle Organisationsstruktur, die an der Basis der Gesellschaft angesiedelt ist. Oft umfasst ein CDR einen größeren Strassenzug. Hier werden Entscheidungen getroffen, die eine direkte Nachbarschaft betreffen. Es wird sozusagen von den Menschen unmittelbar Politik im Kleinen gemacht. Etwas, das unserer repräsentativen Demokratie fremd ist. Ein CDR kümmert sich aber auch um kulturelle Belange, die Pflege älterer Menschen oder auch nur um die Reinhaltung der Straßen. Wir wurden eingeladen, die verschiedensten Familien in dem CDR zu besuchen und uns mit ihnen auszutauschen. Ein einmaliges Erlebnis!

Alles in allem hat Kuba einen tiefgehenden Eindruck bei mir hinterlassen. Es ist zweifelsohne ein Lande der so genannten Dritten Welt. Allerdings ist es auch nicht typisch dafür. Meine Reisen haben mich schon in andere Länder Lateinamerikas geführt. Im Vergleich dazu wird den Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Die KubanerInnen erhalten Zugang zu einem kostenfreien Bildungswesen und einer ausgezeichneten Gesundheitsversorgung. Der Bedarf an Gütern der Grundversorgung wird durch die Gesellschaft sichergestellt. Daher trifft man nicht auf solch krasse Armut wie in anderen Ländern.
Auch auf Rassismus bin ich in Kuba nicht gestoßen.
Die Kultur und die Menschen sind faszinierend und eine Erfahrung wert.

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CUBA LIBRE 4-2010