1967 wurde Reverend Walker von einer Gruppe progressiver geistlicher Würdenträger und aktiven Gemeindemitgliedern gebeten, Direktor der neu zu gründenden interreligiösen Stiftung für Gemeinwesenarbeit (Interreligious Foundation for Community Organization/ IFCO ) zu werden.
Von damals bis heute war sein Führungsstil bei IFCO Ausdruck seiner lebenslangen Berufung - tief verwurzelt in seinem christlichen Glauben – … diejenigen, die unter Bürger- und Menschenrechtsverletzungen leiden, in die Lage zu versetzen, kollektive Stärke durch Gemeinwesenarbeit zu entwickeln und aufrecht zu erhalten.
Rev. Walker war in den letzten Jahren sehr bekannt als Leiter des IFCO-Projektes "pastors for peace" (pfp), das immer wieder die Cuba-Blockade durch die USA zu durchbrechen suchte....
IFCO wirkt als Katalysator und Gewissen in Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, spielt eine Rolle in der Bürgerrechtsbewegung, im "American Indian Movement", in der nationalen Farmarbeiterbewegung und im Kampf für Puerto Ricos Unabhängigkeit.
IFCOs erste große Leistung war die Organisation einer nationalen Konferenz über die ökonomische Entwicklung der Schwarzen Bevölkerung im Jahr 1969. Rev. Walker saß dieser historischen Konferenz vor, die Afro-AmerikanerInnen aus verschiedenen politischen, sozialen, ökonomischen und geographischen Bereichen zusammen brachte, um ein Programm der schwarzen ökonomischen Selbstbestimmung zu planen. Als Ergebnis wurde das "Black Manifesto" präsentiert, in welchem 500 Millionen Dollar als Entschädigungszahlung an die schwarze Bevölkerung von den Hauptströmungen der weißen kirchlichen Institutionen gefordert wurden.
In den 70er Jahren trugen Rev. Walker und IFCO dazu bei ..., das nationale Anti-Klan-Netzwerk (gemeint ist der Ku-Klux-Klan, Anm. d. Übers.) aufzubauen, das weiterhin rassistische Gewalt dokumentiert.
In den mehr als vier Jahrzehnten unter Rev. Walker unterstützte IFCO hunderte von Gemeinden und politischen Gruppierungen; durch technische Hilfe, die Ausbildung von GruppenleiterInnen, die Vergabe und Verwaltung von Stipendien, und indem sie das globale Netzwerk der Graswurzelbewegung und anderen nutzten, um den Kampf der Unterdrückten für Gerechtigkeit und Selbstbestimmung voranzutreiben.
IFCO war die erste nationale Stiftung unter der Kontrolle von Afro-AmerikanerInnen und damals die einzige Stiftung im Land mit dem Schwerpunkt der Gemeinwesenarbeit. ...
Der internationalistische Ansatz der IFCO in den 1970ern begründet sich in deren Identifikation mit den Bürgerrechts- und Black- power- Bewegungen, und hatte ihren Schwerpunkt in der Unterstützung der entstehenden afrikanischen Befreiungsbewegungen durch Projekte wie z.B. "Relief for Africans in Need in the Sahel" – RAINS (Unterstützung von bedürftigen AfrikanerInnen in der Sahelzone).
Anfang der 80er wandten sich Pastoren aus Lateinamerika an den IFCO-Vorstand und sprachen über die Herausforderungen, mit denen die Befreiungsbewegungen in ihren Ländern konfrontiert waren.
Als die Reagan-Regierung Krieg und Unruhen in Mittelamerika anstachelte, organisierte IFCO eine Reihe von Studienreisen und bundesweite "Lateinamerika-Informationswoche"-Kampagnen, um auf die US-Politik in der Region aufmerksam zu machen. …
1988 wurde Rev. Walker bei einem terroristischen Angriff in Nicaragua von Contras verletzt, die von der US-Regierung unterstützt wurden. …
Er sagte, "ich habe die Nacht mit Beten verbracht, um eine Antwort darauf zu finden, dass ich von einer Kugel getroffen wurde, die von meiner eigenen Regierung bezahlt wurde". Am anderen Morgen stellte er die Idee des Projektes "pastors for peace" vor, das dazu gedacht war, … "als Anlaufstelle für Opfer der US-Außenpolitik" zu dienen, und als ein Mittel, um US-BürgerInnen für praktische Solidarität und Beistand zu gewinnen. Seit der Gründung haben viele tausend Menschen an mehr als 40 pastors for peace Karawanen teilgenommen. Sie brachten Hilfsgüter nach Mexico, Lateinamerika, Haiti – und nach New Orleans an die Küste des Golfes von Mexico nach dem Hurrikan Katrina. Darunter sind auch 21 US-Cuba Freundschaftskarawanen, die mehr als 3000 Tonnen Hilfsgüter nach Cuba brachten, und die eine direkte Konfrontation gegen die unmoralische und illegale Wirtschaftsblockade von Cuba durch die USA bedeuten.
Eines der wichtigsten letzten Projekte Rev. Walkers - dem er seine ganze Leidenschaft und Energie in den letzten zehn Jahren widmete – war, das Angebot des kubanischen Gesundheitsministeriums umzusetzen, junge Menschen aus nicht-weißen Gemeinden und/oder mit niedrigem Einkommen in den USA ein kostenloses Medizinstudium an der "Latin American School of Medicine" auf Kuba zu ermöglichen. Sie sollen dann in die USA zurückzukehren und in unterversorgten Gemeinden praktizieren. 125 junge Menschen aus den USA sind derzeit NutznießerInnen dieses bahnbrechenden Programms. Die 47 MedizinstudentInnen, die bereits ihren Abschluss gemacht haben, arbeiten entweder schon in medizinischen Einrichtungen oder sind in der Phase der Anerkennung – 12 von ihnen haben dringend benötigte medizinische Hilfe nach dem Erdbeben in Haiti geleistet.
Der Vorstand und das Personal von IFCO/pastors for peace wird immer das reiche Erbe unseres geliebten, heroischen und prophetischen Vorsitzenden Rev. Lucius Walker, Jr. achten und ehren - und wir fühlen uns verpflichtet, die Arbeit voranzutreiben.
(übersetzt von der IFCO-website, http://www.ifconews.org/node/922)
von Sabine Caspar, Cuba Si, Hamburg, Teilnehmerin der USA –Cuba –Freundschaftskarawane der pastors for peace von 1998 – 2010.
Ich habe Lucius Walker persönlich gekannt und war sehr beeindruckt von ihm. "He was a gentle storm" (er war ein sanfter Sturm), diese Worte von Thomas E. Smith, Pastor aus Pittsburgh und Vorstandsmitglied von IFCO, beschreiben sehr genau, wie ich Lucius Walker erlebt habe.
"He went about in his quiet methodical way, not raising his voice but making his point. He fought calmly and courageously. He deplored violence, and he always thought there was a peaceful way to deal with things” (T.E. Smith)
Er ging in seiner ruhigen methodischen Art vor, er wurde nicht laut , aber er setzte sich durch. Er kämpfte gelassen und couragiert. Er missbilligte Gewalt und glaubte immer, dass es einen friedlichen Weg gibt, Dinge zu regeln.
Woran ich mich immer erinnern werde: Er sagte oft, dass Jesus und seine Jünger die ersten Kommunisten waren.
Er schaffte es in all den Karawanen, mehr als 100 Menschen aus den verschiedensten "walks of life" vor der Grenzüberquerung auf die gemeinsame Mission so einzustimmen, dass alle mutig ohne Angst vor Sanktionen (im Gesetz sind für US-BürgerInnen Geldstrafen und sogar Gefängnis vorgesehen) durch den Staat für ihre Sache eintreten konnten.
Er überzeugte uns, dass wir selbst handeln müssten, um die US-Außenpolitik zu verändern: "we are the ones we have been waiting for".
Der plötzliche Tod von Lucius hat mich bestürzt, aber auch sehr überrascht. Noch diesen Sommer habe ich ihn als vitalen Menschen erlebt, der sogar beim Verladen der Hilfsgüter im Hafen von Tampico, Mexico, tatkräftig mit anpackte. Wenn ich es nicht gewusst hätte, ich hätte es nie geglaubt, dass dieser Mann 80 Jahre alt ist.
Weil ich IFCO in ihrem Bemühen unterstützen möchte, die Arbeit im Sinne von Lucius Walker fortzusetzen, werde ich auch 2011 an der US-Cuba friendshipment caravan teilnehmen.
Sabine Caspar, Cuba Si, Hamburg
CUBA LIBRE 4-2010