Martí: Das Auge des Kanarienvogels
Fernando Pérezī Blick

El ojo del canario Der Filmemacher Fernando Pérez hat der Presse den Film Martí: el ojo del canario (Martí: das Auge des Kanarienvogels) vorgestellt, die ihn mit einer Ovation belohnte. Es handelt sich um einen dramatischen, zärtlichen Film, einen Film unserer Tage über die Kindheit und Jugend des Mannes, der einmal ein Nationalheld, ein Vorkämpfer und ein großer Dichter sein sollte.

Der Regisseur vortrefflicher Filme wie Clandestinos, Hello Hemingway, Madagascar, Suite Habana, La vida es silbar und Madrigal arbeitete fast drei Jahre lang an diesem neuen Film, für den er erstmalig selbst das Drehbuch schrieb, "weil ich einen eigenen Blick" erreichen wollte, und das ist ihm auch meisterhaft gelungen.

Martí: el ojo del canario entsprang dem Projekt Libertadores (Freiheitskämpfer) des Spanischen Fernsehens, eine Serie, für die jedes lateinamerikanische Land etwas über seine Vorkämpfer filmen sollte, was dann mit Wanda Vision, Lusa Filmes und dem ICAIC als Produzenten in einen Film verwandelt wurde.

"Niemals hätte ich gedacht, dass ich einmal einen Film über Martí machen würde, über einen so großen Mann, für den ein Film nicht ausreicht, darum dachte ich an den Martí in der Kindheit und Jugend, an die Jahre, in denen sich der Charakter und die Persönlichkeit entfaltet."

Ohne die Geschichte zu fälschen und das Biografische zu entfärben, hat Fernando Pérez, Träger des Nationalen Filmpreises 2007, Geschichte und Fiktion in einem Versuch vermischt, "den Alltag des 19. Jahrhunderts aufleben zu lassen, denn ich wollte eine lebendige Familie darstellen, keine heilige, eine, die nicht der Zeit entrückt ist, eine Lesart der Gegenwart, nicht einen Martí als Statue, sondern einen, mit dem sich die Jugend von heute über seine Probleme identifizieren kann."

Für diesen Vesuch hat der Regisseur die Dialoge aufgefrischt. "Damit sie nicht weltfremd sind, versuchte ich, dass sie dramaturgisch diese Qualität jener und doch auch unserer heutigen Zeit haben". Außerdem "sind viele davon improvisiert worden." Bei dem Treffen mit der Presse nach der Vorführung würdigte der Cineast die großartige Fotographie von Raúl Pérez Ureta, Nationaler Filmpreisträger 2010, und wies auf zwei Aspekte hin: Der Film sei digital mit großer Auflösung aufgenommen und vollkommen synchronisiert worden, ohne direkten Ton, "weil in vielen Fällen das Bild privilegiert werden musste".

In Bezug auf den Ton, den er mit dem Musiker und Komponisten Edesio Alejandro, zu dem er großes Vertrauen hat, aufnahm, sagte er: "Ich bat ihn, einen Film ohne Musik, mit Klängen, Effekten, Stimmungen zu machen, weil es, wenn es um die Lyrik Martís geht, viele Bilder und auch viele Klänge gibt."

Bei der ausdrucksvollen und wesentlichen Tongestaltung müssen dennoch drei musikalische Momente herausgestellt werden, der Gefangenenchor aus Nabuco von Verdi, die Arie Casta Diva aus der Oper Norma von Bellini, gesungen von der ausgezeichneten kubanischen Sopranistin Bárbara Llanes, und am Filmschluss La Bayamesa, dieses paradigmatische Thema des kubanischen Liedes nach José Formarís, Francisco del Castillo und Carlos Manuel de Céspedes, hier jetzt mit der ganzen Kraft der Instrumentalmusik.

Das gesamte Technikteam ist erstklassig. Gesamtproduktion: Rafael Rey Rodríguez, Edition: Julia Yip, Ton: Raúl Lorenzo Amargó Pérez, Casting: Gloria María Cossío, Künstlerische Regie und Szenografie: Erick Grass, Kostümgestaltung: Miriam Dueñas und Maskenbildner: Magali Pompa.

Um diese Geschichte erzählen zu können, gelang Fernando Pérez ein sehr gutes Casting. Nicht zufällig wurden alle Schauspieler prämiert. "Für mich - sage er - bedeutet die Regiearbeit mit Schauspielern, Emotionen zu teilen."

"Für den Martí, das war mir klar, musste ich jemanden mit einem besonderen Blick finden", und er fand ihn in Damián Rodríguez (das Kind Martí) und Daniel Romero (aus dem dritten Studienjahr der Escuela Nacional de Arte).

"Ich bat sie beide, nicht Martí zu spielen, sondern ihn aus ihren eigenen Situationen heraus zu begreifen, ihn nicht während der Dreharbeiten zu lesen, damit sie nicht das Gewicht der historischen Gestalt spürten."

Zwei berühmte Schauspieler stellen Leonor Pérez, die Mutter, und Mariano Martí, den Vater dar: Broselianda Hernández und Rolando Brito, die die Rollen mit der tiefen Menschlichkeit der realen Gestalten spielten.

Selbstverständlich kommen in dem Film Figuren von großer Bedeutung im Leben Martís vor, sein Freund Fermín Valdés Domínguez, der Lehrer Rafael María de Mendive und andere, die ihn umgaben, dargestellt von erfahrenen Schauspielern wie Manuel Porto, Julio César Ramírez, Pancho García und Aramís Delgado.

Der gesamte Film widerspiegelt immer den Blick Martís, wenn darin Themen seiner späteren Gedichte erscheinen, zum Beispiel im ersten Kapitel (der Film besteht aus vier Teilen), Abejas (Bienen). Man denkt an einen seiner Einfachen Verse: "Ich schlafe in meinem Bett aus Stein,/ mein Schlaf ist süß und tief,/ eine Biene berührt meinen Mund,/ und in meinem Körper wächst die Welt."

Zum Titel des Films, Martí: das Auge des Kanarienvogels, erläuterte Fernando Pérez, dass er dafür, wie schon in verschiedenen Interviews geäußert, eine Zeile aus einem anderen Einfachen Vers mit einer stärkeren metaphorischen und geheimnisvollen Aussage herangezogen habe: "Ich denke, wenn ich mich freue/ wie ein einfacher Schuljunge, /an den gelben Kanarienvogel, /der ein so schwarzes Auge hat!"

Für viele Kritiker und Forscher des Schaffens Martís, verwies er, handelt es sich dabei um einen ambivalenten, obskuren Vers. "Es ist das Geheimnis Martís, und da es ein klassischer Film ist, kann es eine Familiensage sein, aber es gilt auch das, was Lezama (Lima, ein anderer großer kubanischer Dichter und Romancier) sagte: Martí ist dieses Geheimnis, das uns begleitet."

Martí: das Auge des Kanarienvogels von Fernando Pérez, ein intimer Film, der sicher ein herausragender Meilenstein im Filmschaffen dieses vielfach ausgezeichneten Regisseurs sein wird, der immer auf den vorderen Plätzen jeder Aufstellung der Besten zu finden ist..., und der wieder mit seinem Blick da ist, der Geheimnisse lüftet.

Logo CUBA LIBRE Mireya Catañeda
Granma, Mai 2010

CUBA LIBRE 3-2010