Ein deutscher Botschaftsmitarbeiter in Havanna schwingt sich zum Schirmherren der Konterrevolution auf
Wenn das konterrevolutionäre Grüppchen der »Damen in Weiß« in Havanna auf die
Straße geht, können sich diese »Dissidentinnen« darauf verlassen, daß ihre Mentoren aus
den USA und Europa ein Auge auf sie haben. Besonders der Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen
Botschaft in Havanna, Dr. Volker Pellet, beteiligt sich regelmäßig an diesen Veranstaltungen.
Auch in den vergangenen Wochen zeigte er sich als einer der wichtigsten Schirmherren der Proteste, die
diese von den USA und ihren Verbündeten in Westeuropa finanzierte Gruppe veranstaltete. Die »Damen in
Weiß« – bzw. »in Grün«, wie sie die Kubaner mit Blick auf die Farbe der Dollarnoten nennen –
hatten im Umfeld des siebten Jahrestages der Verhaftung von 75 Bürgern, die sich an Umsturzversuchen
gegen die kubanische Regierung beteiligt hatten und deshalb verurteilt wurden, provokative Aktionen gegen
die angebliche Verletzung der Menschenrechte durchgeführt.
Beim Verlassen einer Kirche in Havanna, in der er gemeinsam mit den »Damen« an einer Messe teilgenommen
hatte, wollte Pellet am 18. März auf Fragen von junge Welt nicht antworten und beschränkte sich
auf die Aussage »Ich habe an einer Messe teilgenommen«. Unmittelbar danach verfolgte er jedoch aufmerksam
den Umzug des Grüppchens durch die Straßen der Stadt und mußte so erleben, wie seine
Schützlinge den spontanen Unmut der Einwohner zu hören bekamen. Auf der Straße, von
Balkons und sogar aus Bussen und vorbeifahrenden Autos wurde den »Damen« lautstark »Viva Fidel! Viva
Raúl!« entgegengerufen. Auch in den nächsten Tagen hielt er sich in der Nähe auf, wenn
sie ihre Aktionen durchführten. So am 21. März an der Kirche Santa Rita de Casia im Stadtviertel
Miramar, wo er sich angeregt mit den »Dissidenten« unterhielt, die zur Unterstützung der »Damen«
herbeigeeilt waren.
Pellet hat Erfahrung in heiklen Missionen. Vor einigen Tagen veröffentlichte Jean-Guy Allard auf dem
Internetportal Cubadebate.cu einen interessanten Artikel, der aufzeigt, daß sich Herr Pellet vor
seiner Tätigkeit in Havanna mit Aufgaben beschäftigte, die nun gar nichts mit den
»Menschenrechten« zu tun haben, die ihm momentan ja offenbar solche Sorgen bereiten.
In den 90er Jahren arbeitete er als Konsul an der deutschen Botschaft in Belgrad und war dort
zuständig für – Kosovo. Für 1995, als sich die schweren Auseinandersetzungen ereigneten,
die schließlich zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien und zur militärischen Besetzung des Kosovo
führten, verzeichnen die Archive ein Treffen Pellets mit dem mittlerweile verstorbenen Anführer
der dortigen Sezessionsbewegung, Ibrahim Rugova.
Im Jahr 2000 und 2001 war er als Sprecher des damaligen Bundesaußenministers Joseph Fischer
tätig und verriet einigen Volontären des Boulevardblatts Hamburger Morgenpost im Vertrauen
pikante Details aus der Vergangenheit seines Chefs, wie das Blatt damals berichtete. 2002 konnte man
Pellets Namen dann auf der Liste deutscher Diplomaten finden, die in den Fluren des UN-Sicherheitsrates
Lobbyarbeit für einen ständigen Sitz Deutschlands in dem Gremium machten. Im Januar 2007, als
Deutschland die EU-Präsidentschaft innehatte, wurde er bei einer Veranstaltung zur »Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik« als Vertreter des Bundeskanzleramts vorgestellt und teilte sich das
Podium mit Leuten wie dem Sicherheitsdirektor des lettischen Außenministeriums, Kaspars Ozolins, und
dem Generaldirektor des EU-Militärrates, Generalleutnant Jean-Paul Perruche. Welche Funktion er im
Kanzleramt ausübte, wurde dabei interessanterweise nicht mitgeteilt.
Nun ist Pellet also in Havanna unterwegs und pflegt seine Freundschaft mit den Verfechtern eines
Umsturzes, die den Weg des kubanischen Volkes aufhalten wollen. Begleitet wird er dabei von einer ganzen
Reihe weiterer Diplomaten, die mit ihm an den Shows der Konterrevolutionäre teilnehmen, so der
Geschäftsträger der schwedischen Botschaft, Ingeman Cedeber, und die Sekretäre der
US-Interessenvertretung, Lowell Dale Lawton und James Aguirre. Dabei kümmert es diese offenbar
überhaupt nicht, daß sie mit ihrem Verhalten internationale Konventionen verletzen, die das
Agieren von Diplomaten im Ausland regeln. In diesen Abkommen ist die Teilnahme von Diplomaten an
Demonstrationen jeder Art ausdrücklich verboten, weil dies eine Einmischung in die inneren
Angelegenheiten des Landes darstellt, in dem sie tätig sind.
Von Deisy Francis Mexidor, Havanna
Junge Welt, 30.03.2010
CUBA LIBRE 2-2010