Honduras – Sieg der Putschisten
Hoffnungsträger Obama? War da nicht mal was?

Knapp 1 Jahr ist es her, dass diejenigen, die den Kapitalismus für eine One-Man-Show halten, die Hoffnung hatten, Obama werde auch das Verhältnis zu den Linksregierungen in Zentral- und Lateinamerika auf eine neue Grundlage stellen. Nachdem in Honduras die Oberschicht putschen ließ, um jegliche sozialen Reformen zu verhindern, schien es so, als wäre die Hoffnung nicht ganz grundlos.

Anders als beim Putsch in Chile 1973 oder bei der versuchten Entmachtung von Chavez in Venezuela 2002, schien sich auch die US-Regierung nicht nur taktisch gegen den Putsch zu stellen. Die sofortige Einsetzung des rechtmäßigen Präsidenten Zelaya wurde gefordert. Der venezolanische Präsident schien mit seiner US-Schelte im Zusammenhang mit dem Putsch hoffnungslos retro zu sein.

Doch im Dezember 2009 muss auch der Lateinamerikakorrespondent des Neuen Deutschland Gerhard Dilger einräumen: "In der Praxis hat sich die Regierung Obama auf die Seite der Putschisten geschlagen. Nun soll der Staatsstreich vom Juni durch die Wahlfarce vom Sonntag (den 28.November P.N.) legitimiert werden"

Damit hat Dilger ausnahmsweise mal den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Putschisten, die monatelang als weltweit isoliert galten, haben ihr Ziel erreicht. Die Macht fiel an Porfirio Lobo Sosa, einen Rechtspolitiker und Großgrundbesitzer, der in den Streit um Zelaya nicht direkt involviert war.

Schließlich gehörte er nicht zur Liberalen Partei, auf deren Ticket Zelaya ins Amt kam, bevor er durch vorsichtige Sozialreformen und eine außenpolitische Orientierung an dem ALBA-Bündnis in Ungnade gefallen ist. Was die alte Herrscherschicht in Angst und Schrecken versetzte, war aber nicht die Politik des Präsidenten, sondern es waren die Anzeichen, einer Selbstorganisierung von Bauern, Studenten- und Gewerkschaftsorganisationen.

Sie wurden ermuntert durch die vorsichtige Wende in der Politik von Zelaya, aber sie waren keine Befehlsempfänger der Regierung, sondern Basisorganisationen. Und sie hatten sich schon zu organisieren begonnen. In einem Land, im dem die Friedhofsruhe der Herrschaft bisher jede soziale Emanzipation unmöglich gemacht hat, das in den 80er Jahren als Aufmarschgebiet der von den USA finanzierten Contras gegen das sandinistische Nicaragua fungierte, schöpften die Ausgebeuteten und Unterdrückten erstmals Hoffnung.

Mit einer Verfassungsänderung, wie sie Zelaya anstrebte, und die von den von den Mumien beherrschten Institutionen verhindert worden war, wäre auch institutionell die bislang ausgeschlossene Bevölkerungsmehrheit an der Regierung des Landes beteiligt gewesen. Das eigentliche Ziel des Putsches bestand darin, hier einen Riegel vorzuschieben. Die Organisationen der Bauern, Studierenden und Gewerkschaften kämpften deshalb so entschieden gegen den Putsch und nahmen auch Repressalien in Kauf.

Zelaya versuchte als One-Man-Show die Welt mit verschiedenen Aktionen im Glauben zu halten, er werde wieder an die Regierung kommen. Erst ließ er sich in Nicaragua an der Grenze zu Honduras nieder. Das interessierte bald niemand mehr. Als es ihm dann aber in einem Überraschungscoup gelang, die Grenze zu überwinden und sich aus der brasilianischen Botschaft in der honduranischen Hauptstadt meldete, schien er fast am Ziel.

Doch in Wirklichkeit wurde eine Hinhaltetaktik ausprobiert, die dazu führte, dass die Putschisten letztlich ihr Ziel erreichten: Wahlen, die die Kontinuität der alten Mächte gewährleistete. Und Obama stimmt zu.

Liberale – Speerspitze der Konterrevolution

Doch die Unterstützer sitzen auch in Berlin.
Der Präsident der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) Harald Klein betonte im Interview mit der Tageszeitung "Die Welt": "Das waren transparente, faire und saubere Wahlen. In einem Bericht im Internet bestätigte der FNS-Büroleiter in Tegucigalpa die These einer hohen Wahlbeteiligung. Zugleich gibt sein Kurzbericht ein Zitat des Stiftungsvorsitzenden und FDP-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gerhardt wieder: "Die Wahlen in Honduras sind eine Chance zur Lösung der Krise". Im Sinne der Putschisten und der alten Herrscherschicht, hätte er hinzufügen müssen. ‚Denn die brauchten die Wahlen zur Absicherung des Coups und zum Ausschluss von Organisationen der Mehrheit der Bevölkerung.’

Dieses Engagement der Liberalen ist nicht verwunderlich. Sie haben schon wenige Tage nach dem Putsch erklärt, dass die Entmachtung Zelayas schon in Ordnung ist. Zwei Wochen vor den Wahlen wurde der von den Putschisten eingesetzte Roberto Micheletti zum Vizepräsidenten des internationalen Zusammenschlusses liberaler Parteien ernannt. Es sei eine "Ehre" für ihn gewesen, Micheletti bei einem Treffen in Tegucigalpa von der Entscheidung des Kongresses des Parteienbündnisses zu unterrichten, sagte Hans Van Baalen auf einer Pressekonferenz in der honduranischen Hauptstadt.
Der jetzige Präsident der Liberalen Internationale war in seiner Jugendzeit Bewunderer Hitlers und sympathisierte mit einer holländischen Neonazipartei. Zudem war er Aktivist in einem Lobbyverband für das Südafrika unter der Apartheid.

Nicaragua im Visier

Hans Van Baalen sieht den Putsch in Honduras durchaus als ein Modell, um mit den linken Regierungen in Zentral- und Südamerika aufzuräumen. Und er ist dabei nicht allein. Eine Reihe von Organisationen, die von Rechten verschiedener Länder und Exilkubaner unterstützt wird, sieht in Honduras einen ersten Erfolg gegen die "rote Welle" auf dem amerikanischen Kontinent.

Als nächstes Ziel ihrer Bestrebungen haben sie Nicaragua auserkoren. Dort regiert mit Daniel Ortega ein Sandinist der ersten Stunde, der viele Ideale über Bord geworfen hat und mit Recht beispielsweise für das Abtreibungsverbot kritisiert wird. Andererseits hat die Ortega-Regierung sowohl in der Sozialpolitik als auch in der außenpolitischen Orientierung durchaus an die fortschrittliche Tradition des Sandinismus angeknüpft.

Das ist der Grund, warum jetzt eine Kampagne läuft und Ortega in die Nähe eines Diktators gerückt wird. Ihm wird übel genommen, dass er zum zweiten Mal kandidieren will, obwohl das bisher von der Verfassung ausgeschlossen war. Dabei hat das höchste Gericht Nicaraguas dieses Verbot, das es übrigens in vielen Ländern, darunter Deutschland nicht gibt, aufgehoben. Zudem können sich jetzt Politiker aller Parteien erneut zur Wahl stellen. Es ist also keine Lex Ortega.

Doch der alten Herrscherschicht, die von der sandinistischen Revolution 1979 entmachtet wurde und nach 1990 wieder zurückkam, ist Ortega im Weg. Sie sieht in ihm weiterhin das verhasste Symbol der sandinistischen Revolution und genau deswegen bekämpfen sie ihn so.
Hans Van Baalen wurde aus dem Land ausgewiesen, weil er bei einigen Militärs die Möglichkeiten eines Putsches nach dem honduranischen Modell ausgelotet hat. Die Ausweisung hat er zu neuen Angriffen gegen die sandinistische Regierung genutzt. Es ist zu erwarten, dass die Liberalen auch weiterhin die Speerspitze der Konterrevolution in Amerika stellen werden. Schließlich war Somoza, der von den Sandinisten gestürzte Diktator von Nicaragua, Zeit seines Lebens, Mitglied der Liberalen Partei, die ebenfalls in der Liberalen Internationale vertreten war.

Die sandinistischen Kritiker, die sich Anfang der 90er Jahre von der FMLN abspalteten, sind mittlerweile Verbündete dieser Liberalen. Damit haben sich Hoffnungen hiesiger Solidaritätsgruppen, es wären linke Kritiker des Sandinismus, wohl endgültig erledigt.

Die putschfreundliche Haltung einer Stiftung und einer Internationale, die einer deutschen Regierungspartei nahesteht, die zudem den Außenminister stellt, hat in Berlin zu Protesten geführt. Kritische Beobachten und schnelles Agieren dürften auch weiterhin nötig sein.

Logo CUBA LIBRE Peter Nowak

CUBA LIBRE 1-2010