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"Nadie es una Isla" |
Ein langes Jahr, das ausgefüllt war mit vielen Tagen des Bettelns, des Sammelns und des Verpackens von Hilfsgütern und endlich war es wieder soweit:
Wir waren wieder in Holguin. Und was haben wir den Cubanern mitgebracht? Ganze 9,7 Tonnen der besten Hilfsgüter. Der Zoll zeigte sich von seiner besten Seite und obwohl wir fast 100 kg an privatem Gepäck mitbrachten, wurden wir freundlich begrüßt und sofort durch gewunken.
Müde und erschöpft, aber glücklich fielen wir den Freunden in die Arme. Alle waren gekommen um uns zu begrüßen und so konnten wir schon gleich Termine abmachen und besprechen, was die Übergaben anging.
Oscar Lugo musste uns aber auch schon gleich bremsen, denn durch die 3 schlimmen Hurrikans sind den Holguineros die Hände gebunden, viele Gegenden können nicht angefahren werden.
Gleich Montag ging es los: Im Hospital für Mutter und Kind erwartet uns schon Anna Beccles Thomson. Sie ist die neue Direktorin, in deren Zuständigkeit auch unsere Hilfsaktion fällt und sie zeigte uns, was sie schon alles veranlasst hat. Und tatsächlich, in der Apotheke dieser großen Klinik stehen sie, unsere Medikamente, unsere Verbandstoffe und unsere medizinischen Bedarfsartikel. Alles ist sorgfältig nach dem Alphabet geordnet und wir sind total verblüfft bei dieser Ordnung in den Zeiten nach den 3 Hurrikans. Aber das ist schließlich Cuba. Kaum sind die Naturkatastrophen vorbei, schon beginnt man mit dem Wiederaufbau und alle helfen mit.
Zuerst werden wir zu einem Gespräch mit der Klinikleitung und 2 Mitarbeitern der Krankenhausapotheke gebeten. Hier erfahren wir schon einmal, wie schnell die Verladung unserer Medikamente und Verbandstoffe durchgeführt worden ist. Freitagabend war die Maschine auf dem Flughafen von Holguin gelandet. Der Zoll hat die 9,7 Tonnen Hilfsgüter 2 Tage begutachtet und am Montagmorgen waren viele Kisten davon schon in diese Klinik gebracht worden. Und das einige Tage nach dem Hurrikan Paloma. Es war schon eine enorme Leistung,
bei den starken Regenfällen und den unwegsamen Straßen.
Aber die Eile war bedingt durch die Notwendigkeit. Auf unserer Liste standen Arzneimittel und Verbandsartikel, die ganz dringend in Holguin gebraucht werden und so haben alle dafür gesorgt, dass keine unnötige Zeit verloren ging. Wir sind auch sehr oft darauf angesprochen worden, wie hochwertig und auch wie vielseitig unsere übergebenen Medikamente waren. Wir haben noch viel mehr gesammelt als die Jahre vorher und versucht alle Krankheitsbilder vom einfachen Schnupfen bis zur schweren Krebserkrankung medikamentös abzudecken.
Anna hat lobend hervorgehoben, dass sie selten eine so detaillierte und genaue Liste der Hilfsgüter bekommen hätte, wie die unsrige! Darauf sind wir sehr stolz.
Weiter ging es zu einer orthopädischen Klinik. Hier standen auch viele Kisten und Kartons von uns, teils schon ausgepackt und in die Regale eingeräumt. Die Krankenschwestern hatten noch Fragen zu dem einen oder anderen Spezialartikel und waren dann hocherfreut, weil wir auch außergewöhnliche medizinische Bandagen, Kompressionsverbände und andere in Cuba nicht alltägliche Krankenhausmaterialien mitgebracht hatten.
Nun hieß es aber schnell weiter, denn der Provinzvorstand von Holguin hatte uns zum Kaffee und zu einem ausführlichen Gespräch eingeladen. Es wurde viel über diese 3 Hurrikans gesprochen und natürlich über die schrecklichen Zerstörungen.
Für die großen Häuser und darunter fallen auch die Hotels sind große Baubrigaden zuständig, die extra aus Matanzas angereist sind und 24 Stunden am Tag wiederaufbauen. Mit einigen haben wir uns unterhalten und konnten dabei in Erfahrung bringen, dass sich unter diesen Spezialisten viele gute Sportler befinden, die auch schon im Ausland die eine oder andere Medaille einheimsen konnten. Hut ab, was diese Männer geleistet haben! Wir hätten noch die halbe Nacht durchplaudern können, aber es war schon spät.
Aber auch sonst sieht man viele Cubaner, die mit den einfachsten Mitteln versuchen, ihr Haus wieder dicht zu bekommen. Es fehlt an Baumaterial, Ziegeln und Betonplatten und die Produktion wird auch noch einige Zeit laufen, um den Bedarf erfüllen zu können. Aber das Ausland hat auch nicht tatenlos zugesehen. So sahen wir viele LKW, die China geschickt hat und was uns besonders gefreut hat, Baumaschinen, Straßenbaumaschinen, Teerwalzen, in nagelneuer einwandfreier Qualität, geliefert aus Deutschland und emsig im Einsatz.
Unsere Patenschaftskita in Freyre, Kleine Burg aus Honig hat auch die Stärke des Hurrikans Ike zu spüren bekommen, in dem die große seitliche Fensterscheibe zu Bruch gegangen ist. Selbstverständlich haben wir sofort, ohne lange zu überlegen das Geld für eine neue Scheibe gestiftet. Man kann doch nicht die Kinder dem Regen und vor allem dem kühlen Wind aussetzen. Oscar Lugo hat uns versprochen, dafür zu sorgen, dass noch am nächsten Tag die Scheibe eingesetzt wird und wir konnten uns persönlich davon überzeugen, dass er auch dieses Mal wieder einmal sein Wort gehalten hat. Vielen Dank lieber guter Freund!
Die Kinder haben uns sehr liebevoll begrüßt und ganz begeistert die Spielsachen und Kleidungsstücke entgegen genommen. Sie sind ja so bescheiden. Mit einem Malstift kann man ein cubanisches Kind schon glücklich machen und umso größer war unsere Freude, dass wir den ganzen Bus ausladen und den Kindern viel übergeben durften. Die ganze Zeit waren sie brav. Sie sangen Lieder für uns, tanzen mit uns und freuten sich mit uns. Aber als Karl dann anfing die Haribos zu verteilen, ging der Geräuschpegel schlagartig hoch. Es war so schön, wie die Kinder sich gefreut haben und uns standen mehr als einmal die Tränen in den Augen.
Die ganze Zeit standen die Köchinnen hinter der Scheibe und warteten darauf, dass wir sie begrüßen. Das war eine Freude!!!! Wir schenkten jeder eine Tube Hautcreme und dafür bekam Karl den einen oder anderen Kuss und viele Umarmungen.
Ein Tag Pause und wir durften nun nach Holguin kommen um bei der Verteilung zu helfen. Es waren noch eine ganze Menge Kartons übrig und so wurde der keine Transporter noch etliche Male beladen und los ging es nach Gibara, Barnes und Freyre. Es gibt hier so viele vollkommen allein und einsam stehende Häuser, wie man es sich gar nicht vorstellen kann. Hier einem alten Mann einen Rasierer und Rasierseife, der Familie Kleidungsstücke, Seife und Waschpulver und vor allem den Kindern Bleistifte, Kugelschreiber oder ein Spielzeug schenken zu dürfen, war für uns das Schönste an den ganzen 2 Wochen, die wir in Holguin verbracht haben. Es war manchmal ganz schön anstrengend, zudem hat es oft geregnet, aber es waren mit Sicherheit die schönsten 2 Wochen, die wir in diesem Jahr erlebt haben!
Viele Familien haben durch die 3 Hurrikans Gustav, Ike und Paloma mit ihrem Haus auch ihr ganzes Hab und Gut verloren. Sie wohnen nun solange bei Freunden, Verwandten oder Nachbarn, bis sie wieder ein neues Zuhause bekommen haben und das kann dauern. Diese schrecklichen Stürme haben die halbe Insel platt gemacht und überall verheerende Verwüstungen hinterlassen. Die Felder, auf denen bald geerntet werden sollte, sind nur noch brach und leer. Es gibt zurzeit kaum Obst und Gemüse und die ganze Bevölkerung wartet auf die nächste Ernte. Ganze Brigaden sind mit dem Anpflanzen beschäftigt, aber das dauert nun eben seine Zeit.
Wir möchten nun noch einmal allen danken, die sich an unserer Hilfsaktion beteiligt haben. Wir konnten uns mit eigenen Augen davon überzeugen, dass auch wirklich jedes einzelne Stück in die richtigen Hände gekommen ist. Wir haben lange Listen gesehen. Übrigens geführt von Oscar Lugo Gonzales, "unserem" Oscar! Wir wussten schon immer, dass er eine vortreffliche Arbeit leistet und ehrlich und gerecht ist. Aber diese Listen haben uns dann doch noch staunen lassen. Es stand in verschiedenen Spalten, wo was gebraucht wird, wer es braucht, Erwachsener oder Kind, welche Größe und dann in der Abschlusszeile, wann dort was hingebracht worden ist! Mehr kann man wirklich nicht verlangen. Vielen Dank lieber Oscar Lugo! Auch im nächsten Jahr sammeln wir wieder verstärkt Kinderkleidung und Kinderschuhe vom Babyalter bis zum Heranwachsenden. Alle Größen werden gebraucht!
Wir haben Holguin verlassen über die Fernstraße, die wir wegen ihrer schlimmen Schlaglöcher als Buckelpiste kennen und sahen nun über viele Kilometer riesige Straßenbaumaschinen aus Deutschland, die sich nun dieser Straße annahmen und glatte, sauber geteerte Straßenabschnitte ablieferten.
Deutsche Präzisionsarbeit auf Cuba. Eine schöne und solide Partnerschaft.
Selbstverständlich machen wir weiter. Die Holguineros brauchen auch weiterhin unsere Hilfe.
Cuba ist zwar eine Insel. Es soll sich aber niemals so fühlen und darum lautet der Arbeitstitel unserer Aktion Hilfe für Cuba 2009
"Nadie es una Isla" "Niemand ist eine Insel"
Es wäre uns eine große Freude, wenn Sie sich auch an dieser Aktion beteiligen würden.
Nochmals herzlichen Dank für Ihre Hilfe! Muchas gracias
St. Ingbert, im Dezember 2008
Karl und Martine Schilp
Tag: 19. November 2008
Zeit: Irgendwann am Nachmittag
Ort: Irgendwo zwischen Gibara und Chaparra in der Provinz Holguin, Cuba
Es war am späten Nachmittag, der Transporter war fast leer geräumt, wir hatten schon den ganzen Tag Hilfsgüter
verteilt. Einige Kartons mit Kugelschreibern, die für eine Schule in der Nähe bestimmt waren, standen noch in einer
Ecke des Wagens und darauf lag eine einzelne letzte Puppe.
Da kam uns ein Gespann entgegen. Ein Vater hatte seine beiden Töchter von gerade dieser Schule abgeholt und sie waren
auf dem Weg nach Hause. Als Karls Blick sich mit dem des jüngeren Mädchens traf, dachte er an das einsame Puppenkind
hinten im Auto und bat spontan den Fahrer anzuhalten.
Gemeinsam gingen wir zu der kleinen Gruppe auf der Kutsche und Karl fragte höflich den Vater, ob er erlaube, dass er
seiner kleinen Tochter diese Puppe zum Geschenk macht. Noch bevor der Vater reagieren konnte ging ein überirdisches
Strahlen über das so hübsche Gesicht des kleinen Mädchens und sie hatte Tränen in den Augen.
Auf unsere Frage, welchen Namen sie denn der Puppe geben möchte antwortet das Mädchen ganz spontan und ohne zu
überlegen: "Maria!"
Glücklich und immer noch beseelt von diesem Erlebnis setzten die Drei dann ihre Fahrt fort und auch uns ging es nicht
anders!
Dies war ein Erlebnis, das wir wohl niemals mehr vergessen werden. Es gab uns Kraft und Stärke für eine lange Zeit
und einen kleinen Einblick, wie einfach es ist einem Menschen etwas Gutes zu tun. In diem Fall wie leicht es ist, ein
Kind glücklich zu machen!