Im Juli fand, wie in jedem Jahr, die vom Cubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP)
organisierte Brigade "José Martí" statt, die ein gut zweiwöchiges Programm aus
freiwilliger Arbeit, Kultur und Freizeit für Teilnehmer aus ganz Europa bietet. Die Organisation für
die Brigadisten aus Deutschland wurde von der FG zusammen mit dem Reisebüro SoliArenas übernommen.
Wir waren in diesem Jahr fünfzehn Teilnehmer, die aus ganz Deutschland zusammenkamen, um unsere
Solidarität mit Kuba zu zeigen und intensive Einblicke in das kubanische Leben zu erhalten: eine bunte
Truppe, die meisten Anfang zwanzig, einige auch schon älter als fünfzig Jahre. Im Campamento
"Julio Antonio Mella" auf Kuba, das eine Busstunde von Havanna entfernt liegt, trafen wir mit den
Brigadisten aus vielen europäischen Ländern zusammen. Dort waren viele Spanier, Engländer,
Franzosen, Belgier, aber auch Schweden, Norweger, Österreicher, uvm. Die jüngsten Teilnehmer noch
unter achtzehn Jahren, die ältesten weit über achzig wie ein lebenslustiger Italiener, der mit 83
Jahren zum ersten Mal mit einem etwa gleichalten Freund an der Brigade teilnahm.
Mancher Brigadist war nicht zum ersten Mal dabei, einige bereits zum fünften Mal oder öfter, was
sicherlich damit zu tun hat, dass man seine Zeit dort unter offenen, netten und interessanten Leuten verbringt.
Das Wetter war typisch für den kubanischen Juli: feucht-heiß, stets schwül und viel Sonne - vor
allem in den ersten drei Tagen eine kleine Herausforderungen für kältegewöhnte Europäer.
Die Campamento-Unterkünfte sind einfache Mehrbettzimmer und halten was versprochen wurde: Leben auf
kubanischem Niveau, nicht vergleichbar mit Jugendherberge oder gar Hotel. Dafür ist man sofort Teil des
Campamentolebens. Jede Nation wird von kubanischen Studenten oder Angestellten des ICAP in ihrer Sprache
betreut.
Die Arbeitseinsätze, die an manchen Vormittagen - nicht an allen Tagen - angeboten werden, bestanden aus
Einsätzen in unterschiedlichen Tätigkeiten in der kubanischen Landwirtschaft. Auf alten Lastwagen
stehend wurden wir zu einem Betrieb in der Nähe gebracht, wo ein kubanischer Bauer oder Vorarbeiter
freundlich die Aufgabe erklärte und falls nötig, Werkzeuge aushändigte. An einem Tag haben wir
Unkraut zwischen Papayabüschen entfernt, anderntags mit der Machete dornige Marabú-Sträucher
geschnitten oder in einem Gartenbetrieb Plastiksäcke mit Pflanzerde befüllt. Die gesamte Brigade aller
Europäer umfasste über 200 Teilnehmer, die in Subbrigaden den verschiedenen Aufgaben aufgeteilt
wurden. Für manche der kubanischen Betriebe war es das erste Mal, dass sie Unterstützung von
Brigadisten erhielten und die gegenseitige Neugier konnte während der Arbeit oder der "Merienda"
- einer Pause im Laufe des Vormittags - gestillt werden.
Dass die Arbeitseinsätze schon zur Mittagszeit endeten, war den meisten recht, denn bis dahin sorgten
Temperaturen von über 30 Grad für entsprechende Erschöpfung. Der Brigadistenalltag besteht aber
nur zum geringeren Teil aus Arbeit, denn nach dem Mittagessen wurden stets Veranstaltungen, Vorträge oder
Ausflüge angeboten. Hier ging es zum Beispiel nach Havanna, entweder geführt oder auf eigene Faust in
kleinen Gruppen. Allabendlich gab es auf der Bühne des Campamentos afro-kubanische Musik mit heißen
Tänzen, wenn nicht gar Aufführungen kubanischer Tanzgruppen, eine Theateraufführung mit Kindern
oder andere kulturelle Angebote für Abwechslung sorgten. Die Nächte waren heiß, laut und kurz,
und so mancher erlebte, was Völkerfreundschaft bedeutet oder schloss neue Freundschaften mit Brigadisten
anderer europäischer Nationen!
Das Programm der Brigade wird in jedem Jahr neu vom ICAP festgelegt. In 2009 stand ein Besuch einer Kur-Klinik
für Kinder aus Tschernobyl, Vorträge zum kubanischen Gesellschaftssystem, Gesundheits- oder
Außenpolitik und der amerikanischen Staatengemeinschaft ALBA auf dem Programm. Informationen zur
Solidarität mit den "Cuban Five" wurden besprochen. Alle Vorträge wurden synchron
übersetzt.
Ein Höhepunkt war der Tagesausflug nach Santa Clara mit dem Besuch des Che Memorials und verschiedener
Museen.
Auch das andere, das touristische Kuba, sollten wir kennenlernen. Daher verbrachten alle Brigadisten drei Tage
in einem Hotel in Varadero, mit Strandbesuchen und All-Inclusive-Bar, wo auch andere Kubaner Urlaub machen. Das
mag für die einen eine luxoriöse Bereicherung, für Hardliner hingegen eher eine dekadente
Zumutung gewesen sein - der Kontrast zum Lebensniveau der Kubaner wurde uns so aber nochmals deutlich.
In Erinnerung werden mir aber gerade die freundlichen Menschen Kubas bleiben, die uns in allen Orten, an denen
wir ankamen mit Offenheit und Begeisterung empfingen und die für uns so viele Veranstaltungen, Feste und
Darbietungen vorbereitet hatten. Ob nun Kinder ein Ständchen oder Gedicht vorgetrugen oder wir in einem
Dorf an einem Sportfest teilnehmen konnten, ob wir zu einem Nachbarschaftsfest in einem der CDRs eingeladen
waren oder ein Stadtteilverantwortlicher uns das Wohnviertel vorstellte, in dem Künstler für eine
bunte Gestaltung des Lebensumfeldes sorgen, stets war zur spüren, dass wurden die Brigadisten mit Stolz
und Respekt begrüßt.
Wie für den Brigadeaufenthalt (den mancher danach noch durch einen angehängten Privaturlaub auf Kuba
verlängerte) üblich, fand gegen Ende noch der internationale Abend im Campamento statt. Jede Nation
kann dabei etwas vorführen oder mit kubanischen Köchen ein Gericht aus ihrer Heimat vorbereiten. Wir
Deutschen hatten uns Wochen vor der Brigade zum ersten Mal zum Kennenlernen getroffen und waren gut
gerüstet. Wir servierten Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Äpfel wachsen auf Kuba nicht und sind daher
etwas, das die meisten Kubaner noch nicht probiert haben. Unser musikalischer Kurzauftritt bestand aus einem
deutschen Walzer und einem Kanon, begleitet mit Saxophon, Gitarre und Akkordeon.
Der Abschied aus Kuba fiel einigen schwer, und ein Wiedersehen ist geplant - als Nachtreffen unserer Brigadisten
in Deutschland und vielleicht wieder im nächsten Sommer auf Kuba...