Es gab Zeiten, in denen Demonstrationen und Mobilisierungen immer von sozialen Bewegungen ausgegangen
sind. Der Erfolg hing davon ab, wie mitreißend das Thema war oder ob sie organisatorisch in der Lage
waren, viele Menschen zu bewegen. Logischerweise waren die meisten Demonstrationen gegen die etablierte
Ordnungsmacht, die natürlich immer hervorragende Beziehungen zu den Kommunikationsmedien unterhalten.
Das führte meistens dazu, dass, wenn überhaupt, die Berichterstattung nach dem Ereignis
stattfand, sonst hätte man womöglich noch zu dessen Verbreitung beigetragen. Pascual Serrano
zeigt in seinem Artikel auf, wie man heute, in Zeiten von Facebook und Twitter, versucht, eine Form
bürgerlicher Organisation zu schaffen, bei der die traditionellen Vereinigungen nicht
repräsentiert sind.
Der erste Versuch mündete in dem, was Hillary Clinton in einer Rede vor Studenten in New York als den
"größten antiterroristischen Marsch in der Menschheitsgeschichte", bezeichnete.
Besagter Marsch geht angeblich auf die Initiative eines einzigen Menschen, nämlich die des
Kolumbianers Oscar Morales zurück, dem es über Facebook gelungen sein soll, weltweit mit der
Kampagne "Eine Million Stimmen gegen die FARC" 14 Millionen Menschen zu mobilisieren. Die Presse
hob das Spontane der von der Jugend getragenen Initiative hervor. Bereits damals aber kam die Frage auf,
was genau dieses "Facebook" ist und wer dahinter steckt. Schon damals haben sich die
kolumbianische Linke, Menschenrechtsorganisationen und Familienangehörige der FARC-Geiseln gegen
diese Bewegung ausgesprochen und sie als kriegstreiberisch und parteiisch bezeichnet. Sie würde die
Verbrechen der Paramilitärs völlig außen vor lassen und nur der Politik der gewaltsamen
Lösung von Uribe und der US- Regierung in die Hände spielen. Die erfolgreichen Bemühungen
zur Freilassung der FARC- Gefangenen durch Piedad Cordoba sollten diskreditiert werden. Die Mobilisierung
war erfolgreich, denn die Propagandaoffensive gegen die FARC hat seit dieser Aktion an Tempo gewonnen und
ist immer noch in vollem Gange. Die Hintergründe der Aktion hatte man aber bald aus den Augen
verloren.
Jetzt, ein Jahr später, wollte man den erfolgreichen Versuch wiederholen. Wieder ging die Kampagne
von Kolumbien und von Facebook aus. Dieses Mal gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo
Chávez, der sich so vehement gegen den Aufbau von sieben neuen US-Militärbasen in Kolumbien
ausspricht, weil er genau weiß, gegen wen sie gerichtet sind: nämlich gegen ihn, Rafael Correa
und Evo Morales. Die Organisationsstruktur, die man benötigt, ist minimal. "Kaum fünf oder
sechs Personen bilden eine Facebook Gruppe, dahinter stehen keine sozialen Kollektive, keine
Gewerkschaften und keine Parteien. Scheinbar auch keine Regierungen und kein Geld. Sie erlauben sich
sogar zu behaupten, dass es nicht ihr Ziel sei, "eine Bewegung mit politischen Tendenzen oder gegen
eine politische Partei durchzuführen. Es geht nur um die Bürger." Als ob es bei der Politik
nicht um die Bürger ginge und eine Demonstration gegen einen Präsidenten etwas Apolitisches
wäre.
Jetzt wird der Erfolg hauptsächlich davon abhängen, wie weit die Kommunikationsmedien den
Aufruf verbreiten. Der Grad der Verbreitung wird uns zeigen, wie groß die Zustimmung oder Ablehnung
die Mobilisierung zwischen den Gruppen ist, die in den Kommunikationsmedien operieren und sie
kontrollieren. Wie bereits gesagt, früher haben sie sehr selten einmal über bevorstehende
Mobilisierungen informiert, jetzt aber können wir überall in der Presse einen Hinweis zur
weltweiten Demonstration gegen Chavez finden.", schreibt Serrano.
Alle Agenturen verbreiten: "Efe: Facebook-Nutzer verschiedener Länder unterstützen die
Bewegung, AFP: Internetaufruf zu einer weltweiten Kundgebung gegen Chavez, AP: Kolumbianische Gruppe ruft
zu Versammlungen gegen Chavez auf, Europa Press: Junge Kolumbianer rufen für den 4. September zu
einer Demonstration auf ..."
Der investigative Journalist Walter Goobar (Miradas Al Sur) versichert, dass Facebook "in
Wirklichkeit ein Experiment der globalen Manipulation ist und außerdem ein ausgefeiltes von der CIA
finanziertes Werkzeug, das nicht nur zur Rekrutierung von Agenten und zum Sammeln von Informationen auf
dem ganzen Planeten benutzt wird, sondern auch, um verdeckte Operationen durchzuführen".
Eine weitere Warnung hinsichtlich der Verbindung der CIA zum Facebook liefert der britische Journalist
Tom Hodgkinson in seinem dokumentierten Artikel "With friends like these" der am 14. Januar
2008 im Londoner "The Guardian" veröffentlicht wurde.
Die folgenden Informationen stammen von ihm.
Facebook behauptet, 59 Millionen aktive User zu haben, die meisten in den USA, Kanada und
Großbritannien. Jede Woche kämen ca. 2 Millionen hinzu. (Damit müssten wir jetzt bei
über 200 Millionen sein.)
Eine Quelle, die anonym bleiben möchte, hat herausgefunden, dass Facebook eine militärische
Spionage- und Destabilisierungswaffe ist, die von der äußersten Rechten, den
"Neocons" geschaffen wurde, um an Informationen der User heranzukommen und sie für ihre
geopolitischen und strategischen Zwecke zu manipulieren.
Dieser Quelle zu Folge sind alle 16 Geheimdienste der USA an Facebook beteiligt. "Sie sammeln alles
und heben alles auf. Nichts entgeht ihnen: Fotos, Mails, Bilder, Musik ..."
Damit wird ein psycho-sozio-politisches Profil erstellt und so halten sie dich im Blickfeld. Einmal drin,
lassen sie dich nicht wieder raus, und wenn es dir doch gelingt, bleibt alle private Information bei
ihnen.
Im kommerziellen Teil von Facebook sind Coca Cola, Microsoft, Blockbuster, Sony Pictures etc. beteiligt.
"Es ist ein Service, der den Individualismus ausbildet, um eine bessere Kontrolle über die
Massen zu haben. Normalerweise lassen sie diese Dummen glauben, dass sie wichtig sind und lassen sie
irgendetwas machen, das den eigentlich Interessierten von Vorteil ist, ohne dass ihre direkte Beteiligung
offenbar wird.(...) Es wird außerdem ein beunruhigender Wettbewerb in Bezug auf Freundschaft
angeregt: Es scheint, dass bei den Freunden nicht die Qualität sondern die Quantität
zählt", meint Hodgkinson.
Im Aufsichtsrat von Facebook sitzen drei Mitglieder – Mark Zuckerberg, Peter Thiel und Jim Breyer. Mark
Zuckerberg ist nur das Aushängeschild. Die wirklich Mächtigen sind Thiel und Breyer.
Thiel gilt in Silicon Valley und auf der Bühne des Risikokapitals als ein Genie mit einem Mac Laren
Superauto. In seinem Buch "der Mythos der Diversität" attackiert er die Vielfältigkeit
der Kulturen, da sie die individuellen Freiheiten einschränken. Er ist Mitglied der neokonservativen
Pressure Group "The Vanguard.Org", die gegründet wurde, um progressive Pressure Groups zu
attackieren. "Heute erteilen wir den linken Medien einige Lektionen, die über ihre
Vorstellungskraft hinausgehen." (Vanguard.Org)
Jim Breyer ist Teilhaber der Risikokapitalgruppe Accel Partners, die 2005 12,7 Millionen Dollar in
Facebook investiert hat. Er ist auch im Aufsichtsrat von Wal-Mart, bekannt für sein
Gewerkschaftsverbot.
Neues Facebook Kapital (27,5 Millionen Dollar) kommt von einer Gesellschaft, die Greylock Venture Capital
heißt. Im Aufsichtsrat sitzt ein gewisser Cox, und der sitzt auch im Aufsichtsrat von In-Q-Tel.
In-Q-Tel wiederum ist nachweislich die Risikokapitalabteilung der CIA. Fasziniert von den
Möglichkeiten der neuen Technologie, haben die Geheimdienste 1999 ihren eigenen Risikokapitalfonds
eingerichtet, besagten In-Q-tel, der "sich mit Firmen identifiziert und assoziiert, die neue
Technologien entwickeln, damit die Ergebnisse der CIA und der Gemeinschaft der Geheimdienste (IC) in den
USA zugute kommen, um deren Missionen zu fördern".
Trotzdem – dieses Mal war das Ergebnis nicht wirklich überzeugend. In Kolumbien und in Venezuela
kamen zwar Hunderte gegen Chávez auf die Straße, aber verglichen mit den vielen
Anhängern, die normalerweise für Chávez demonstrieren, ist das Ergebnis eher
kärglich. In Hamburg waren (großzügig gezählte) 20 Leute und denen standen mindestens
so viele Chavez Anhänger auf der anderen Seite gegenüber. Da schaffen wir ohne Facebook und
Twitter und ohne lange Anlaufzeit vor der cubanischen Botschaft mehr, wenn die Contras sich ansagen.
Liechtenstein machte Chavez zum KOLUMBIANISCHEN Präsidenten, da kam denn auch niemand zum
Demonstrieren. In San Francisco ist gar die Anti-Chavez- vollends in eine Pro-Chavez-Aktion umgemünzt
worden. In Cincinnati waren um die zwanzig und in Atlanta um die achtzig. Übrigens: In Honduras
führte Putschist Micheletti den Marsch an, eine Tatsache, die deutlich macht, wohin die Reise mit
Facebook und Twitter geht.
Soviel aber steht fest: Diese Aktionen werden weitergehen und Facebook und Twitter sind nur die Szenerie,
auf der sich das Geschehen abspielt. Die Drähte werden woanders gezogen. Und wer dieses Netzwerk
besitzt, wird es auch für seine Interessen einsetzen.
"Der Wert dieses Netzwerks mit unbegrenztem Wachstumspotential ist enorm", stellt der Journalist
des Guardian Tom Hodgkinson fest. "Wir möchten, dass alle Facebook nutzen können",
sagt die unpersönliche Stimme des Großen Bruders auf der Webseite des Netzes. Und dieses
enorme Potential veranlasste Microsoft, 1,6 % für 240 Millionen Dollar zu kaufen. Angeblich soll Lee
Ka Shing, einer der reichsten Männer der Welt, 0,4 % Facebook für 60 Millionen Dollar gekauft
haben.
Damit stehen hinter diesen "spontanen" Anti-Farc und Anti-Chavez Mobilisierungen über das
Internet dieselben wie immer - das große Geld und die, die dafür sorgen, dass es die Oberhand
behält.
Renate Fausten
Pascual Serrano, German Leyens: Quién está detrás de Facebook, el portal desde el surgió la movilización internacional contra las FARC, Rebelión 8.2.2008
Pascual Serrano: Los medios convocan una manifestación mundial contra Chávez, Rebelión, 29.08.09
CUBA LIBRE 4-2009