in Ihrer viel beachteten Rede vom 04.06.2009 in der Al-Azhar Universität zu Kairo haben Sie unter
anderem ausgeführt:
»Es ist eine Geschichte mit einer einfachen Wahrheit: Gewalt ist eine Sackgasse. Es ist weder ein Zeichen
von Mut noch von Macht, Raketen auf schlafende Kinder zu schießen oder einen Bombenanschlag auf alte
Frauen in einem Bus zu verüben. So erlangt man keine moralische Autorität; so gibt man sie auf.
(…) Wir werden uns jedoch unnachgiebig gegen die gewalttätigen Extremisten stellen, die eine ernste
Gefahr für unsere Sicherheit bedeuten, weil wir dasselbe ablehnen, was die Menschen aller
Glaubensrichtungen ablehnen: Die Ermordung unschuldiger Frauen, Kinder und Männer. Und es ist meine
oberste Pflicht als Präsident, die Bevölkerung der Vereinigten Staaten zu schützen. (…) Der
Heilige Koran lehrt, dass wenn jemand einen Unschuldigen tötet, es so ist, als habe er die ganze
Menschheit getötet. Und der Heilige Koran sagt auch, wenn jemand einen Menschen rettet, ist es so,
als habe er die ganze Menschheit gerettet.«
Dies sind kluge Erkenntnisse, die jedoch der praktischen Politik Ihrer Administration widersprechen; in
einem aktuellen Fall sogar in eklatanter Weise: Seit 10 ½ Jahren werden in Gefängnissen Ihres Landes
die fünf Cubaner Fernando González (19 Jahre Haft), Gerardo Hernández (verurteilt zu 2
x lebenslänglich plus 15 Jahre Haft), Ramón Labañino (lebenslänglich plus 18 Jahre Haft),
René González (15 Jahre Haft) und Antonio Guerrero (lebenslänglich plus 10 Jahre Haft),
weltweit bekannt als die MIAMI 5 bzw. CUBAN 5 festgehalten, weil sie exakt das für ihre Heimat getan
haben, was Sie, Herr Präsident, zu recht auch für Ihr Land in Anspruch nehmen: Den Schutz vor
terroristischen Anschlägen und die Verhinderung der Ermordung unschuldiger Frauen, Kinder und
Männer durch Infiltrierung der in Miami ansässigen terroristischen Gruppierungen.
Das Berufungsgericht in Atlanta hatte 2002 beschieden, dass der Fall, der von Anfang an ein politischer
war, »hoffnungslos mit Fehlern behaftet gewesen sei« (The Miami Herald, 09.06.09) und befand sich damit im
Einklang mit der Einschätzung eines Gremiums des UN-Menschenrechtsrates, das den Prozess von 1998 in
Miami als »in einem Klima von Voreingenommenheit und Vorverurteilung« charakterisiert hatte. Der Miami
Herald hob in seinem o.g. Beitrag vom 09.06.09 hervor: »Dies markiert das erste und einzige Mal in der
Geschichte, dass eine Körperschaft der UNO ein US-Gerichtsverfahren verurteilt« und
äußerte bezüglich der erwarteten Entscheidung des Supreme Court am 15.06. die Hoffnung:
»Aber die Obersten Richter könnten in Erwägung ziehen wollen, ob die Cuban Five ein faires
Verfahren in der Hauptstadt der Exilgemeinde erhielten.«
Im Vorfeld dieses 15. Juni hatte sich eine Rekordzahl von 12 Amicus Curiae-Briefen, von
Nobelpreisträgern, hunderte von Parlamentariern und zahllosen US- und internationalen
Juristenorganisationen sowie weitere herausragende politische und akademische Persönlichkeiten rund
um den Erdball für die Freilassung der Fünf bzw. ein neues, faires Verfahren eingesetzt.
Allerdings entschied der Supreme Court (ohne ein Wort der Erklärung) am 15.06.09, der Empfehlung
Ihrer Administration, Herr US-Präsident Obama, zu folgen und den zum Himmel schreienden Fall nicht zu
überprüfen. »Dieser Tag«, so schreibt das Internationale Komitee für die Befreiung der
Fünf in einer ersten Erklärung vom selben Tag, u.a. bezugnehmend auf den Umstand, dass Ihre
Regierung Massenmörder wie den Terroristen Posada Carilles schützt, »wird in unseren Kalendern
als der Tag der Schande des Rechtssystems der USA markiert bleiben und der Untätigkeit der Regierung
Obama gegenüber terroristischen Gruppen, die die Gerechtigkeit als Geisel nehmen«.
Der ständige Vertreter Kubas im Sicherheitsrat, Botschafter Abelardo Moreno führte in der
Debatte unter dem Tagesordnungspunkt »Instruktionen des Vorsitzenden der Fachausschüsse des
Sicherheitsrates« (New York, 26. Mai 2009) u.a. aus:
»Cuba verurteilt alle Terroranschläge, gleich welcher Methode oder Praktik und Erscheinungsform, wann
immer, von wem auch immer, gegen wen auch immer und aus welcher Motivation auch immer begangen (…) Es ist
nicht in Cuba, sondern in den USA, wo eine terroristische Mafia, die Hunderte von Terroranschlägen
organisiert, finanziert und ausgeführt hat, straffrei agieren kann (…) Die US-Regierung hat die
Gelegenheit, Gerechtigkeit walten zu lassen und ohne Verzögerung die fünf cubanischen
Anti-Terrorkämpfer zu befreien, die seit über 10 Jahren in Hochsicherheitsgefängnissen
festgehalten werden, während sie mit einem hohen Maß an Altruismus und Mut lediglich versucht
hatten, Informationen über die Terror-Gruppen von Miami zu sammeln, um deren gewalttätige
Aktionen zu verhindern und das Leben von Kubanern und [US]-Amerikanern zu schützen. Die Gelegenheit,
der US- und internationalen öffentlichen Meinung zu beweisen, sie sei in der Lage, engstirnige
Interessen kleiner Anti-Cuba-Gruppen beiseite zu legen und die wahren Interessen seines Volkes und der
internationalen Gemeinschaft zu verteidigen, liegt in den Händen der Regierung der Vereinigten
Staaten. Es liegt in ihren Händen, den Terrorismus nicht mehr für politische Ziele einzusetzen
und die nicht zu rechtfertigende Einbeziehung Kubas in die Liste der Staaten, die angeblich den
Terrorismus unterstützen, zu beenden.«
Sie haben in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder betont, dass Sie »einen Neuanfang in den
Beziehungen zu Havanna« anstreben würden. Hier nun haben Sie die einmalige Gelegeheit, Ihren Worten
Taten folgen zu lassen. In Ihrer Verfassung, Artikel II, Absatz 2 heißt es, dass der
US-Präsident »die Macht hat Strafvollzugsaufschübe und Begnadigungen zu gewähren.«
Wir beschwören Sie: Setzen Sie der flagranten Ungerechtigkeit, der die Cuban 5 seit 10 ½ Jahren
ununterbrochen ausgesetzt sind, endlich ein Ende, nutzen Sie die Ihrem Amt gegebene Macht weise und weisen
Sie umgehend die Freilassung der fünf cubanischen Patrioten an.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir
mit freundlichem Gruß
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen
i.A. Heinz-W. Hammer, Vorsitzender