Berufsdissident plaudert aus dem Nähkästchen

Der Schriftsteller José Miquel Sanchez firmiert hierzulande als kubanischer Dissident. Der Schriftsteller wird in deutschen Medien als "Kenner der Subkulturen und ein unbequemer Kritiker seines Landes" vorgestellt. Mitte März könnte Sanchez seine Ansichten auf einer ganzen Seite im Kultur-Ressort der Taz ausbreiten. Dabei hat der Interviewer schon in seinen Fragestellungen deutlich gemacht, was er vom sozialistischen Kuba hält. So fragte Ole Schulz: "Gehört das politische System Kubas auf den Scheiterhaufen der Geschichte?" Zu dieser Frage, die schon die Inquisition gegen alle Linken erahnen lässt, die ein Sieg der Miami-Boys in Havanna nach sich ziehen würde, fällt dem Berufsdissidenten nur folgendes Statement ein: "Es heißt gern, die westliche, repräsentative Demokratie würde hier nicht funktionieren, da sie dem Menschen nichts brächte. Ich halte s da mit Winston Churchill, der einmal gesagt hat, Demokratie sei die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen der anderen".

Diese Erklärung ist ein offener Aufruf zum Umsturz, den Sanchez auch in weiteren Antworten im Interview noch bekräftigt. So ruft er dazu auf, eine "Versammlung zur nationalen Rettung" einzuberufen. Das Wirtschaftsembargo der USA gibt es für ihn nicht, denn schließlich will Sanchez das Embargo nicht beenden, sondern mit dem "Mythos des Wirtschaftsembargos aufräumen".

Nur in der Antwort auf die Frage nach der §erstaunlichen Kraft der kubanischen Kultur" blitzt auch bei dem Berufsdissidenten ein wenig von der kubanischen Realität auf. "Bis heute kann jeder zu einem staatlichen Kulturhaus gehen, um dort ein Instrument zu erlernen. Ein Mädchen, das durch einen guten Lehrer die Magie der Literatur für sich entdeckt, hat die Möglichkeit, hier billig Bücher zu kaufen. Darin liegt meines Erachtens das Geheimnis der kubanischen Kultur".

Dass darin auch ein Geheimnis der großen Unterstützung liegt, die die kubanische Revolution bei einem Großteil der Bevölkerung hat, kommt weder dem Interviewer noch dem Interviewpartner in den Sinn. Das die westliche Demokratie a la Churchill mit all diesen sozialen Errungenschaften Schluss machen würde, natürlich auch nicht.

Logo CUBA LIBRE Peter Nowak

CUBA LIBRE 2-2009