Am 8. Januar 1959 erreichten die siegreiche Rebellen auf ihrem Weg durch die ganze Insel die Hauptstadt
            Havanna. Sie wurden damals von jubelnden Menschenmassen begrüßt.
            50 Jahre später, klimabedingt verschoben, wird sich am Wochenende des 5/6/7 Juni im Andenken an
            dieses historische Ereignis, ein Corso durch das Ruhrgebiet bewegen. Mit viel Getöse, bunten
            Themenwagen und Informationen für die Passanten soll der 50. Jahrestag der cubanischen Revolution
            begangen werden. Die jubelnden Massen werden wohl etwas spärlicher ausfallen. Nichtsdestotrotz wollen
            wir durch diese Aktion viele Menschen erreichen.
            Dortmund, Bochum, Essen, Oberhausen und Duisburg werden die Stationen sein, die der Corso durchlaufen
            wird. Ausklingen werden die Tage mit Feiern, teils besinnlicher, teils ausgelassener Art.
            Ein fröhliches Wochenende also, denn wir haben ja allen Grund zum Feiern. Gleichzeitig aber auch ein
            Wochenende, das zeigen soll, welche Aufgaben auf dem Weg zu einer gerechten Gesellschaft weltweit noch vor
            uns liegen.
            
            Angeführt wird der Corso von einem Kunstwerk, einem riesigen Transparent gestaltet von 10 cubanischen
            Künstlern.
            Alle sind Teil des Projektes "Muraleando" des Stadtteils Lawton/Luyanó in Havanna.
            Nivia Herrera López
            ist Malerin, Bildhauerin und natürlich Wandmalerin.
            Bei einer Ausstellung lernte sie Manolo, den Initiator des Projekts kennen. Er muss ihr so begeistert
            davon erzählt haben, dass sie es kennen lernen wollte.
            Nach sechs Monaten arbeitete sie aktiv daran mit, wobei sie das Glück hat, dass sie nicht so weit vom
            Ort des Geschehens entfernt lebt.
            Sie identifiziert sich mit der Idee, den Menschen in der Gemeinde die Kunst näher zu bringen,
            Menschen, die nie von sich aus Galerien besuchen würden. Mit der Kunst wird die Lebensqualität
            in der Gemeinde angehoben, ehemalige "wilde" Müllkippen verwandeln sich in Orte der Kunst.
            Innerhalb des Projekt ist Nivia eine der vier Vize-Koordinatoren.
            Sie koordiniert die künstlerischen Aktivitäten im Viertel und kümmert sich darum, dass
            samstags alle Workshops für die Bewohner funktionieren. Sie selbst bietet mit Maira, einem anderen
            aktiven Mitglied des Projekts, einen Workshop für Papiermaché an.
            In den mehr als sechs Jahren, in denen das Projekt besteht, ist es bereits gelungen, die Kultur im Viertel
            zu beleben. Ein weiterer Nebeneffekt war auch die Verbesserung der Hygiene. Die Jugendlichen nehmen mit
            Begeisterung regelmäßig an den Workshops teil und sind sehr motiviert bei der Sache.
            Für sie ist das Projekt außerdem eine Möglichkeit, mit anderen Künstlern wie in einer
            Familie zusammen zu sein.
            Manuel Diaz Baldrich
            Gründer des Projekts / Maler und Designer
            Die Idee für das Projekt entstand aus dem Bestreben, etwas für das Viertel zu tun, in dem er
            geboren und aufgewachsen ist, gewissermaßen eine Schuld seinem "Barrio" gegenüber
            abzutragen, das damals schmutzig und heruntergekommen war.
            Er ist der Chef einer Steuergruppe, in der jeder seinen Aufgabenbereich hat. Die Verantwortung wird
            aufgeteilt und so organisiert, dass das Projekt sich weiter entwickeln kann.
            Das Projekt hat schwierige Zeiten durchlaufen, einmal bedingt durch Mangel an Material, aber auch durch
            Unverständnis diverser Stellen. Immer wieder wurde versucht "den Träumen die Flügel
            abzuschneiden". Aber es gab auch viele glückliche Momente, wenn man zusehen konnte, wie sich
            Kinder und Jugendliche durch ihren Kontakt mit der Kunst verwandelten.
            Einst schüchterne Jugendliche, die durch die Theaterworkshops aufblühten und die inzwischen
            selbst an dem Projekt teilnehmen und die Visionen seiner Gründer teilen, spornen alle an
            weiterzumachen.
            Manolo hofft, dass "Muraleando" sich in Zukunft weiter konsolidiert und dauerhaft seinen Platz
            in der Peripherie der Stadt einnimmt.
            Eduardo Santana Navarro, Maler
            Der Beginn seiner künstlerischen Entwicklung fand in einer "Casa de Cultura” statt. Irgendwann
            war er noch der einzige Schüler seines Lehrers dort und er lernte viel über Perspektive und
            Figuren, aber auch Theorie. Den Rest brachte er sich autodidaktisch bei. Inzwischen hat er schon mehr als
            40 Ausstellungen innerhalb und außerhalb Cubas durchgeführt.
            Durch einen Freund (Jesús Magán), ebenfalls Mitglied von "Muraleando", ist er auf
            die Gruppe gestoßen und er fand Gefallen an der "Mauermalerei". In Zusammenarbeit mit
            deutschen, brasilianischen und cubanischen Malern sind schöne Werke entstanden.
            Da er weit vom Ort des Projekts entfernt wohnt, kann er nicht immer so aktiv teilnehmen, wie er
            möchte.
            Er hat die Funktion des Kurators übernommen und analysiert die Ausstellungen und die Qualität
            der Werke.
            Er leitet Workshops für Malerei und technisches Zeichnen.
            Seit 2003 nimmt er am Projekt teil. Er ist fasziniert davon, dass die Leute ihn nach Kunstwerken fragen,
            sie kommentieren und sich für seine Erklärungen bedanken. Viele sind dann so motiviert, dass sie
            darum bitten, doch auch ihr Haus zu bemalen.
            In diesem Jahr wir er in Havanna eine eigene Ausstellung von großformatigen Bildern haben.
            Miguel Marin Ortiz, Maler
            Zusammen mit Manolo ist er Mitbegründer des Projekts. Sie studierten gemeinsam im Institut für
            Industriedesign.
            Eines Tages rief ihn Manolo an und sagte ihm: "Ich will ein Projekt machen. Lass uns anfangen."
            Und so begann alles.
            Nach 8 Jahren besteht ein großes Zusammengehörigkeitgefühl der Mitglieder untereinander.
            Man arbeitet nicht nur zusammen, sondern man feiert auch gemeinsam.
            Miguels größter Wunsch ist, das bereits Geschaffene erhalten zu können. Er weiß,
            dass es schwierig ist, die Arbeit so vieler Jahre aufrecht zu erhalten.
            Er hat eine eigene Ausstellung in Habana Vieja und Bilder in verschiedenen Galerien.
            
            
            CUBA LIBRE 2-2009