Die diesjährige Buchmesse stand voll und ganz im Zeichen des Gastlandes Chile. Die
Präsidentin Michelle Bachelet war auf der Eröffnungsfeier anwesend und sprach - neben dem
cubanischen Kulturminister - zu den geladenen Gästen, darunter die Delegation des Berliner Büro
Buchmesse Havanna.
Sie sprach über die reichen kulturellen Bindungen zwischen Cuba und ihrem Land
gerade in der Regierungszeit von Salvador Allende, die durch die Pinochet-Diktatur zerschlagen wurden.
Für die heutige Zeit wünschte sie sich einen weiteren Ausbau der kulturellen Verbindungen beider
Länder.
Den traditionell größten Stand des Gastlandes der Buchmesse erreichte man vorbei an einem
überlebensgroßen Bild von Fidel und Salvador Allende mit dem Titel "Abrazo de dos Pueblos
(Eine Umarmung zweier Völker). Entsprechend ausgestaltet war eine der Hallen, die sich
schwerpunktmäßig mit dem Besuch Fidels in Chile 1971 beschäftigte. Weitere Hallen waren
voll mit zeitgenössischer Literatur für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Am Abend des ersten
Messetages spielte unter dem Jubel vor allem der chilenischen Aussteller und Besucher eine chilenische
Rockgruppe, die auch Lieder aus der Zeit der Unidad Popular vor 1973 in ihr Repertoire aufgenommen hatte.
Der Stand des "Berliner Büro Buchmesse Havanna", der von der Zeitung "junge welt",
dem Netzwerk Cuba, der Freundschaftsgesellschaft BRD Kuba und Vertretern der Gewerkschaft ver.di - Berlin
personell beschickt wurde, war einer von drei deutschen Ständen auf dieser Buchmesse: Neben dem
Stand der Frankfurter Buchmesse, der im Auftrag der Bundesregierung dort agierte, und unserem
Gemeinschaftsstand, den neben dem Netzwerk Cuba und die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba weitere 10
Organisationen aus der Soli-Bewegung unterstützten, war da noch der Stand von "Cuba Si",
die - zwar Mitglied des Netzwerkes - trotzdem ihren eigenen Auftritt hatten.
Die Geschichte des Gemeinschaftsstandes sei hier noch einmal kurz erwähnt: Als die Bundesregierung
im Jahr 2004 beschloss, die Messe trotz der Einladung als Ehrengast zu boykottieren, bildete sich
kurzfristig das "Berliner Büro Buchmesse Havanna" heraus, das dann mit mehr Verlagen als je
zuvor die Messe besuchte. Auch in 2005 und 2006 repräsentierte dieser Stand die deutsche Literatur.
Erst 2007 kehrte die Bundesregierung wieder auf die Buchmesse zurück; seitdem gibt es hier eine - vor
allem auch - inhaltliche Konkurrenz.
Erstmals in diesem Jahr konnte die Basis des Standes noch einmal verbreitert werden: Bereits in der
Vorbereitung im Jahr 2008 bildete sich ein Sprecherkreis des Organisationsforums, dem neben den
ausstellenden Verlagen - hier sei noch einmal der Verlag 8. Mai mit der Zeitung "junge Welt"
genannt -, die Solidaritätsbewegung mit dem sozialistischen Cuba - stellvertretend hier das Netzwerk
Kuba und die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba - sowie erstmals auch GewerkschafterInnen der Gewerkschaft
ver.di aus Berlin - Brandenburg angehörten.
In diesem Jahr wurden die unterschiedlichen Konzeptionen der europäischen und lateinamerikanischen
Integration zum inhaltlichen Schwerpunkt des Standes gemacht: In Europa die Integration unter dem Diktat
Kapitals und des "freien Marktes", dessen Konsequenzen vor allem die arbeitenden Menschen
erleben, und in Lateinamerika der Versuch, sich von der Vormundschaft des großen Bruders im Norden
zu befreien, um ihr Schicksal selbst in die Hände nehmen zu können.
Unter den Hunderten Ständen auf dieser Buchmesse fiel der Gemeinschaftsstand vor allem durch die
spanische Ausgabe der jw auf, die in 18.000 Exemplaren, extra für die Buchmesse hergestellt, an die
spanischsprachigen BesucherInnen verteilt wurden. Die ausgestellten Bücher wurden - mehr zur Ansicht
- von verschiedenen linken Verlagen aus der Bundesrepublik bereit- und deutschsprachigen BesucherInnen
vorgestellt: DeutschlehrerInnen, GermanistikstudentInnen, in Cuba lebende Deutsche sowie CubanerInnen,
die - teils mehrere Jahre - in der DDR gelebt und gearbeitet haben.
Interessante Gespräche und Interviews haben sich dabei ergeben: Aleida Guevara gehörte zu den
Gästen genau so wie Kinder der 5 in der USA eingekerkerten Cubaner, Vertreter des ICAP, der
Messeleitung und verschiedenen SchriftstellerInnen. Die Masse der BesucherInnen des Standes, die kein
deutsch sprachen, waren hoch erfreut über die 8-seitige jw-Sonderausgabe in spanischer Sprache, in
der u.a. dieser Messeauftritt erläutert und die etwas andere deutsche Realität - im Gegensatz
zum Hochglanz-Auftritt der Frankfurter Buchmesse - dargestellt wurde.
Gespräche mit dem ICAP, der granma international, der Zeitung Juventud Rebelde, Gewerkschaftsvertretern,
dem kommunistischen Jugendverband, ein Empfang bei der Buchkammer sowie dem Besuch bei den Milch-Projekten
von "Cuba Si" und weitere Exkursionen rundeten den 17-tägigen Einsatz der 8-köpfigen
Delegation in Havanna ab.
(gusi)
CUBA LIBRE 2-2009