Die Nelkenrevolution in Portugal 1974 ermöglichte die Unabhängigkeit der beiden Kolonien Mosambik und Angola, die die letzten verbliebenen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent waren. Guinea-Bissau, eine weitere portugiesische Kolonie in Afrika, hatte gerade im Jahr davor seine Unabhängigkeit erkämpft. Mosambik wurde verhältnismäßig problemlos bereits am 25. Juni 1975 in die Unabhängigkeit entlassen. Angola dagegen, aus dem Portugal einen Großteil seiner Reichtümer bezogen hatte, wurde zum Zankapfel zwischen den rivalisierenden Befreiungsgruppen Movimento Populat de Libertacao de Angola (MPLA); Uniao Nacional para a Independencia Total de Angola (UNITA); Frente Nacional da Libertacao de Angola (FNLA).
Die MPLA war die erste angolanische Unabhängigkeitsbewegung. Ethnisch war sie in der Volksgruppe der Kimbundu und in der Hauptstadt Luanda verwurzelt. Die MPLA war politisch sozialistisch ausgerichtet und hatten sich schon in den 60er Jahren dem Ostblock angeschlossen. Wie auch zuvor Lumumba und Cabral erhielt Neto Unterstützung von der Sowjetunion, Kuba und anderen sozialistischen Ländern.
Die von Jonas Savimbi gegründete UNITA war dagegen im Süden des Landes aktiv, rekrutierte sich vorrangig aus der Ethnie der Ovimbundu im zentralen Hochland und wurde im Laufe ihres Bestehens von den verschiedensten Ländern unterstützt, im wesentlichen Verlauf des Bürgerkrieges aber hauptsächlich von den USA und dem Apartheidregime in Südafrika.
Die FNLA wurde 1954 gegründet, operierte im Norden Angolas und vertrat zunächst vor allem die Interessen der Volksgruppe der Bakongo. Sie erhielt ebenfalls Unterstützung aus den USA unter Vermittlung Zaires unter Präsident Mobutu Sese Seko. Dennoch wurde sie in den 70er Jahren bedeutungslos.
Die Uneinigkeit und die Weigerung der drei Bewegungen zu gemeinsamen Verhandlungen verhinderten die Machtübergabe durch die Portugiesen. Nach langen Vermittlungsbemühungen fanden in Portugal im Januar 1975 erstmals Delegationen der drei Bewegungen zusammen, um über die Rahmenbedingungen der Unabhängigkeit zu verhandeln. Diese Verhandlungen waren von großem Misstrauen der Delegationen untereinander wie auch gegenüber den Portugiesen begleitet, weil sie beispielsweise mit einer möglichen Verhaftung rechneten. Während der einwöchigen Gespräche wurde der Übergang zur Unabhängigkeit Angolas vorbereitet, aber der ausgehandelte Vertrag schuf dafür keine solide Basis. Vor allem kam keine Einigung zustande, wer bis zu den vorgesehenen Wahlen am 11. November 1975 die Präsidentschaft übernehmen sollte.
Jeder der drei Anführer wollte schon vor diesen Wahlen Präsident werden und stellte jeweils seine eigene Armee auf. Jede Gruppe versuchte sich der Hauptstadt zu bemächtigen, denn wer am Unabhängigkeitstag Luanda kontrollierte, hatte die besten Chancen, von der übrigen Welt als legitime Regierung anerkannt zu werden. Als die Kämpfe zunahmen, wurden diese von den Supermächten noch geschürt. Angola wurde schnell zum Austragungsort einer gewaltsamen Konfrontation zwischen den beiden Blöcken.
Die Kämpfe in Angola brachen nur kurz nach dem Ende des Vietnamkrieges aus und die USA reagierten daher empfindlich auf eventuelle weitere Rückschläge in anderen Regionen. Der Erfolg einer linksgerichteten Befreiungsarmee mit Unterstützung der Sowjetunion und Kubas hätte die erstmalige ernsthafte Einmischung des Ostblocks in die inneren Angelegenheiten eines afrikanischen Landes bedeutet, was die USA als strategische Bedrohung betrachteten. Daher unterstützten sie die FLNA mit Geld, Waffen und Ausbildern, wobei das Nachbarland Zaire unter Mobutu als Vermittler fungierte und darüber hinaus eigene Einheiten beisteuerte.
Auch Apartheid-Südafrika war darauf bedacht, die Etablierung eines marxistisch-sozialistischen Systems durch die MPLA in seiner Nachbarschaft zu verhindern, da es davon ausgehen konnte, das nächste Ziel der Befreiungsbewegungen zu sein. Die südafrikanische Armee marschierte am 23. Oktober 1975 mit Billigung der USA in Angola ein, mit dem ziel, die FNLA zu unterstützen und gleichzeitig die namibische SWAPO, die von Angola aus operierte, zu bekämpfen. Kurioserweise traf sie dort als erstes auf die UNITA, die von der MPLA aus Luanda vertrieben worden war und von deren Existenz sie nichts gewusst hatte.
Vom Norden rückte die FNLA mit zairischen Einheiten und logistisch unterstützt von den USA nach Luanda vor, von Süden die von Südafrika unterstützten Truppen der UNITA. Trotz sowjetischer Waffenlieferungen zeichnete sich eine Niederlage für die MPLA ab.
Kuba beobachtete die Entwicklung. Neto hatte die Sowjetunion um Hilfe ersucht, doch diese war nicht gewillt, noch vor den Wahlen zu intervenieren. Kuba dagegen war dazu bereit, was Fidel Castro in einer Rede wie folgt begründete: "Als am 23. Oktober die Invasion Angolas durch reguläre Truppen Südafrikas begann, konnten wir nicht die Hände in den Schoß legen. Als die MPLA uns um Hilfe gebeten hatten, boten wir die nötige Hilfe an, um zu verhindern, dass die Apartheid sich in Angola breit macht."
Anders als die kubanischen Engagements in den 1960ern, war dies keine geheime Operation. Fidel beschloss, sich offen in Angola zu engagieren und schickte Spezialtruppen und 35.000 Mann Infanterie. Mit der "Operation Carlota" wurde Kuba zu einem Hauptakteur im Angolakonflikt.
Die Entsendung dieser Truppen war nicht, wie vielfach bisher dargestellt, mit der UdSSR abgesprochen und traf diese völlig unvorbereitet. (N. Broutens, Sowjet. Politbüro, Abt.-leiter Außenpolitik). Die UdSSR musste dieses Vorgehen notgedrungen hinnehmen, weil sie ihren wichtigsten Vorposten in direkte Nähe zur USA keinesfalls gefährden wollten. Die USA gingen davon aus, dass die Sowjets hinter der kubanischen Einmischung standen. Erst Jahre später wurde ihnen klar, dass dem nicht so war und dass die Kubaner mit diesem Schachzug die Sowjetunion erst ins Spiel bringen wollten. (Frank Wisner Jr., Botschafter, US-Außenministerium).
Die USA wussten allerdings, entgegen ihren Behauptungen, dass die Intervention eine direkte Reaktion auf den Einmarsch Südafrikas in Angola war. Aufgrund der intimen Feindschaft zwischen den USA und Kuba betrachteten die Amerikaner ein solches Auftreten der Kubaner als Niederlage, die nicht hingenommen werden konnte. (Hermann Cohen, Nationaler Sicherheitsrat, USA).
Fidel sah das Verhalten der USA wie folgt:
"Warum waren sie irritiert? Weshalb hatte sie sie alles geplant, um sich Angolas vor dem 11. November zu bemächtigen? Angola ist ein an natürlichen Ressourcen reiches Land. In Cabinda gibt es viel Erdöl. Manche Imperialisten fragen sich, weshalb wir den Angolanern helfen, welche Interessen wir hätten. Sie sind es gewohnt zu denken, dass ein Land einem anderen nur hilft, wenn es dessen Erdöl, Kupfer, Diamanten o.a. Bodenschätze will. Nein, wir verfolgen keine materiellen Interessen, und es ist logisch, dass die Imperialisten das nicht verstehen. Denn sie kennen nur chauvinistische, nationalistische und egoistische Kriterien. Wir erfüllen eine elementare Pflicht des Internationalismus, wenn wir dem Volk Angolas helfen."
Der Truppenaufmarsch in Angola lief auf eine große Schlacht in Kifangondo hinaus, einem Ort 30 km östlich von Luanda, wo UNITA und FLNA die MPLA in die Zange nehmen wollte. Es sollte unbedingt verhindert werden, dass die MPLA in der Hauptstadt am 11. November einseitig die Unabhängigkeit Angolas ausrief, die Eroberung Kifangondos war für die Einnahme Luandas entscheidend. Die Kubaner trafen erst am Vorabend der Schlacht im Raum Luanda ein. Ihre überlegene Ausrüstung enthielt u.a. Kanonen, Mörser und die berüchtigten Katjuschas (Stalinorgel, ein Raketenwerfer mit 48 Startschienen). Damit gewann die MPLA in der Schlacht bei Kifangondo die erst große Machtprobe. In der Nacht zum 11. November 1975 endeten 400 Jahre portugiesische Herrschaft. Neto wurde zum ersten Präsidenten Angolas erklärt. Die OAS erkannte seine Regierung an.
Nach der Unabhängigkeit
Mit dem Kämpfen war es damit nicht vorbei. Die USA erkannten Netos Regierung nicht an und zeigten sich entschlossener denn je, die pro-sowjetische Regierung zu stürzen. Präsident Gerald Ford ließ der UNITA Unterstützung zukommen, aber der US-Kongreß befürchtete ein weiteres Vietnam und verbot ein amerikanisches Engagement (Clark Amendment). Obwohl die UNITA beispielsweise über Israel weiterhin Hilfe erhielt, ermöglichte dies der Regierung in Luanda, FNLA und UNITA in Schach zu halten. Auch Südafrika zog sich aus Angola zurück, unterstützte aber weiterhin die UNITA vom benachbarten Namibia aus.
CUBA LIBRE 1-2009