Xiomara Corpeno X.C. lebt in Los Angeles und ist Mitarbeiter der "Koalition für die Rechte der ImmigrantInnen" (CHIRLA). Auf einer Rundreise durch verschiedene Städte in Deutschland informierte sie über ihre Arbeit. Peter Nowak sprach mit ihr.
Wann hat sich die CHIRLA gegründet?
X.C.: Die Wurzeln unserer Arbeit gehen in das Jahr 1986 zurück. Damals wurde eine Amnestie für Menschen ohne Einwanderungspapiere verkündet. Allerdings kamen nur Menschen die vor 1982 in die USA eingewandert sind in den Genuss dieser Amnestie. Außerdem war mit der Amnestie eine Verschärfung verbunden. Künftig konnten auch Arbeitgeber die Menschen ohne Papiere beschäftigten, bestraft werden. Deshalb bezeichneten wir die Amnestie als Mittel der besseren staatlichen Kontrolle der Einwanderung. Wir mobilisierten in der migrantischen Community dagegen. Das war ein Bruch mit den traditionellen MigrantInnen-Organisationen, die sich für punktuelle Verbesserungen einsetzten und die Amnestie unterstützten. Seitdem organisieren sich MigrantInnen unabhängig von diesen Organisationen.
Wie groß ist die CHIRLA aktuell?
X.C.: Bei uns sind sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen organisiert. Neben MigrantInnen sind es auch Studierende ohne gültige Papiere. Zur Zeit umfasst die CHIRLA 34 lokale Organisationen und etwa 650 Einzelpersonen in Los Angeles.
Gibt es auch überregionale Kontakte?
X.C.: Ja. Im Jahr 2007 hat sich CHIRLA während des US-Sozialforums mit 13 weiteren Organisationen zusammengeschlossen und die Nationale Koalition der HausarbeiterInnen gegründet. Die sind wegen ihrer isolierten Arbeitssituation kaum gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften stützen ihre Organisierungsarbeit vor allem auf Betriebe mit vielen Beschäftigten und kümmern sich nicht um die Interessen der oft besonderen Arbeitsbedingungen unterworfenen HausarbeiterInnen. Gerade in diesem Bereich sind aber besonders viele Frauen ohne Papiere beschäftigt. Wir wollen mit unserer Arbeit diesen Menschen die Möglichkeit geben, ihre Interessen selber zu vertreten.
Können in den USA ImmigrantInnen ohne Papiere Gewerkschaftsmitglieder werden?
X.C.: Ja. MigrantInnen, die in der Industrie oder auch in der Landwirtschaft arbeiten, können Gewerkschaftsmitglieder werden, auch wenn sie keine gültigen Papiere besitzen. Mehrere Gewerkschaften werben sogar schwerpunktmäßig Mitglieder unter papierlosen MigrantInnen. Diese Konzept ist AktivistInnen an der Gewerkschaftsbasis entwickelt worden und soll den Mitgliederschwund aufhalten.
Gibt es in der gegenwärtigen innenpolitischen Situation in den USA auch Kampagnen gegen papierlose MigrantInnen?
X.C.: Es gibt natürlich einen Alltagsrassismus. So werden Menschen, die wie MigrantInnen aussehen, von der Polizei häufiger kontrolliert, obwohl es in den USA keine Pflicht zum Mitführen eines Ausweises gibt. Auch bei der Anmietung von Wohnungen werden MigrantInnen benachteiligt. Daneben gibt es organisierte Kampagnen gegen MigrantInnen. Dabei werden Kriminalfälle zum Anlass genommen, um MigrantInnen generell zu diffamieren. Solche Positionen finden auch über die Massenmedien Verbreitung. Es gibt Vermutungen, dass solche Kampagnen auch von der Republikanischen Partei im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen unterstützt werden.
Gibt es aus Sicht der MigrantInnen einen Unterschied zwischen Mc Cain und Obama?
X.C.: McCain steht für eine Kriegs- und Anti-Terrorpolitik, die sich immer auch gegen MigrantInnen richtet. Daher würde sich unter seiner Präsidentschaft ihre Situation verschlechtern. Dem steht nicht entgegen, dass sich McCain für Legalisierungsmaßnahmen bei MigrantInnen ausgesprochen hat. Darunter versteht er einen kurzfristigen Status als billige Arbeitskräfte und nicht langfristige Bürgerrechte. Gleichzeitig unterstützt die Republikanische Partei auch Kampagnen gegen MigrantInnen und benutzt dazu aktuelle Kriminalfälle.
Ist also Obama eine Hoffnung für die Migranten?
X.C.: Nein, höchstens die weniger schlimme Alternative. Auch unter Obama besteht die Gefahr, dass die Zuwanderung erschwert wird. Denn die Demokratische Partei hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen. Da die Legalisierung nicht vom Präsidenten sondern vom Kongress entschieden wird, kommt es aber auf die Position der Parteien an.
Interview: Peter Nowak
CUBA LIBRE 4-2008