Rosa-Luxemburg-Stiftung schließt Rahmenabkommen mit Kuba. Erste deutsche Parteienstiftung in Havanna
Evelin Wittich kann ihren Stolz kaum verbergen. "Vor einer Woche haben wir einen Rahmenvertrag mit der Republik Kuba geschlossen", sagt die Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS). "Als erste deutsche Stiftung." Gemeinsam mit Kubas Botschafter Gerardo Peñalver, stellten Wittich und der Leiter des RLS-Auslandsbereiches, Helmut Markov, die Kooperationsvereinbarung am Freitag in Berlin vor.
Wäre es nach ihnen gegangen, hätte der Vertrag schon viel früher unterzeichnet werden sollen. Doch die aggressive Kuba-Politik der EU hatte dies verhindert. Nachdem Brüssel auf direkte Intervention der damaligen rechtskonservativen Regierung Spaniens im Sommer 2003 Sanktionen gegen Kuba durchsetzte – und die EU damit auf US-Linie brachte -, brach Kuba die Beziehungen seinerseits ab. Weil keine offiziellen Gelder von EU-Staaten mehr angenommen wurden, war auch die Arbeit der parteinahen Stiftungen blockiert.
"Auch uns hat das betroffen", sagte Wittich am Freitag. Doch trotz der Stagnation in der Projektarbeit seien die Kontakte nie abgerissen. Tatsächlich hatte das kubanische Zentrum für Europastudien, mit dem der Rahmenvertrag geschlossen wurde, in den vergangenen Jahren enge Kontakte zur PDS und später zur Linkspartei aufrechterhalten.
Dass die nun offizielle Kooperation auch der politischen Nähe der beiden Partner geschuldet ist, verschwiegen weder Peñalver noch Wittich. "Wir werden in gewisser Weise exklusiv behandelt", sagte die RLS-Geschäftsführerin, "und das hängt sicher auch mit unserer Einstellung zusammen". Botschafter Peñalver spricht indes von einer "fruchtbaren und vertrauensvollen Zusammenarbeit". Seiner Regierung gehe es darum, das Land "demokratischer" zu gestalten: "Wir wollen einen Sozialismus aufbauen, der unserer Realität entspricht, und gleichzeitig wollen wir einen Platz in der globalisierten Welt finden." Man wolle daher über die notwendige Veränderung des Sozialsystems ebenso diskutieren wie über eine lange ausstehende Währungsreform.
Die konkreten politischen Auseinandersetzungen um Kuba wurden zunächst nicht angesprochen. Dabei haben wenige Tage vor Beginn des Lateinamerika-Gipfels in Lima sowohl CDU als auch SPD ihre Strategiepapiere zu Lateinamerika vorgestellt. Die beiden Regierungsparteien weisen Kuba darin explizit einen Platz außerhalb der demokratischen Gemeinschaft Lateinamerikas zu, um einen Systemwechsel aufzurufen. Ob die Rosa-Luxemburg-Stiftung dieser antikubanischen Front mit Themen wie der "Sanierung des Hafens von Havanna", "gesunder Ernährung" (Wittich) oder "Gender-Mainstreaming" (Markov) etwas entgegensetzen kann, ist fraglich. Auf Nachfrage erst ging Wittich auf die "Debatte um das Scheitern des Sozialismus" ein, die ja auch in Kuba geführt würde. Die Stiftung habe eine Materialsammlung zu diesem Thema nach Havanna geschickt.
Von dem aktuellen Jahresbudget in Höhe von 21 Millionen Euro stehen der RLS für die internationale Arbeit elf Millionen Euro zur Verfügung. Im kommenden Jahr sollen es zwei Millionen Euro mehr werden. Lateinamerika, sagte Markov, werde dabei einen Schwerpunkt bilden.
Harald Neuber
Junge Welt.14. Mai 2008
CUBA LIBRE 3-2008